Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hintermann

Der Hintermann

Titel: Der Hintermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
Vom Netzwerk:
sie …« Er zuckte mit seinen schweren Schultern. »Dann passieren schlimme Dinge.«
    Sie kamen an einer Menge Autos vorbei, die kreuz und quer am Rand des Wadis parkten: Range Rovers, Mercedes, Toyotas und ein paar verbeulte Pick-ups. Angrenzend an die Parkfläche standen zwei von innen beleuchtete große Gemeinschaftszelte. Über den Wüstenboden war ein Dutzend kleinerer Wohnzelte verteilt – jedes ausgestattet mit einem Stromerzeuger und einer Satellitenschüssel. Nadia lächelte unter ihrem tarnenden Niqab . Saudi-Araber liebten es, im Winter in die Wüste zurückzukehren, um sich wieder wie Beduinen zu fühlen, aber ihre Begeisterung für die alten Sitten hatte ihre Grenzen.
    »Der Scheich weiß offenbar gut für sich zu sorgen.«
    »Sie sollten seine Villa in Mekka sehen«, sagte al-Kamal. »Und für alles kommt die Regierung auf. Aus Sicht der al-Saud ist das gut angelegtes Geld. Sie sorgen für die Ulema , und die Ulema sorgt für das Königshaus.«
    »Wieso lagern sie ausgerechnet hier?«, fragte Nadia und sah sich um.
    »Lange bevor es ein Saudi-Arabien gegeben hat, haben Angehörige der Großfamilie des Scheichs im Winter ihre Tiere hierher getrieben. Die Bin Taijibs schlagen seit Jahrhunderten ihr Lager hier auf.«
    »Als Nächstes erzählen Sie mir noch, dass Sie schon als Junge hier draußen waren.«
    Ihr Sicherheitschef lächelte, was selten vorkam. »Stimmt genau.«
    Er bedeutete dem Fahrer, etwas abseits von den anderen Wagen zu parken. Nachdem er Nadia aussteigen geholfen hatte, blieb er stehen, um einen Toyota Camry zu begutachten. Bis auf eine dünne Staubschicht sah die Limousine aus, als sei sie gerade in Dhahran von Bord gerollt.
    »Ihr Traumwagen?«, fragte Nadia spöttisch.
    »Dieses Modell bekommen Absolventen des Programms zur Wiedereingliederung von Terroristen. Sie bekommen ein Auto, die Anzahlung für ein Haus und ein nettes Mädchen zur Frau – alles, was man für ein normales Leben braucht, damit sie in dieser Welt verankert bleiben, statt noch mal in die des Dschihad abzudriften. Man kauft die Loyalität der Ulema , und man kauft die Loyalität der Dschihadisten. So macht man’s in der Wüste. So machen es die al-Saud.«
    Al-Kamal wies den Fahrer an, bei dem Mercedes zu bleiben, dann begleitete er Nadia zu den Gemeinschaftszelten. Sekunden später tauchte ein jüngerer Mann auf, um sie zu begrüßen. Nach Art der Salafisten trug er eine knöchellange Thobe und eine Taqija , ein Scheitelkäppchen ohne weitere Kopfbedeckung. Sein Bart war lang, aber spärlich, sein Blick für einen Saudi-Araber ungewöhnlich sanft. Nachdem er den traditionellen Friedensgruß absolviert hatte, stellte er sich als Ali vor und sagte, er sei ein Talib , ein Schüler von Scheich bin Taijib. Er schien ungefähr dreißig zu sein.
    »Das Essen beginnt gerade erst. Ihr Leibwächter kann sich zu uns gesellen, wenn er möchte. Die Frauen sind dort drüben«, fügte er hinzu, indem er auf das linke Zelt deutete. »Heute Abend sind zahlreiche Angehörige des Scheichs hier. Sie werden Sie sicher herzlich willkommen heißen.«
    Nadia wechselte einen letzten Blick mit al-Kamal, bevor sie nach links abbog. Zwei verschleierte Frauen tauchten auf, begrüßten sie freundlich im weichen Arabisch der Wüstenbewohner und zogen sie mit sich in das Zelt, wo etwa zwanzig weitere Frauen waren. Sie saßen auf weichen Orientteppichen vor Platten, auf denen sich Lamm und Huhn, Auberginen, Reis und Fladenbrot türmten. Manche trugen wie Nadia den Niqab , aber die meisten waren voll verschleiert. In dem beengten Raum des Zelts klang ihr lebhaftes Schwatzen wie das Gezirp von Zikaden. Es verstummte sekundenlang, als Nadia al-Bakari von einer ihrer Begleiterinnen vorgestellt wurde. Anscheinend hatten sie mit dem Essen auf sie gewartet, denn eine der Frauen rief laut aus: » Alhamdulillah !« – Allah sei Dank! Dann machten die Frauen sich über die Platten her, als hätten sie seit Tagen nichts mehr gegessen und rechneten damit, längere Zeit nichts mehr zu essen zu bekommen.
    Nadia, die noch stand, blickte die formlosen verschleierten Gestalten einen Moment lang forschend an, bevor sie sich zwischen zwei Frauen setzte, die Mitte zwanzig zu sein schienen. Eine hieß Adara, die andere Safia. Adara stammte aus Buraida und war eine Nichte des Scheichs. Ihr Bruder war in den Irak gegangen, um gegen die Amerikaner zu kämpfen, und spurlos verschwunden. Safia erwies sich als die Frau des Talibs Ali. »Ich bin nach der Muslima benannt,

Weitere Kostenlose Bücher