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Der Hintermann

Der Hintermann

Titel: Der Hintermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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zusammen und flog anschließend mit Saudi Airlines nach Mekka weiter. Seine Rede sollte er noch am selben Abend um zwanzig Uhr halten. Raschid al-Husseini kam jedoch nie dort an. Er verschwand spurlos.
    »Anfangs fürchteten wir, er sei von al-Qaida-Anhängern entführt und ermordet worden. Das war jedoch leider nicht der Fall. Einige Wochen später tauchte unser vermeintlicher Hauptgewinn wieder im Internet auf. Den redegewandten, aufgeklärten, nach Mäßigung rufenden jungen Mann gab es nun nicht mehr. Er war durch einen tobenden Fanatiker ersetzt worden, der verkündete, mit dem Westen könne man nur in Kontakt treten, um ihn zu vernichten.«
    »Er hatte Sie getäuscht.«
    »Offensichtlich.«
    »Wie lange?«
    »Das bleibt eine unbeantwortete Frage«, sagte Carter. »In Langley glauben manche, Raschid al-Husseini sei von Anfang an böse gewesen, während andere darüber theoretisieren, erst seine Gewissensbisse, weil er für die Ungläubigen spioniert hatte, hätten ihn zur Umkehr gezwungen. Eine Tatsache steht jedoch unzweifelhaft fest: Während er auf meine Kosten die islamische Welt bereiste, hat er praktisch vor unserer Nase ein imposantes Netzwerk aus eigenen Agenten aufgebaut. Er versteht sich darauf, Talente zu erkennen, und ist ein Meister der Täuschung und Irreführung. Wir haben gehofft, er würde sich darauf beschränken, zu predigen und Kämpfer anzuwerben, aber diese Hoffnung war vergeblich. Die Bombenanschläge in Europa waren Raschids Auftakt. Er will Osama bin Ladens Nachfolger als Führer der globalen dschihadistischen Bewegung werden. Und er will etwas tun, das Bin Laden nach dem 11.   September nicht noch einmal geschafft hat.«
    »Den Fernen Feind auf seinem eigenen Gebiet angreifen«, sagte Gabriel. »Amerikanisches Blut auf amerikanischem Boden vergießen.«
    »Dank eines Netzwerks, dessen Aufbau die Central Intelligence Agency bezahlt hat«, fügte Carter nüchtern hinzu. »Wäre das nicht eine schöne Inschrift für einen Grabstein? Würde jemals bekannt, dass Raschid al-Husseini auf unserer Gehaltsliste gestanden hat …« Er brachte den Satz nicht zu Ende. »Asche zu Asche, Staub zu Staub.«
    »Was wollen Sie von mir, Adrian?«
    »Ich will, dass Sie dafür sorgen, dass der Londoner Bombenanschlag Raschid al-Husseinis letztes Attentat bleibt. Ich will, dass Sie sein Netzwerk zerschlagen, bevor wegen meiner Torheit noch mehr Menschen sterben müssen.«
    »Ist das alles?«
    »Nein«, sagte Carter. »Ich will, dass Sie das gesamte Unternehmen vor dem Präsidenten, James A. McKenna und den übrigen US-Nachrichtendiensten geheim halten.«

13
    G EORGETOWN , W ASHINGTON , D.C.
    In handwerklichen Dingen war Adrian Carter doktrinär, was bedeutete, dass sie nicht allzu lange in einem sicheren Haus reden durften, selbst wenn es sein eigenes war. Sie gingen die geschwungenen Stufen hinunter und mit nur einem CIA-Sicherheitsmann in größerem Abstand hinter sich weiter. Carters Slipper klatschten rhythmisch auf das Pflaster, während Gabriel sich lautlos zu bewegen schien. Ein voll besetzter Metrobus rumpelte an ihnen vorbei. Gabriel stellte ihn sich von einem Sprengsatz zerrissen und brennend vor.
    »Wohin ist er von Mekka aus gegangen?«
    »Wir glauben, dass er im Jemen unter dem Schutz von Stammeskräften im Rafadh-Tal lebt. Ein völlig gesetzloses Gebiet ohne Schulen, ohne asphaltierte Straßen, sogar ohne zuverlässige Wasserversorgung. Tatsächlich ist das ganze Land knochentrocken. Sanaa könnte die weltweit erste Hauptstadt sein, der das Wasser ausgeht.«
    »Aber nicht die islamischen Militanten«, sagte Gabriel.
    »O nein«, bestätigte Carter. »Der Jemen ist längst dabei, das nächste Afghanistan zu werden. Bisher haben wir uns damit begnügt, gelegentlich eine Hellfire-Rakete über die Grenze zu schießen. Aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir Soldaten entsenden und den Sumpf austrocknen müssen.« Er sah zu Gabriel hinüber und fügte hinzu: »Im Jemen gibt es übrigens auch echte Sümpfe – Marschen entlang der Küste, in denen riesige Mücken leben, die Malaria übertragen. Mein Gott, was für ein grässliches Land!«
    Carter ging einen Augenblick lang mit auf den Rücken gelegten Händen und gesenktem Kopf schweigend weiter. Gabriel machte einen großen Schritt über eine Baumwurzel, die das Pflaster des Gehsteigs durchbrochen hatte, und fragte, wie Raschid al-Husseini es schaffe, aus dieser abgelegenen Gegend mit seinem Netzwerk zu kommunizieren.
    »Das haben wir noch

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