Der Hintermann
Entschlossenheit, wie gewohnt weiterzumachen. Chiara hielt seine Hand umklammert, als sie an den Auslagen der Geschäfte vorbeischlenderten. Sie hatte sich schon lange auf dieses Wochenende in London gefreut und war entschlossen, es sich durch die schlimmen Nachrichten aus Paris und Kopenhagen nicht verderben zu lassen.
»Du hast Julian ein bisschen hart rangenommen«, sagte sie jetzt. »Zweihunderttausend sind das Doppelte deines üblichen Honorars.«
»Es geht um einen Tizian, Chiara. Julian verdient trotzdem noch sehr gut daran.«
»Du hättest wenigstens seine Einladung zu einem Lunch zur Feier des Tages annehmen können.«
»Ich wollte nicht mit Julian zum Lunch gehen. Ich wollte mit dir essen.«
»Er hat eine Idee, die er mit dir besprechen möchte.«
»Was für eine Idee?«
»Eine Partnerschaft«, sagte Chiara. »Er will, dass wir Partner in seiner Firma werden.«
Gabriel blieb stehen. »Ich hoffe, dass ich mich unmissverständlich klar ausdrücke, wenn ich sage, dass ich absolut kein Interesse daran habe, Miteigentümer der oft insolventen Galerie Isherwood Fine Arts zu werden.«
»Warum nicht?«
»Schon aus dem Grund«, sagte er und setzte sich wieder in Bewegung, »dass wir keine Ahnung haben, wie man ein Geschäft führt.«
»Du hast in der Vergangenheit ein paar sehr erfolgreiche Unternehmen geleitet.«
»Das ist leicht, wenn man einen Geheimdienst hinter sich hat.«
»Du stellst dein Licht unter den Scheffel, Gabriel. Wie schwierig kann es sein, eine Galerie zu führen?«
» Unglaublich schwierig. Und Julian hat wieder und wieder bewiesen, wie leicht man in Schwierigkeiten geraten kann. Selbst die erfolgreichste Galerie kann untergehen, wenn sie sich ein paarmal verzockt.« Gabriel betrachtete sie aus dem Augenwinkel heraus. »Wann hast du diese kleine Vereinbarung mit Julian ausgehandelt?«
»Das klingt so, als hätten wir uns hinter deinem Rücken gegen dich verschworen.«
»Weil ihr genau das getan habt.«
Chiara gestand ihm mit einem Lächeln zu, er habe recht. »Das war, als wir zur Vorstellung des Rembrandts in Washington waren. Julian hat mich beiseitegenommen und mir erzählt, er spiele tatsächlich mit dem Gedanken, sich aus dem Geschäftsleben zurückzuziehen. Er will die Galerie jemandem übergeben, dem er vertraut.«
»Julian zieht sich niemals zurück.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher.«
»Wo war ich, als dieser Deal ausgebrütet wurde?«
»Ich glaube, du warst kurz unterwegs, um mit einer investigativen Journalistin aus England zu sprechen.«
»Warum hast du mir bisher kein Wort davon gesagt?«
»Weil Julian mich darum gebeten hat.«
Durch sein gereiztes Schweigen machte Gabriel klar, dass Chiara gegen einen der Grundsätze ihrer Ehe verstoßen hatte. Geheimnisse, auch unbestreitbar triviale, durfte es zwischen ihnen nicht geben.
»Tut mir leid, Gabriel. Ich hätte etwas sagen sollen, aber Julian hat auf Geheimhaltung bestanden. Er hat gewusst, dass du instinktiv Nein sagen würdest.«
»Er könnte die Galerie im Handumdrehen Oliver Dimbleby verkaufen und sich auf eine Karibikinsel zurückziehen.«
»Hast du dir überlegt, was das für uns bedeuten könnte? Möchtest du tatsächlich Gemälde für Oliver Dimbleby reinigen? Oder für Giles Pittaway? Oder glaubst du, du könntest freiberuflich ein paar Aufträge von der Tate oder der National Gallery bekommen?«
»Das klingt, als hätten Julian und du schon alles genau durchdacht.«
»Das haben wir.«
»Dann solltest vielleicht du Julians Partnerin werden.«
»Nur, wenn du Gemälde für mich reinigst.«
Gabriel merkte, dass Chiara es ernst meinte. »Eine Galerie zu führen, bedeutet nicht nur, an glanzvollen Auktionen teilzunehmen und in schicken Restaurants in der Jermyn Street lange beim Lunch zu sitzen. Und es ist nichts, was man als Hobby betreiben kann.«
»Danke, dass du mich als Dilettantin abtust.«
»So hab ich’s nicht gemeint, das weißt du genau.«
»Du bist nicht als Einziger aus dem Dienst ausgeschieden, Gabriel. Ich bin auch nicht mehr dabei. Aber im Gegensatz zu dir kann ich mir die Zeit nicht mit beschädigten Altmeistergemälden vertreiben.«
»Du willst also Kunsthändlerin werden? Du wirst deine Tage damit verbringen, Unmengen von mittelmäßigen Gemälden in Augenschein zu nehmen – immer auf der Suche nach einem weiteren verschollenen Tizian. Und die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass du nie einen findest.«
»Klingt gar nicht schlecht, finde ich.« Chiara sah sich auf der
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