Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hinterhalt

Der Hinterhalt

Titel: Der Hinterhalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Trevor Shane
Vom Netzwerk:
wir ihnen geben, Joe, sie wollen immer mehr.« Dan trank das Bier aus, das vor ihm stand. »Der General sagte mir, dass wir in Zukunft nicht mehr verhandeln würden. Und wenn Sie von mir wollen, dass ich Ihnen sage, warum der Krieg ursprünglich begonnen hat, dann haben Sie Pech gehabt, Joe. Diese Information ist außerhalb meiner Gehaltsklasse. Wenn Sie mich jedoch fragen möchten, warum wir noch immer kämpfen, dann haben Sie Ihre Antwort.« Ich saß schweigend da. »Kann ich jetzt ins Bett gehen?«, fragte mich Dan, nachdem er eine Weile gewartet hatte, ob ich irgendetwas erwidern würde.
    »Ja«, antwortete ich. Mir drehte sich alles.
    Dan stand vom Tisch auf und ging zu seinem Schlafzimmer. »Wir sehen uns morgen früh, mein Junge«, sagte er und machte die Schlafzimmertür hinter sich zu. Ich hatte das Bier, das Dan mir hingestellt hatte, als er mit seiner Geschichte begonnen hatte, kaum angerührt. Jetzt setzte ich es an die Lippen und trank es in einem Zug aus. Dann ging ich zum Kühlschrank und holte mir noch eines.
    In dieser Nacht rief ich dich um zwei Uhr morgens an. Du gingst ziemlich verschlafen ans Telefon. Ich sagte dir, dass ich beruflich in Florida sei. Du klangst neidisch und erzähltest mir, wie kalt es in Montreal sei. Nachdem ich mit dir gesprochen hatte, ging ich ins Bett. Am Morgen wartete Jim Matsuda.
    Am nächsten Tag machte ich mich auf, um die erforderlichen Nachforschungen in Bezug auf Jim anzustellen. Ich stand früh auf und ging in Dans Viertel laufen. Das war meine normale Routine: früh aufstehen und laufen gehen. Gewöhnlich lief ich während der frühen Morgenstunden durch menschenleere Straßen. Nicht in Crystal Ponds. Bei den Bewohnern von Crystal Ponds handelte es sich um Frühaufsteher. Etliche grauhaarige Senioren machten bereits ihre Morgenspaziergänge. Ich kam an unzähligen Häusern vorbei, wo ältere Männer in ihrer Garage arbeiteten, Angelruten reparierten oder Briefkästen strichen, die erst ein paar Monate zuvor gestrichen worden waren. Alle winkten. Alle lächelten. Die Sonne schien, die Umgebung war eben, und es fühlte sich gut an, in Shorts im Freien zu sein und ins Schwitzen zu kommen. Ich lief absichtlich zweimal an Jims Haus vorbei. Beim ersten Mal hatte es den Anschein, als sei niemand daheim. Als ich mich dem Haus jedoch ein zweites Mal näherte, stand ein kleiner Japaner mit Brille und grauem Kinnbart im Morgenmantel und mit Hausschuhen auf dem Rasen im Vorgarten. Es war Jim. Offenbar war er nach draußen gegangen, um die Zeitung zu holen, und dann am Ende des Rasens, ein kurzes Stück vom Zeitungskasten entfernt, stehen geblieben. Er stand mit einem Kaffeebecher in der Hand da und blickte in die Ferne. Sein Morgenmantel war offen, und er trug darunter hellblaue Boxershorts und ein weißes T-Shirt. Er musste meine Schritte gehört haben, da er den Kopf in meine Richtung drehte, als ich noch einen halben Häuserblock entfernt war. Als er mich sah, hob er die Hand und winkte. Ich gab mir Mühe, mich normal zu verhalten, und winkte genauso zurück, wie ich auch allen anderen zugewunken hatte, die mir begegnet waren. Mr Matsudas Blick folgte mir beim Laufen. Als ich mich ihm näherte und keine drei Meter mehr von dem Mann entfernt war, den ich in nächster Zukunft töten wollte, sah er mir in die Augen. In seinem Blick lag Erkennen, als sei er an diesem Morgen nur deshalb nach draußen gegangen, um darauf zu warten, dass ich vorbeigelaufen kam. Dieser Blick machte mir Angst. Ich überlegte, ob Allen, der Neue beim Geheimdienst, womöglich unvorsichtiger war, als ich geglaubt hatte. Vielleicht war Jim Matsuda gewarnt worden, dass ich kommen würde. Ich versuchte, meine Gedanken zu ignorieren, und redete mir ein, dass Jim nicht im Morgenmantel und mit Hausschuhen im Garten stehen würde, wenn er gewusst hätte, dass ich es auf ihn abgesehen hatte. Hier winkt jeder, dachte ich. Jeder. Er ist nicht anders. Trotzdem starrte er mir noch immer in die Augen. Ich brach den Blickkontakt ab und sah auf meine Füße hinunter, als ich an ihm vorbeilief.
    Nach meinen Beobachtungen an diesem Morgen zu schließen, hätte mein Job einfach sein sollen. Mr Matsuda nahm keinen Personenschutz in Anspruch. Nicht nur das, er schien sich überhaupt keine Sorgen um seine Sicherheit zu machen. Trotzdem beschloss ich, meiner Zielperson einen Tag zu folgen. Ich konnte es mir nicht leisten, noch einen Job zu vermasseln. Vorsicht vor vermeintlich einfachen Aufträgen – eine weitere Lektion

Weitere Kostenlose Bücher