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Der Hintermann

Der Hintermann

Titel: Der Hintermann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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helfen.«
    »Warum nicht?«
    »Ich wurde beobachtet.«
    »Von wem?«
    »Von jedermann«, sagte sie, »auch von den al-Saud.«
    »Sie haben Sie davor gewarnt, irgendetwas zu unternehmen, um den Tod Ihres Vaters zu rächen?«
    »Sehr nachdrücklich.«
    »Sie haben Ihnen finanzielle Konsequenzen angedroht?«
    »Sie haben mir ganz allgemein mit ernsten Konsequenzen gedroht.«
    »Und Sie haben ihnen geglaubt?«
    »Warum nicht?«
    »Weil sie Lügner sind.« Bin Taijib ließ seine Worte einen Augenblick in der Luft hängen. »Woher weiß ich, dass Sie keine Spionin sind, die mich im Auftrag der al-Saud in eine Falle locken soll?«
    »Woher weiß ich, dass nicht Sie der Spion sind, Scheich bin Taijib? Schließlich sind Sie derjenige, der sich von den al-Saud aushalten lässt.«
    »Nicht anders als Sie, Frau al-Bakari. Zumindest behaupten das Gerüchte.«
    Nadia bedachte den Scheich mit einem vernichtenden Blick. Sie konnte sich nur vorstellen, wie er auf ihn wirken musste – zwei dunkle Augen, die ihn über einem schwarzen Niqab anfunkelten. Vielleicht hatte der Gesichtsschleier doch seine Vorteile.
    »Versuchen Sie, die Sache aus unserem Blickwinkel zu sehen, Frau al-Bakari«, fuhr Bin Taijib fort. »In den fünf Jahren seit dem Märtyrertod Ihres Vaters haben Sie niemals öffentlich über ihn gesprochen. Sie scheinen möglichst wenig Zeit in Saudi-Arabien zu verbringen. Sie rauchen, Sie trinken, Sie meiden den Schleier – außer wenn Sie versuchen, mich durch Frömmigkeit zu beeindrucken, versteht sich – und vergeuden Hunderte von Millionen Dollar für Kunstwerke von Ungläubigen.«
    Der Scheich wollte sie offenbar weiter auf die Probe stellen. Nadia erinnerte sich an Gabriels letzte Ermahnung, als sie im Château Treville Abschied genommen hatten. Sie sind Zizis Tochter. Sorgen Sie dafür, dass die anderen das nie vergessen.
    »Vielleicht haben Sie recht, Scheich bin Taijib. Vielleicht hätte ich eine Burka anlegen und meine Absicht, den Tod meines Vaters zu rächen, im Fernsehen verkünden sollen. Das wäre bestimmt klüger gewesen.«
    Der Imam lächelte beschwichtigend. »Ich habe schon viel von Ihrer scharfen Zunge gehört.«
    »Ich habe die Zunge meines Vaters. Und als ich sie zuletzt gehört habe, ist er in meinen Armen verblutet.«
    »Und jetzt wollen Sie Rache.«
    »Ich will Gerechtigkeit – Allahs Gerechtigkeit.«
    »Und was ist mit den al-Saud?«
    »Sie scheinen das Interesse an mir verloren zu haben.«
    »Das überrascht mich nicht«, sagte Bin Taijib. »Selbst das Haus Saud weiß nicht, ob es die Umwälzungen in der arabischen Welt überstehen wird. Es braucht Freunde, wo immer es welche finden kann, auch wenn sie das lange Gewand und den struppigen Bart der Salafisten tragen.«
    Nadia wollte ihren Ohren kaum trauen. Sagte der Scheich die Wahrheit, hatten die Herrscher Saudi-Arabiens den faustischen Pakt mit dem Teufel erneuert, der zum 11.   September 2001 und in der Folge zu unzähligen weiteren Toten geführt hatte. Den al-Saud war nichts anderes übrig geblieben, dachte sie. Sie glichen einem Mann, der einen Tiger an den Ohren gepackt hielt. Konnten sie ihn weiter festhalten, konnten sie vielleicht etwas länger überleben. Ließen sie ihn jedoch los, würde er sie im nächsten Augenblick verschlingen.
    »Wissen das die Amerikaner?«, fragte sie.
    »Die sogenannten speziellen Beziehungen zwischen den Amerikanern und dem Haus Saud gehören der Vergangenheit an«, sagte Bin Taijib. »Wie Sie wissen, Frau al-Bakari, schließt Saudi-Arabien neue Bündnisse und findet neue Abnehmer für sein Öl. Den Chinesen sind Dinge wie Menschenrechte und Demokratie egal. Sie zahlen ihre Rechnungen pünktlich und stecken ihre Nase nicht in Dinge, die sie nichts angehen.«
    »Dinge wie den Dschihad?«
    Der Scheich nickte. »Der Prophet Muhammad, Friede sei mit ihm, hat uns gelehrt, es gebe fünf Säulen des Islams. Wir glauben, dass es eine sechste gibt. Der Dschihad ist nicht eine Möglichkeit, er ist eine heilige Pflicht. Das verstehen auch die al-Saud. Sie sind wieder bereit, die Brüder gewähren zu lassen, solange sie keine Unruhe innerhalb des Königreichs stiften. Das war Bin Ladens größter Fehler.«
    »Bin Laden ist tot«, sagte Nadia, »und das ist auch seine Gruppe. Mich interessiert die andere, die in europäischen Großstädten Bomben hochgehen lassen kann.«
    »Dann interessiert Sie der Jemenit.«
    »Kennen Sie ihn?«
    »Ich bin ihm einmal begegnet.«
    »Können Sie mit ihm reden?«
    »Das ist eine

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