Der Hintermann
verlieh sie Gabriels Sache Legitimität und seinen Äußerungen Glaubwürdigkeit.
»Mord ist kaum der richtige Ausdruck, um zu beschreiben, was Ihrem Vater zugestoßen ist«, sagte er. »Aber wenn’s Ihnen recht ist, möchte ich noch einen Augenblick bei unserem gemeinsamen Bekannten, dem doppelzüngigen Herrn Qahtani, bleiben. Er hat mehr getan, als nur eine Art Vita Ihres Vaters zusammenzustellen. Er hat dieser auch eine Mitteilung von keinem Geringeren als dem saudi-arabischen König angefügt. Daraus geht klar hervor, dass Einzelne des Hauses Saud von den Aktivitäten Ihres Vaters gewusst und sie stillschweigend gebilligt haben. Außerdem sind Sie darin angewiesen worden, unter keinen Umständen Vergeltung an israelischen oder amerikanischen Zielen zu üben. Damals hat das Haus Saud unter gewaltigem Druck aus Washington gestanden, seine Unterstützung des extremistischen Islams und seiner terroristischen Aktivitäten zu beenden. Der Herrscher wollte verhindern, dass durch Ihr Handeln weitere Konflikte zwischen Riad und Washington entstanden.«
»Haben Sie auch das von Herr Qahtani erfahren?«
»Richtig, das hat sogar zur ursprünglichen Lieferung gehört – ohne Aufpreis.«
»Hat Herr Qahtani auch meine Reaktion geschildert?«
»Das hat er getan«, bestätigte Gabriel. »Er hat gesagt, vermutlich sei die Warnung aus dem Haus Saud unnötig gewesen, denn seiner Meinung nach hätten Sie nicht die Absicht, ihren Racheschwur in die Tat umzusetzen. Herr Qahtani wusste allerdings nicht, dass Sie von dem Verhalten Ihres Vaters so angewidert waren, dass sie als Reaktion darauf selbst zu einer Art Extremistin geworden sind. Sowie Sie die Kontrolle über die AAB Holding übernommen hatten, haben Sie beschlossen, das Vermögen Ihres Vaters dazu zu verwenden, den von ihm angerichteten Schaden wiedergutzumachen. Sie haben sich vorgenommen, die Welt zu reparieren, die Funken zu sammeln.«
Nadia winkte ab. »Wie ich Ihrer Freundin Zoe neulich beim Lunch erklärt habe, ist das eine interessante Story, die nur leider nicht wahr ist.«
Gabriel spürte, wie wenig überzeugend ihr Leugnen klang, und wusste, dass er nichts Besseres tun konnte, als es zu ignorieren.
»Sie sind hier unter Freunden, Nadia«, sagte er ruhig. »Sogar unter Bewunderern. Wir bewundern nicht nur Ihre mutige Arbeit, sondern auch die Geschicklichkeit, mit der Sie es verstanden haben, diese zu tarnen. Tatsächlich haben wir ziemlich lange gebraucht, um herauszubekommen, dass Sie clever konstruierte Kunsttransaktionen dazu benutzt haben, Geld zu waschen, um es dann den Leuten, denen Sie helfen wollen, zuzuspielen. Als Profis ziehen wir den Hut vor Ihrem Rüstzeug. Selbst wir hätten das nicht besser hinbekommen, das gebe ich ehrlich zu.«
Nadia sah unvermittelt auf, ohne jedoch erneut zu widersprechen. Gabriel sprach rasch weiter.
»Durch Ihre cleveren Transaktionen haben Sie’s geschafft, Ihre Arbeit vor dem saudischen Geheimdienst und dem Haus Saud geheim zu halten. Eine bemerkenswerte Leistung, wenn man bedenkt, dass Sie Tag und Nacht von alten Mitarbeitern und Sicherheitsleuten Ihres Vaters umgeben sind. Anfangs haben wir uns darüber gewundert, dass Sie diese Leute weiterbeschäftigt haben. Nachträglich gesehen liegen die Gründe dafür jedoch auf der Hand.«
»Ach, tatsächlich?«
»Sie hatten keine andere Wahl. Ihr Vater war ein gerissener Geschäftsmann, aber er hat sein Vermögen nicht nur legal erworben. Das Haus Zizi hat praktisch dem Haus Saud gehört, was bedeutet, dass die Königsfamilie Sie mit einem Schnalzen ihrer königlichen Finger ruinieren könnte.«
Gabriel wartete auf eine Reaktion, aber Nadia ließ sich nichts anmerken.
»Das bedeutet, dass Sie ein gefährliches Spiel spielen«, fuhr Gabriel fort. »Sie benutzen Geld des Herrschers, um Gedankengut zu verbreiten, das eines Tages seinen Thron gefährden könnte. Das macht Sie zu einer Ketzerin. Zu einer Umstürzlerin. Und wir wissen beide, was Ketzer und Umstürzler, die das Haus Saud gefährden, zu erwarten haben. Sie werden auf irgendeine Art und Weise liquidiert.«
»Das klingt nicht so, als wollten Sie mir helfen. Das klingt vielmehr so, als wollten Sie mich erpressen, damit ich tue, was Sie sagen.«
»Wir sind nur daran interessiert, dass Ihre Arbeit weitergeht. Wir möchten Ihnen jedoch einen guten Rat geben.«
»In welcher Beziehung?«
»In Bezug auf Investitionen«, sagte Gabriel. »Wir glauben, dass jetzt ein guter Zeitpunkt wäre, Ihr Portfolio in einigen
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