Der Hintermann
sie unser Land erreichen. Wir müssen ihre Netzwerke zerstören und ihre Kämpfer liquidieren.«
»Raschid al-Husseini zu liquidieren wäre vielleicht auch keine schlechte Idee.«
»Liebend gern«, sagte Carter. »Aber das können wir erst, wenn wir irgendwie Zugang zum engsten Kreis seiner Vertrauten bekommen.«
Carter ging mit Gabriel auf der Thirty-fifth Street nach Norden weiter. Er zog seine Pfeife aus der Manteltasche und stopfte sie, ohne richtig hinzusehen.
»Sie kämpfen schon länger gegen Terroristen als jeder andere in der Branche, Gabriel – von Schamron abgesehen, versteht sich. Sie wissen, wie man ihre Netzwerke unterwandert, was noch nie unsere Stärke war, und wie man sie umkrempelt. Ich will, dass Sie in Raschids Netzwerk eindringen und es zerstören. Ich will, dass Sie es verschwinden lassen.«
»Ein dschihadistisches Terrornetzwerk zu unterwandern, ist nicht das Gleiche, wie die PLO zu unterwandern. Diese von Stammesdenken geprägten Leute schotten sich gegen Außenstehende ab und sind gegen irdische Versuchungen größtenteils immun.«
»Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose. Und ein Netzwerk ist ein Netzwerk ist ein Netzwerk.«
»Was soll das heißen?«
»Ich gebe zu, dass es Unterschiede zwischen dschihadistischen und palästinensischen Terrornetzwerken gibt, aber die Grundstruktur ist gleich. Es gibt Planer und gewöhnliche Soldaten, Zahlmeister und Versorgungsoffiziere, Kuriere und sichere Häuser. Und an den Verbindungsstellen dieser Bestandteile ist die Struktur verwundbar – sie wartet nur darauf, von einem cleveren Mann wie Ihnen geknackt zu werden.«
Eine Brise wehte Gabriel etwas Pfeifenrauch ins Gesicht. Carters Spezialmischung, die er von einem New Yorker Versand bezog, roch nach verbranntem Laub und nassem Hund. Gabriel wedelte den Rauch weg und fragte: »Wie soll das funktionieren?«
»Heißt das, dass Sie’s machen würden?«
»Nein«, sagte Gabriel, »das heißt, dass ich genau wissen möchte, wie es funktionieren soll.«
»Ähnlich wie unser Bin-Laden-Team vor dem 11. September würden Sie als virtuelle Station des Zentrums für Terrorismusbekämpfung operieren – allerdings mit einem wichtigen Unterschied.«
»Der Rest des Zentrums würde nichts von meinem Einsatz erfahren.«
Carter nickte. »Alle Anforderungen von Unterlagen werden von meinem Stab und mir bearbeitet. Und wenn es Zeit wird, in Aktion zu treten, fungiere ich insgeheim als Verkehrspolizist, damit Sie nicht mit laufenden Unternehmen der Agency kollidieren oder unsere Leute über Sie stolpern.«
»Ich müsste alles sehen, was Sie haben. Alles, Adrian.«
»Sie bekommen Zugang zu streng geheimen Informationen der US-Regierung, auch zu der Akte Raschid und den Abhörprotokollen der NSA. Und Sie dürfen alle Informationen mitlesen, die wir von befreundeten europäischen Diensten über die Anschläge erhalten.« Carter machte eine Pause. »Allein diese Informationen sollten Anreiz genug sein, meinen Auftrag anzunehmen, denke ich. Schließlich sind Ihre Beziehungen zu den Europäern im Augenblick nicht so schrecklich gut.«
Gabriel antwortete nicht direkt. »So viel Material kann ich nicht allein durcharbeiten. Ich würde Hilfe brauchen.«
»Innerhalb vernünftiger Grenzen können Sie so viele Helfer mitbringen, wie Sie wollen. Wegen der vielen streng geheimen Informationen muss Ihnen jemand aus der Agency über die Schulter sehen. Jemand, der Ihre trickreiche Art kennt. Ich denke dabei an eine bestimmte Person.«
»Wo ist sie?«
»Sie wartet in einem Café an der Wisconsin Avenue.«
»Sie sind sich Ihrer Sache sehr sicher, Adrian.«
Carter blieb stehen und stopfte seine Pfeife nach. »Wollte ich rein sentimental argumentieren«, sagte er dann, »würde ich Sie an das Massaker erinnern, das Sie letzten Freitag im Covent Garden miterlebt haben, und Sie bitten, sich unzählige Wiederholungen vorzustellen. Aber das tue ich nicht, weil es unprofessionell wäre. Stattdessen will ich Ihnen erzählen, dass Raschid al-Husseini eine Armee von Märtyrern wie Farid Khan befehligt – eine Armee, die er mit meiner Unterstützung aufgebaut hat. Ich habe Raschid geschaffen. Er ist mein Fehler. Und ich muss ihn ausradieren, bevor er weitermorden kann.«
»Sie werden’s kaum glauben, aber ich bin nicht befugt, Ja oder Nein zu sagen. Erst müsste Uzi Navot gefragt werden und zustimmen.«
»Das hat er bereits getan. Ihr Ministerpräsident ebenfalls.«
»Mit Graham Seymour haben Sie vermutlich auch schon
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