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Der Hirte (German Edition)

Der Hirte (German Edition)

Titel: Der Hirte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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habe eine Stimme es ihm zugeflüstert, seit er den ersten Rauchgeruch wahrgenommen hatte. Er fühlte, wie ein Zittern seinen ganzen Körper erfasste.
„Ich fand sie zwischen den Trümmern, halb zugedeckt von einem Wandbehang. Sie war tot. Sie hatten sie … sie … und am Ende … eines der Eisen aus dem Kamin …“
Rainald vergrub das Gesicht in den Händen und weinte. Er konnte sich nicht helfen. Ob Johannes ihn so sah oder Blanka; er konnte es nicht zurückhalten. Er fühlte keine Verlegenheit wegen Schwester Venia. Wenn er überhaupt etwas fühlte, dann abgrundtiefes Bedauern darüber, dass er diesen Schmerz ein zweites Mal durchleben musste, und das gähnende Entsetzen darüber, wie frisch er noch immer war. Sein Körper war eine Muschel gewesen in den letzten Monaten. Statt eines Steins war das Leid in seinen Panzer gedrungen, und er hatte eine harte Schicht darüber gebildet, um weiterleben zu können. Im Inneren dieser Schicht jedoch war der Schmerz gleich geblieben. Der heutige Tag hatte den Schutz abplatzen lassen.
„Ich war sicher, dass sie die Kinder mitgenommen hatten“, flüsterte er nach einer Weile. „Das war, nachdem ich fast alles, was sie übriggelassen hatten, zerschlagen oder umhergeworfen hatte. Mein Hals war wund, so hatte ich gebrüllt. Schließlich konnte ich nicht mehr. Ich sank vor Sophias Leiche zusammen. Ich glaube, ich wäre dort einfach sitzengeblieben bis zum Jüngsten Tag, doch dann hörte ich das Weinen. In einer Nische stand eine große Truhe; ein Wandteppich musste sie schon ganz zu Anfang unter sich begraben haben, denn sie hatten sie nicht gefunden. Ich öffnete sie.“
Rainald blickte auf. Er sah Johannes in ein paar Schritten Entfernung reglos dastehen und mit großen Augen lauschen. Auch Blanka hatte ihr stummes Spiel eingestellt und hörte zu.
„Ich habe heute das Gleiche getan wie Johannes während des Überfalls. Statt Euch zu helfen, habe ich meine Kinder in Sicherheit gebracht. Johannes hat seine kleine Schwester in Sicherheit gebracht.“
„Er hätte nicht gegen die Männer kämpfen können“, sagte Schwester Venia.
„Nein, aber er hätte davonreiten und mich alarmieren können. Dann wäre ich eine halbe Stunde früher zu Hause eingetroffen. Eine halbe Stunde hätte gereicht.“
„Nein“, sagte Schwester Venia. „Nie und nimmer.“
„Woher wollt Ihr das wissen?“
„Weil du, wenn die Fährte erst eine halbe Stunde alt gewesen wäre, die Verfolgung der Angreifer aufgenommen hättest. So gut kenne ich dich nun schon. Also waren sie schon eine ganze Weile länger wieder weg als nur eine halbe Stunde.“
Rainald versuchte etwas zu sagen, aber sie schnitt ihm das Wort ab.
„Du hast richtig gehandelt vorhin“, sagte sie. „Wenn du versucht hättest, mir zu helfen, wären wir alle verloren gewesen. Es gab nur eine vernünftige Wahl. Du hast wie ein Mann gehandelt, nicht wie ein Feigling.“
Rainald sah sie an. Sein Mund arbeitete.
„Was hast du danach getan?“, fragte sie.
„Ich habe sie beerdigt und …“
„Das war nur eine Gebärde. Was hast du danach getan ?“
„Ich verstehe nicht.“
„Hast du danach wieder den Mut gefasst, dem Leben zu vertrauen?“
Rainalds Blick wurde starr. In seinem Inneren schwang eine Saite, die zu schmerzhaft war, als dass er hätte erlauben können, weiter zu schwingen.
„Papa …“, begann Johannes mit piepsiger Stimme. Rainald hob die Hand. Der Junge verstummte.
„Gehen wir weiter“, sagte er. Seine Stimme klang in seinen eigenen Worten wie Asche.
„Wohin? Gehen wir endlich nach Trier?“, fragte Schwester Venia.
Rainald antwortete nicht. Er nahm Blanka auf den Arm, verstaute die beiden Puppen hinter seinem eigenen Gürtel und stapfte davon.

Johannes sah seinem Vater und der Klosterschwester nach. Schließlich ließ er den toten Wolf los, bückte sich nach dem Schwert, dem sein Vater keinerlei Beachtung mehr geschenkt hatte, wuchtete es keuchend auf seine Schulter, und torkelte den anderen hinterher.

***

Die Wölfe hatten sie überwacht, seit das Packpferd gefallen war. Rainald hatte es geahnt, auch wenn die Wölfe sie es nur sporadisch hatten merken lassen. Nun änderte das Rudel seine Taktik. Sie hatten ihre Beute zweimal gestellt, und zweimal hatte sich die Beute seiner Haut erwehrt. Ein drittes Mal würden sie es nicht mehr angreifen, solange sie noch in der Verfassung war, Widerstand zu leisten. Sie würden sie einfach zu Tode hetzen.
Rainald wusste dies, und er wusste, dass er einfach in ganz gemächlichem

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