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Der Hintermann

Der Hintermann

Titel: Der Hintermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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unbedeutenden Sammler in Houston – und nichts erworben, bis auf einen chronischen bellenden Husten, der jeden Raum schneller leeren konnte als eine Bombendrohung. In Kollegenkreisen hieß es, er stecke mal wieder in einer Latelife-Crisis, seiner siebten oder achten, je nachdem ob man die längere Blaue Periode mitzählte, die er durchmachte, nachdem das Mädchen, das im Costa in Piccadilly die Kaffeemaschine bediente, ihm den Laufpass gegeben hatte. Jeremy Crabbe, der häufig Tweed tragende Direktor der Altmeisterabteilung bei Bonhams, glaubte, eine Überraschungsparty könnte Isherwood wieder aufrichten – ein Vorschlag, den Oliver Dimbleby, Isherwoods dicklicher Konkurrent aus der Bury Street, als dämlichste Idee des Jahres bezeichnete. »So zerrüttet, wie Julies Gesundheitszustand jetzt ist«, sagte er, »könnte eine Überraschungsparty ihm den Rest geben.« Stattdessen schlug er vor, Isherwood ein talentiertes Callgirl zu schicken, aber das war Olivers nicht ernst zu nehmende Lösung für alle Probleme persönlicher oder beruflicher Art.
    Am Nachmittag von Gabriels Rückkehr nach London schloss Isherwood seine Galerie frühzeitig und ging – weil er nichts Besseres zu tun hatte – bei strömendem Regen zur Duke Street hinüber, um sich im Green’s einen Drink zu genehmigen. Unter Mithilfe von Roddy Hutchinson, der allgemein als der skrupelloseste Händler in ganz St.   James’s galt, trank Isherwood rasch eine Flasche weißen Burgunder und kippte danach mehrere Brandys gegen seine Erkältung. Kurz nach achtzehn Uhr wankte er auf die Straße hinaus, um ein Taxi zu finden, aber als endlich eines aufkreuzte, bekam er einen wüsten Hustenanfall, der es ihm unmöglich machte, den Arm zu heben. »Verfluchter Mist!«, krächzte Isherwood, als der Wagen vorbeifuhr und ihm die Hosenbeine nass spritzte. »Gottverdammter Mist .«
    Dieser Ausbruch löste einen weiteren bellenden Hustenanfall aus. Als er endlich abklang, wurde Isherwood auf einen Mann aufmerksam, der an der Backsteinmauer des Durchgangs zum Mason’s Yard lehnte. Zu einem Regenmantel von Barbour trug er eine tief in die Stirn gezogene flache Mütze, unter deren Schirm seine Augen aufmerksam die Straße absuchten. Er musterte Isherwood einen Augenblick lang mit einer Mischung aus Mitleid und Belustigung. Dann wandte er sich laut- und wortlos ab und ging übers Pflaster des alten Hofs davon. Isherwood folgte ihm keuchend wie ein an Schwindsucht leidender Kranker auf dem Weg ins Lungensanatorium.
    »Lass mich sehen, ob ich alles richtig verstanden habe«, sagte Isherwood. »Erst überziehst du meinen Tizian mit Seidenpapier, das du mit Hasenfell-Leim anklebst. Dann stellst du ihn in meinen Lagerraum und verschwindest mit unbekanntem Ziel. Jetzt kreuzt du hier auf – wie üblich unangemeldet – und erklärst mir, dass du den erwähnten Tizian für eines deiner kleinen Geheimunternehmen brauchst. Habe ich irgendwas ausgelassen?«
    »Damit der Plan funktioniert, Julian, musst du die Kunstwelt täuschen und dich auf eine Weise benehmen, die manche deiner Kollegen für unethisch halten könnten.«
    »Das entspricht dem ganz normalen Wahnsinn, mein Lieber«, sagte Isherwood schulterzuckend. »Aber was ist pour moi drin?«
    »Klappt alles, gibt es keine Anschläge wie im Covent Garden mehr.«
    »Bis der nächste fanatische Dschihadi vorbeikommt. Dann stehen wir wieder am Anfang, nicht wahr? Ich bin weiß Gott kein Experte, aber für mich sind die Parallelen zwischen Kunsthandel und Terrorismus unübersehbar. Er erlebt Höhen und Tiefen, gute und schlechte Saisons, aber er findet nie ein Ende.«
    Oben im Ausstellungsraum von Isherwoods Galerie erhellten die gedimmten Wand- und Deckenleuchten das Dunkel sanft wie Votivkerzen. Regen prasselte auf die Dachfenster und tropfte vom Saum von Isherwoods durchnässtem Mantel, den er noch immer nicht ausgezogen hatte. Isherwood betrachtete die Pfütze auf dem Parkett stirnrunzelnd, bevor er wieder zu dem beklebten Gemälde hinübersah, das inzwischen auf einer mit Musselin bedeckten Staffelei vor ihnen stand.
    »Weißt du, wie viel dieses Ding wert ist?«
    »Bei einer ehrlichen Versteigerung locker zehn Millionen Dollar. Aber bei der Art Auktion, an die ich denke …«
    »Böser Junge«, sagte Isherwood. »Böser, böser Junge.«
    »Hast du irgendwem davon erzählt, Julian?«
    »Von dem Gemälde?« Isherwood schüttelte den Kopf. »Keinen Pieps.«
    »Ganz bestimmt nicht? Gab es keinen indiskreten Augenblick an der

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