Der Hobbnix - Die große Tolkien-Parodie 2: Hobbnix 2
Decke gegeben.
Das alles war mehr als deprimierend. Der Käfig diente unter anderem dazu, die Delinquenten dem Spott der Öffentlichkeit preiszugeben, und folglich nutzten etliche Bürger den ersten Tag meiner Gefangenschaft, um mich zu begaffen und zu verhöhnen. Allerdings kamen sie nicht allzu nahe an den Käfig heran; offenbar hatten sie Angst vor mir, so schien es jedenfalls. Eine Familie reiste den ganzen Weg aus Winzlingen an, nur um mit verfaulten Tomaten auf mich zu werfen. Die Sache lief jedoch nicht so, wie sie sich das vorgestellt hatten. Vor Aufregung warfen sie nämlich die frischen Tomaten auf mich, die sie sich als Proviant mitgebracht hatten, und als sie das bemerkten, baten sie mich höflich darum, ihnen die Tomaten zurückzugeben. Aber ich ignorierte sie – und so blieb ihnen nichts anderes übrig, als die verfaulten Tomaten zu essen.
Zwei Tage nach meiner Inhaftierung besuchte mich Inspektor Barnabas.
»Alles in Ordnung, Bingo?«, fragte er.
»Was sollte nicht in Ordnung sein?«, fragte ich zurück. »Ich bin in einem Käfig eingesperrt.«
»Schon gut.« Barnabas machte eine beschwichtigende Geste. »Kein Grund, sarkastisch zu werden.«
»Die Liebe meines Lebens wurde exorkiziert, die einzige Person, die sie mir hätte zurückbringen können, ist tot, ich werde mehrerer Verbrechen beschuldigt, die ich nicht begangen habe, und ich bin in einem Käfig eingesperrt. Wenn das nicht der richtige Zeitpunkt ist, um sarkastisch zu werden, wann dann?« Ich drehte ihm den Rücken zu und verschränkte die Arme.
»Na, wie auch immer«, sagte Barnabas mit der Stimme eines Mannes, der froh war, keinen Smalltalk machen zu müssen. »Ich dachte, ich halte Sie auf dem Laufenden. Bringe Sie auf die Höhe der Ereignisse, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Nein.«
»Nun, die Wahrheit ist, dass wir, was Ihren Fall betrifft, gewisse Schwierigkeiten bei der Ausstellung eines präzisen Haftbefehls haben. Die Zwerge sind nicht so, äh, kooperativ, wie wir uns das wünschen würden. Für die Behörden des Aualands steht fest, dass in dieser Angelegenheit der Hobbnix-Stolz berührt ist und dass wir keinesfalls nachgeben können. Doch die Zwerge bestehen auf Ihren Kopf, und wir bestehen ebenfalls auf Ihren Kopf, und …« Er hielt inne und dachte kurz nach. »Nicht, äh, dass es wirklich um Ihren Kopf geht. So funktioniert unser Justizsystem nicht.« Er lachte nervös. »Ich meine, wir hängen Sie vielleicht auf. Aber Ihr Kopf bleibt unangetastet.« Ich hörte, wie er hinter mir hin und her schlurfte. »Was bestimmt eine große Erleichterung für Sie ist. Ja, hm.«
Ich schwieg.
»Jedenfalls«, sagte er in einem Lasst-uns-die-Dinge-zum-Abschluss-bringen-Ton, »dachte ich, das würde Sie interessieren.«
Ich hörte, wie er sich über den Kiesweg entfernte. Ich drehte mich nicht um.
Das Schlimmste an meiner Situation war die Trennung – die endgültige Trennung – von Heinrich. Das mag Ihnen seltsam vorkommen, aber in einem Käfig an den Pranger gestellt zu werden war nichts im Vergleich zu diesem Schmerz. In gewisser Weise hatte ich das Gefühl, das alles verdient zu haben. Nicht weil ich mir, was die Morde betraf, irgendeiner Schuld bewusst war, sondern weil mein Geist verschwunden war. Ein Teil von mir glaubte offenbar, ich wäre ein durch und durch verdorbener Hobbnix und hätte diese Strafe verdient.
Das Dach des Käfigs hielt den Regen weitgehend ab, aber da die Seiten offen waren, blies der Wind ständig Feuchtigkeit herein. Ja, manchmal regnete es richtiggehend von der Seite. Auf der harten Pritsche in die Decke gewickelt schlief ich schlecht, und wenn ich schlief, träumte ich von Heinrich. Die Erinnerungen an ihn wirbelten an mir vorbei. Plötzlich sah ich das monströs aufgeblähte Gesicht von Schorsch Ratzinga, das vom Himmel auf mich herabgrinste. Dann – mit der Unmittelbarkeit, wie sie Träumen nun mal eigen ist – stand er in normaler Größe vor mir, und ich legte die Hände um seinen Hals und drückte so fest ich konnte zu. Sein Gesichtsausdruck wechselte von »überrascht« zu »panisch«, und seine Augen quollen aus den Höhlen. Und mit derselben Unmittelbarkeit erwachte ich keuchend und war wieder in der Dunkelheit des Käfigs. Und ich keuchte nicht, sondern weinte.
Aber auch das Elend nutzt sich ab, wenn man ihm nur lange genug Zeit gibt. Am dritten Tag langweilte es die Bürger Hoppler-Ahois! bereits, mich zu verspotten, und sie wandten sich anderen Dingen zu. Zweimal am Tag,
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