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Der Historiker

Der Historiker

Titel: Der Historiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Kostova
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sollen, aber Gott wird uns schützen auf dem Pfad, den wir gewählt haben. Wir haben die niedergebrannten Reste zweier Klöster gesehen und eine Kirche. Aus der Kirche stieg noch der Rauch auf Fünf Mönche hingen aufgeknüpft, weil sie an einer Rebellion teilgenommen haben sollen, und ihre überlebenden Brüder sind bereits auf andere Klöster verteilt. Das sind die einzigen Neuigkeiten, die wir in Erfahrung gebracht haben, da wir nicht lange mit den Menschen sprechen können, die zu unserem Wagen kommen. Es gibt jedoch keinen Grund zu glauben, dass eines dieser Klöster jenes ist, welches wir suchen. Das Zeichen wird klar sein, das Ungeheuer dem Heiligen ebenbürtig. Wenn dieses Sendschreiben an Euch geschickt werden kann, mein Herr, dann bitte so bald wie möglich.
    Euer demütiger Diener in Christus,
    Bruder Kyrill
    Juni, im Jahr unseres Herrn 6985
     
     
    Als Stoichev geendet hatte, saßen wir schweigend da. Helen machte noch ein paar Notizen, das Gesicht konzentriert über die Arbeit gebeugt, Irina hatte die Hände gefaltet, und Ranov stand nachlässig an einen Schrank gelehnt und kratzte sich unter dem Kragen. Ich selbst hatte aufgegeben, die Ereignisse aufschreiben zu wollen, die in den Briefen beschrieben wurden. Helen würde sowieso nichts vergessen. Es gab in dem Geschriebenen keinen klaren Hinweis auf eine bestimmte Richtung, kein Grab wurde erwähnt, keine Begräbnisszene – die Enttäuschung kroch mir die Kehle hoch.
    Aber Stoichev schien alles andere als niedergeschlagen, interessant, sagte er nach langen Minuten, interessant. Sehen Sie, Ihr Istanbuler Brief muss zeitlich zwischen diesen beiden liegen. Im ersten und zweiten Brief reisen die Mönche durch die Walachei Richtung Donau, das geht aus den angeführten Ortsnamen hervor. Dann kommt Ihr Brief, den Bruder Kyrill in Konstantinopel geschrieben hat, vielleicht in der Hoffnung, ihn und die früheren Briefe von dort abschicken zu können. Aber es war ihm nicht möglich, oder er hatte Angst, es zu tun – es sei denn, dieses sind nur Kopien, was sich nicht herausfinden lässt. Und der letzte Brief datiert im Juni. Sie nahmen einen Landweg wie den, der in der Chronik des Zacharias beschrieben ist. Es muss dieselbe Route gewesen sein, von Konstantinopel durch Edirne und Haskovo, denn das war die Hauptverbindung von Tsarigrad nach Bulgarien.‹
    Helen sah auf. ›Aber können wir wirklich sicher sein, dass dieser letzte Brief Bulgarien beschreibt?‹
    ›Völlig sicher können wir nicht sein‹, gab Stoichev zu. ›Ich glaube jedoch, dass es sehr wahrscheinlich ist. Wenn Sie von Tsarigrad – Konstantinopel – in ein Land reisten, in dem im späten fünfzehnten Jahrhundert Klöster und Kirchen niedergebrannt wurden, ist davon auszugehen, dass es Bulgarien war. Zudem steht in Ihrem Istanbuler Brief, dass die Mönche beabsichtigten, nach Bulgarien zu reisen.‹
    Ich konnte nicht anders, als meiner Enttäuschung Ausdruck zu geben. ›Aber es gibt keinen weiteren Hinweis auf den Ort des Klosters, nach dem wir suchen. Angenommen, es war Sveti Georgia Ranov hatte sich zu uns an den Tisch gesetzt und betrachtete seine Daumen. Ich überlegte, ob ich mein Interesse an Sveti Georgi vor ihm verbergen sollte, aber wie sonst konnten wir Stoichev danach fragen?‹
    ›Nein.‹ Stoichev nickte. ›Bruder Kyrill hätte ganz sicher nicht den Namen ihres Zieles genannt, genau wie er Snagov nicht dem Titel von Eupraxios hinzufügt. Wären sie gefangen genommen worden, hätten diese Klöster besondere Verfolgung erleiden können, zumindest hätte man sie durchsucht.‹
    ›Es gibt einen interessanten Satz ganz am Ende.‹ Helen hatte ihre Notizen beendet. ›Könnten Sie den noch einmal vorlesen? Dass das Zeichen, gemeint ist wohl das des Klosters, das sie suchten, ein Monster sei, das dem Heiligen ebenbürtig ist. Was, denken Sie, bedeutet das?‹
    Ich sah schnell zu Stoichev, der Satz war auch mir aufgefallen. Er seufzte. ›Das könnte sich auf ein Fresko oder eine Ikone des Klosters beziehen, in Sveti Georgi, wenn es tatsächlich das Ziel ihrer Reise war. Es ist schwer, sich vorzustellen, was das für ein Bild gewesen sein mag. Und selbst wenn wir Sveti Georgi selbst fänden, bestünde wenig Hoffnung, dass eine Ikone, die sich im fünfzehnten Jahrhundert dort befand, immer noch da wäre, besonders da das Kloster wenigstens einmal niedergebrannt wurde. Ich weiß nicht, was es bedeutet. Vielleicht ist es auch ein theologischer Bezug, den der Abt verstanden haben

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