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Der Hintermann

Der Hintermann

Titel: Der Hintermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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landesüblicher Kleidung warteten. Einer der beiden – auch er mit Vollbart und goldgeränderter getönter Brille – saß auf dem Sofa und sah sich einen Fernsehbericht von al-Dschasira über den neuesten Bombenanschlag in Pakistan an. Der andere bewunderte den Blick auf die Wolkenkratzer entlang der Sheikh Zayed Road. Er drehte sich langsam wie eine Statue auf einer Drehscheibe um und musterte Nadia nachdenklich durch eine goldgeränderte Brille mit getönten Gläsern. Er sprach kein Wort. Auch Nadia sagte erst einmal nichts. Tatsächlich wusste sie gar nicht, ob sie im Augenblick hätte sprechen können.
    »Irgendwas nicht in Ordnung, Frau al-Bakari?«, fragte er in jordanisch gefärbtem Arabisch.
    »Sie sehen nur einem ehemaligen Mitarbeiter meines Vaters verblüffend ähnlich«, antwortete sie, ohne zu zögern.
    Er schwieg erneut einige Sekunden lang. Dann nickte er zu dem Fernseher hinüber und sagte: »Sie haben gerade verpasst, sich in den Abendnachrichten zu sehen. Sie hatten heute eine Menge zu tun. Meinen Glückwunsch, Frau al-Bakari. Ihr Vater hätte es genauso gemacht. Wie man hört, hat er Geschäft und Wohltätigkeit immer sehr geschickt miteinander verknüpft.«
    »Er hat mich gut gelehrt.«
    »Wollen Sie’s wirklich bauen?«
    »Das Hotel?« Sie zuckte zweifelnd mit den Schultern. »Was Dubai im Augenblick bestimmt nicht braucht, ist ein weiteres Hotel.«
    »Vor allem keines, das Alkohol ausschenkt und betrunkenen Ausländern erlaubt, halbnackt am Strand herumzulaufen.«
    Nadia gab keine Antwort, sondern betrachtete nur die übrigen anwesenden Männer.
    »Das ist nur eine Vorsichtsmaßnahme meinerseits, Frau al-Bakari. Die Wände haben nicht bloß Ohren, sondern auch Augen.«
    »Bemerkenswert effektiv«, sagte Nadia und sah ihm direkt ins Gesicht. »Sie haben mir Ihren Namen noch nicht genannt.«
    »Sie können mich Herr Darwisch nennen.«
    »Meine Zeit ist begrenzt, Herr Darwisch.«
    »Auf eine Stunde, wie meine Kollegen mir berichten.«
    »Jetzt sind’s nur noch fünfzig Minuten«, sagte Nadia mit einem Blick auf ihre Uhr.
    »Unser Unternehmen hat einen schweren Rückschlag erlitten.«
    »Ja, das habe ich gelesen.«
    »Für den Wiederaufbau brauchen wir zusätzliche Mittel.«
    »Von mir haben Sie schon mehrere Millionen Pfund bekommen.«
    »Der größte Teil dieses Geldes ist eingefroren oder beschlagnahmt worden, fürchte ich. Wollen wir unsere Organisation vor allem im Westen neu aufbauen, brauchen wir dazu frisches Kapital.«
    »Weshalb sollte ich Ihre Unfähigkeit belohnen?«
    »Ich kann Ihnen versichern, Frau al-Bakari, dass wir aus unseren Fehlern gelernt haben.«
    »Mit welchen Maßnahmen wollen Sie Ihre Planung verbessern?«
    »Wir setzen auf bessere Sicherheitsmaßnahmen, gekoppelt mit einem konsequenteren Vorgehen, um die Kampfhandlungen direkt ins Lager der Konkurrenz zu tragen.«
    »Sie wollen expandieren?«, fragte sie.
    »Wer nicht wächst, stirbt, Frau al-Bakari.«
    »Ich höre, Herr Darwisch.«
    Weil Nadias Blackberry außer Betrieb war und ihre Handtasche draußen im Vorraum lag, war eine Überwachung des Gesprächs in Suite Nummer 1437 nur noch über ihre Kleidung möglich. Obwohl die Reichweite des in die Nähte eingewobenen Senders sehr gering war, reichte sie völlig aus, um ein klares Signal in den 41. Stock desselben Gebäudes zu senden. Hinter einer abgesperrten und zusätzlich mit Möbelstücken verbarrikadierten Tür warteten Gabriel und Eli Lavon gespannt darauf, dass ihre Computer den wahren Namen des Mannes enthüllten, der sich gerade als Herr Darwisch vorgestellt hatte.
    Die ersten gesprochenen Sätze hatten der Stimmerkennungssoftware nicht für einen Vergleich genügt. Aber das änderte sich, als Herr Darwisch anfing, über die Finanzen zu reden. Nun verglich die Software seine Stimme mit früher gemachten Aufnahmen. Gabriel glaubte zu wissen, zu welchem Ergebnis die Computer kommen würden. Er war sich seiner Sache ziemlich sicher. Der Mörder hatte sich bereits zu erkennen gegeben – nicht namentlich, sondern durch vier Ziffern. Durch die Nummer der Suite, in der dieses Gespräch stattfand. Gabriel brauchte nichts dazuzuzählen, nichts abzuziehen, sie mit nichts zu multiplizieren, sie nicht einmal in ihren Einzelteilen umzustellen: 1437 bedeutete 14.37   Uhr – der Augenblick, in dem Farid Khan im Covent Garden seine Bombe gezündet hatte.
    Fünf Minuten nachdem Nadia al-Bakari die Suite betreten hatte, fällten die Computer ihr Urteil. Gabriel hob ein

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