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Der Hobbit

Der Hobbit

Titel: Der Hobbit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R.R. Tolkien
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Es schien Hunderte von Augen rings um sie anzuziehen, wobei die Kreaturen, welcher Art sie auch sein mochten, es sorgsam vermieden, sich jemals im schwachen Lichtschein der Flammen sehen zu lassen. Schlimmer noch, das Feuer lockte Tausende von dunkelgrauen und schwarzen Nachtfaltern an, manche davon fast so groß wie eine Hand, die ihnen um die Ohren flatterten und schwirrten. Das konnten sie nicht ausstehen, ebenso wenig wie die riesigen Fledermäuse, schwarz wie Zylinderhüte; und darum verzichteten sie auf das Feuer und saßen nachts dösend in der gewaltigen, unheimlichen Finsternis.
    All dies nahm kein Ende, und dem Hobbit schien es schon eine Ewigkeit zu dauern. Er hatte ständig Hunger, denn mit ihren Vorräten gingen sie sehr sparsam um. Trotzdem, als so ein Tag nach dem andern verging und der Wald immer noch derselbe war wie zu Anfang, wurden sie allmählich nervös. Der Proviant würde nicht ewig reichen; er wurdejetzt schon knapp. Sie versuchten, Eichhörnchen zu schießen, und vergeudeten viele Pfeile, bis sie eines auf dem Pfad zur Strecke brachten. Aber als sie es gebraten hatten, schmeckte es so widerlich, dass sie kein zweites mehr schossen.
    Durstig waren sie auch, denn allzu viel Wasser hatten sie nicht, und in der ganzen Zeit hatten sie weder eine Quelle noch einen Bach gesehen. So war es um sie bestellt, als sie eines Tages an einen Wasserlauf kamen, der ihren Pfad kreuzte. Er hatte eine schnelle, kräftige Strömung, war aber nicht sehr breit, und sein Wasser war schwarz oder sah in dem dämmrigen Licht so aus. Nur gut, dass Beorn sie gewarnt hatte, sonst hätten sie ungeachtet der Farbe davon getrunken und einige ihrer leeren Schläuche damit gefüllt. So aber dachten sie nur daran, wie sie hinüberkämen, ohne sich nass zu machen. Eine Holzbrücke hatte einst hier gestanden, aber sie war verfault und eingestürzt, und nur ein paar abgebrochene Pfosten nahe am Ufer waren von ihr noch übrig.
    Bilbo kniete am Ufer nieder und spähte hinüber. Er rief: »Ein Boot liegt am andern Ufer! Warum kann es nicht auf dieser Seite sein!«
    »Was meinst du, wie weit es ist?«, fragte Thorin, denn inzwischen wussten sie, dass Bilbo die besten Augen hatte.
    »Nicht sehr weit. Ich würde sagen, ein bisschen mehr als zehn Meter.«
    »Zehn Meter! Ich hätte gedacht, es sind mindestens dreißig, aber ich sehe nicht mehr so gut wie vor hundert Jahren. Trotzdem, zehn Meter sind so viel wie eine Meile. Hinüberspringen können wir nicht, waten oder schwimmen dürfen wir nicht.«
    »Kann einer von euch ein Seil hinüberwerfen?«
    »Wozu? Das Boot ist sicherlich festgebunden, und selbstwenn wir es anhaken können, was ich bezweifle, was soll es nützen?«
    »Ich glaube nicht, dass es festgebunden ist«, sagte Bilbo. »Mit Sicherheit kann ich es bei diesem Licht natürlich nicht sagen, aber es sieht mir so aus, als ob es nur aufs Ufer gezogen ist, und das ist flach an der Stelle, wo der Pfad im Wasser verschwindet.«
    »Dori ist der Stärkste, aber Fili ist der Jüngste und hat noch die besten Augen«, sagte Thorin. »Komm her, Fili, und schau rüber! Siehst du das Boot, von dem Bilbo Beutlin redet?«
    Fili glaubte es zu sehen, und nachdem er eine ganze Weile hinübergestarrt hatte, um sich eine Vorstellung von der Richtung zu machen, brachten die anderen ihm ein Seil. Davon hatten sie mehrere bei sich, und am Ende des längsten befestigten sie einen der großen Eisenhaken, die sonst dazu dienten, ihre Traglasten an die Schulterriemen zu hängen. Den nahm Fili, wog ihn einen Moment in der Hand und schleuderte ihn dann über den Bach.
    Aufklatschend fiel er ins Wasser. »Nicht weit genug!«, sagte Bilbo, der hinüberspähte. »Zwei Fuß weiter, und du hättest ins Boot getroffen. Versuch’s noch mal! Ich denke, der Zauber wird nicht so stark sein, dass ein paar Tropfen von einem nassen Seil dir schaden können.«
    Etwas zögernd nahm Fili den Haken, als er ihn ans Ufer gezogen hatte, wieder zur Hand. Dieses Mal warf er wuchtiger.
    »Ruhig!«, sagte Bilbo. »Jetzt hast du ihn mitten in den Wald auf der andern Seite geworfen. Zieh ihn sachte heran!« Fili holte langsam das Seil ein, und nach einer Weile sagte Bilbo: »Achtung! Jetzt liegt es auf dem Boot – hoffentlich fasst der Haken.«
    Er fasste. Das Seil straffte sich, und Fili zog vergebens. Kili kam ihm zu Hilfe, dann auch Oin und Gloin. Sie zogen aus Leibeskräften, und plötzlich fielen sie alle auf den Rücken. Aber Bilbo, der Ausschau hielt, packte das Seil

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