Der Hintermann
tolerantes, stabiles Dubai – könne ihr den Weg weisen.
Der letzte Teil seines Statements erzielte nicht ganz das verdiente Presseecho, denn er ging weitgehend im Triebwerkslärm einer weiteren landenden Maschine unter – eines Boeing Business Jets mit dem Logo der AAB Holding, Riad und Paris. Die Reisegesellschaft, die wenig später aus der vorderen Kabinentür kam, stellte die des britischen Großunternehmers in den Schatten. Den Anfang machte das Juristenteam Abdul & Abdul. Dann kam Herr Wehrli, der Schweizer Finanzchef. Anschließend Daoud Hamza. Danach Hamzas Tochter Rahimah, die zum Spaß mitgeflogen war. Nach Rahimah folgten zwei Bodyguards, auf sie folgte Mansur, der die viel beschäftigte Reisestelle von AAB leitete, und Hassan, der Chef der IT- und Kommunikationsabteilung.
Nach einigen Sekunden Pause erschien endlich auch Nadia al-Bakari, auf die der Sicherheitschef Rafiq al-Kamal mit wenigen Schritt Abstand folgte. Sie trug eine schmucklose schwarze Abaya , die ihren Körper wie ein sanft fließendes Abendkleid umhüllte, und ein schwarzes Seidenkopftuch, das ihr Gesicht und viel von ihrem glänzenden Haar sehen ließ. Diesmal war es der Minister, der vortrat. Er glaubte, ihre Begrüßung sei privat, was jedoch nicht der Fall war. Sie wurde von Nadias modifiziertem Blackberry und dem Sender in ihrer eleganten Handtasche von Prada aufgezeichnet und abhörsicher in den 41. Stock des Hotels Burj al Arab gesendet, in dem Gabriel und Eli Lavon nervös vor ihren Notebooks saßen.
Nach herzlicher Begrüßung wies der Minister mit herablassender Geste auf die wartenden Reporter, aber die bekannt medienscheue Unternehmerin lehnte ab und wollte zu ihrem Wagen gehen. Worauf Seine Königliche Hoheit vorschlug, sie solle mit ihm fahren. Nach kurzer Beratung mit Rafiq al-Kamal stieg sie hinten in den Dienstwagen des Ministers ein – ein Augenblick, den das ganze Land eine halbe Stunde später in Dubai TV zu sehen bekam. Gabriel benachrichtigte Adrian Carter in Raschidistan per E-Mail, dass NAB sicher angekommen sei. Aber diesmal war sie nicht allein unterwegs. NAB hatte den Finanzminister an ihrer Seite. Und NABs Besuch war der Aufmacher der Mittagsnachrichten.
Das fragliche Grundstück hatte nicht viel zu bieten – ein paar wenig einladend aussehende Hektar Sand und Salzmarschen fast im Anschluss an die Palmeninsel Jumeirah. Vor einigen Jahren hatte ein italienischer Bauträger begonnen, hier eine ziemlich konventionelle Hotelanlage zu errichten, aber weil die weltweite Immobilienblase geplatzt war, war der Bau nie über die Fundamente hinausgekommen. Die AAB Holding und ihr britischer Partner, die oft als Heuschrecke verleumdete britische Investmentfirma Rogers & Cressey, wollten das Projekt nun weiterführen – allerdings nach völlig unkonventioneller Umplanung. Ihr Wohnturm würde das Hotel Burj al Arab an Luxus übertreffen, das Fitnesscenter und die Tennisanlage würden zu den besten der Welt gehören, und die Swimmingpools würden an architektonische und ökologische Wunder grenzen. Meisterköche würden die Restaurants, international anerkannte Stylisten die Schönheitssalons leiten. Die luxuriösen Eigentumswohnungen würden ab drei Millionen Dollar aufwärts kosten. Und die Einkaufspassage würde die Mall of the Emirates entschieden schäbig wirken lassen.
Die Auswirkungen auf die angeschlagene Wirtschaft versprachen gewaltig zu sein. Nach Berechnungen von AAB würde das Projekt jährlich einige hundert Millionen Dollar in die heimischen Kassen pumpen. Kurzfristig würde es den weltweiten Finanzmärkten signalisieren, dass das Emirat wieder im Geschäft war. Aus diesem Grund hing der Finanzminister an Nadia al-Bakaris Lippen, als sie mit aufgesetztem Schutzhelm und Bauzeichnungen in der Hand über das Gelände ging. Dieses von ihr präsentierte Image war von Nadia sorgfältig vorbereitet worden. Die muslimische Welt konnte nicht länger über die Hälfte ihrer Bevölkerung allein wegen ihres Geschlechts hinwegsehen. Nur wenn die Araber Frauen als gleichberechtigt behandelten, konnten sie zu alter glanzvoller Größe zurückkehren.
Nach der Baustellenbesichtigung begaben die Delegationen sich in die prunkvollen Diensträume des Ministers, um über die finanziellen Anreize zu sprechen, mit denen Dubai das neue Projekt fördern wollte. Anschließend wurde Nadia al-Bakari zu einem Termin mit dem Herrscher in den Palast gefahren, und danach begann der als privat bezeichnete Teil ihres Besuchs. Dazu
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