Der Hobbnix - Die große Tolkien-Parodie 2: Hobbnix 2
Schild.«
»Was?«
»Halt das Tor vor deinen Körper und benutz es als Schutzschild. Anders kommst du nie an dem Weizenfeld vorbei.«
Ich atmete flach. Immer wieder durchzuckte mich Schmerz. Blut floss meinen Nacken hinunter. Auch meine Füße waren vor Blut ganz klebrig. »Bist du verrückt?«, fragte ich.
»Hast du vielleicht eine andere Idee?«, fragte er zurück. »Weißt du, Bingo, ich liebe dich lebendig . Ich könnte jeden langweiligen Toten als Partner haben, aber das will ich nicht. Du musst von diesem Hügel hinunter! Das Feuer, das gerade deine Höhle zerstört, ist nun eine noch viel intensivere Form der magischen Flammen, die Grahams Bann über viele Jahre hinweg geschwächt haben. Jetzt ist es so groß, dass es den Bann auffressen wird. Schon bald werden diese Pflanzen zu weitaus mehr imstande sein als nur herumzuzappeln. Sie werden ihre Wurzeln aus dem Boden reißen und sich auf dich stürzen!«
Eine weitere Salve Weizendarts prasselte auf das Tor nieder. Ich atmete ein, aus, wieder ein und versuchte, irgendein Gegenargument zu dem zu finden, was Heinrich gerade gesagt hatte. Schmerz und Panik erschwerten jedoch die Konzentration. Außerdem wusste ich ohnehin, dass er recht hatte.
»Okay«, rief ich. »Aber wenn ich dabei getötet werde, dann bin ich wirklich, wirklich sauer auf dich.«
»Lauf!«, rief er.
Ich nahm einen so tiefen Atemzug, wie es meine schmerzenden Rippen erlaubten, dann packte ich das untere Ende des Gartentores und versuchte, es aus den Angeln zu heben. Wieder hörte ich das Zischen einer Ladung Weizenstängel in der Luft und Zehntelsekunden später den Einschlag im Holz. »Autsch!«, rief ich. Eines der Dinger hatte mich doch tatsächlich an der Fingerspitze erwischt. Fluchend zog ich den Stängel aus der Haut. Eine Perle aus Blut bildete sich dort, wo er mich getroffen hatte.
»Mach schon!«, drängelte Heinrich.
Ich konzentrierte mich wieder, griff ein zweites Mal nach unten und zerrte an dem Gartentor. Es bewegte sich keinen Millimeter, also versuchte ich es noch einmal mit mehr Kraft. Rückblickend und in der komfortablen Lage, nicht um mein Leben kämpfen zu müssen, ist mir natürlich klar, dass ich zu viel Kraft verwendete. Das war der eine Teil des Problems. Der andere war, dass das Gartentor – ein ausländisches Produkt – lange Zeit Wind und Wetter ausgesetzt gewesen war. Es war zwar lackiert (ein recht ansprechendes Grün), aber eine Schicht Farbe genügte eben nicht, um es vor dem ständigen Regen und der Feuchtigkeit hierzulande ordentlich zu schützen.
Kurz und gut: Ich riss das Gartentor aus den Angeln, richtete mich auf, hielt es wie ein Schild vor meinen Körper, und im selben Moment löste sich das Holz des Tores unter meinem festen (viel zu festen) Griff in seine bröckeligen, herunterbröselnden Bestandteile auf. Und ich stand ohne Schutz vor meinem tödlichsten Gegner: dem Weizenfeld.
»Ja, mei«, sagte ich mit leicht enttäuschter Stimme. Dann vernahm ich das Zischen hunderter Weizenpfeile, die von dem Feld abgeschossen wurden und nun in meine Richtung unterwegs waren. Ich schloss die Augen und hatte gerade noch Zeit, über die Frage zu sinnieren, ob »Ja, mei« wirklich die allerbesten letzten Worte waren, da hörte ich das mannigfaltige Tschack des Einschlags. Ich zuckte zusammen, aber spürte nichts. War das der Tod? Ein erwarteter Schmerz, der nicht eintraf?
Nein, ich war nicht tot.
Ich öffnete die Augen. Vor mir, direkt zwischen meinem zitternden Körper und dem todbringenden Weizenfeld stand ein riesiges Geschöpf. Und auch wenn ich nicht von hunderten Pfeilen durchbohrt worden war, sagte ich trotzdem: »Uff!«
»Interview für Voger nicht zu Ende«, sagte der Oger. Ein weiterer Schwarm Weizenspitzen prasselte auf seinen Rücken ein, aber er zuckte nicht einmal mit den Augenbrauen. »Noch Fragen.«
»Aber klar«, keuchte ich, ging auf ihn zu und legte meine Hand auf seinen überdimensionalen Ellenbogen. »Ich beantworte jede Frage, wenn Sie mich den Hügel hinunter nach Hoppler-Ahoi! begleiten.«
Es brauchte noch einige weitere Aufforderungen und einige weitere Weizendarts in Uff!s Rücken, aber schließlich trottete er den Hügel hinab Richtung Hoppler-Ahoi! und ich begleitete ihn, peinlich darauf bedacht, dass sich sein massiger Körper stets zwischen mir und dem Feld befand.
Wie wir so hinunterliefen, sagte Uff!: »Keine Oger in Hobbnix . Warum? Hat Bingo Vorurteile? «
»Ein peinliches Versehen«, sprudelte es aus mir hinaus.
Weitere Kostenlose Bücher