Der Hintermann
ohne fürchten zu müssen, von einem Gotteskrieger in die Luft gesprengt zu werden?«
»Ich glaube, dass der Staat Israel ein Existenzrecht besitzt. Ich glaube auch, dass er das Recht hat, sich gegen alle zu verteidigen, die ihn vernichten oder seine Bürger ermorden wollen.«
»Und was würde Ihrer Meinung nach geschehen, wenn wir morgen das Westjordanland und den Gazastreifen aufgeben und den Palästinensern ihren Staat gewähren würden? Glauben Sie, dass die islamische Welt uns jemals akzeptieren wird – oder sind wir dazu verdammt, ewig ein Fremdkörper zu bleiben, ein Krebsgeschwür, das herausgeschnitten werden muss?«
»Letzteres, fürchte ich«, sagte Nadia. »Aber ich versuche, euch zu helfen. Es wäre nett, wenn ihr mir von Zeit zu Zeit nicht alles so erschweren würdet. Ihr scheint es darauf anzulegen, die Palästinenser und ihre Unterstützer in der islamischen Welt tagtäglich in großen und kleinen Dingen zu demütigen. Und mischt man ständige Demütigungen mit der wahhabitischen Ideologie …«
»Dann detonieren Sprengsätze auf Europas Straßen«, sagte Gabriel. »Aber um Terrorismus in globalem Maßstab entstehen zu lassen, ist mehr nötig als Demütigungen und Ideologie. Dazu braucht man auch Geld. Die führenden Köpfe brauchen Geld, um zu inspirieren, Geld, um anwerben und ausbilden zu können, und Geld, um operieren zu können. Mit Geld können sie zuschlagen, wo sie wollen. Ohne Geld sind sie nichts. Ihr Vater hat die Macht des Geldes verstanden. Das tun auch Sie. Deshalb haben wir uns so sehr um dieses Gespräch mit Ihnen bemüht, Nadia. Deswegen sind Sie hier.«
Eli Lavon, der unauffällig hereingeschlüpft war, beobachtete den Gang der Dinge leidenschaftslos auf einer Fensterbank sitzend. Nadia musterte ihn einen Augenblick lang forschend, als versuche sie, ihn in den überquellenden Schubladen ihrer Erinnerung richtig einzuordnen.
»Ist er der Boss?«
»Max?« Gabriel schüttelte langsam den Kopf. »Nein, Max ist nicht unser Boss. Die Verantwortung für dieses Unternehmen ist leider mir zugefallen. Max ist nur mein schlechtes Gewissen. Max ist meine kummervolle Seele.«
»Er wirkt nicht sehr kummervoll, finde ich.«
»Das liegt daran, dass Max ein Profi ist. Und wie alle Profis versteht er sich sehr gut darauf, seine Gefühle zu verbergen.«
»Genau wie Sie.«
»Ja, genau wie ich.«
Nadia al-Bakari sah nochmals zu Lavon hinüber und fragte: »Was hat er?«
»Max glaubt, dass ich nicht mehr alle Tassen im Schrank habe. Max versucht, mich daran zu hindern, den seiner Ansicht nach größten Fehler einer ansonsten makellosen Karriere zu machen.«
»Welcher Fehler wäre das?«
»Sie«, sagte Gabriel. »Ich bin davon überzeugt, dass Sie ein Geschenk des Himmels sind und wir zusammenarbeiten können, um eine große Gefahr für den Westen und den Nahen Osten zu eliminieren. Aber wie Sie sehen, ist Max viel älter als ich und bewegt sich geistig auf schrecklich eingefahrenen Bahnen. Er findet die Idee unserer Partnerschaft lachhaft naiv. Er glaubt, dass Sie, eine Muslima aus Saudi-Arabien, Ihren Judenhass mit der Muttermilch eingesogen haben. Max ist auch davon überzeugt, dass Sie zuerst und vor allem die Tochter Ihres Vaters sind. Und Max glaubt, dass Sie wie er zwei Gesichter haben: eines, das Sie dem Westen zukehren, und eines, das Sie zu Hause aufsetzen.«
Nadia lächelte erstmals. »Vielleicht sollten Sie Max daran erinnern, dass ich mein Gesicht zu Hause nicht zeigen darf, zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Und vielleicht sollten Sie Max daran erinnern, dass ich jeden Tag mein Leben riskiere, um das zu ändern.«
»Max sieht Ihre philanthropischen Aktivitäten und die Motivation dahinter höchst kritisch. Max glaubt, dass diese nur eine Tarnung für Ihre wahren Absichten sind, die denen Ihres verstorbenen Vaters stark ähneln. Max hält Sie für eine Dschihadistin. Einfach gesagt: Max hält Sie für eine Lügnerin.«
»Vielleicht sind Sie ein Lügner.«
»Ich bin Geheimdienstler, Nadia, was bedeutet, dass ich mir meinen Lebensunterhalt durch Lügen verdiene.«
»Belügen Sie mich jetzt?«
»Nur ein bisschen«, bekannte Gabriel zerknirscht. »Der verknitterte kleine Mann dort drüben heißt nicht wirklich Max, fürchte ich.«
»Aber er hält mich weiter für eine Lügnerin?«
»Er hofft, dass das nicht stimmt. Aber bevor dieses Gespräch fortgeführt werden kann, muss er wissen, dass wir alle auf der gleichen Seite stehen.«
»Welche Seite ist
Weitere Kostenlose Bücher