Der Hochzeitsvertrag
meinte, was sie sagte. Und sie sprach für sie beide, ob sie das wusste oder nicht.
Manchmal fragte sich Nicholas, ob sein Vater auch einst damit begonnen hatte, gelegentlich bei Anfällen von schlechter Laune um sich zu schlagen. Bei Wutanfällen, die immer häufiger und stärker wurden, bis sie ihn zu dem machten, was er war. Sehr wahrscheinlich, entschied er. Ihn schauderte bei der Erkenntnis, dass er ein ähnlicher Mensch werden könnte, wenn er das zulassen würde: Herkunft und die Erziehung seines Vaters glichen seiner eigenen. Der einzige Unterschied war, dass sein Vater keine Freundin wie Emily Loveyne gehabt hatte.
Als Ambrose Hollander jung gewesen war, hatte er niemanden gehabt, der sich über Dinge, denen man als Junge viel zu viel Bedeutung beimaß, lustig machte, niemanden, der einen die Welt mit anderen Augen sehen ließ. Niemanden, der ihn wegen seines übersteigerten Selbstwertgefühls und seines übermäßigen Stolzes geneckt hatte. Nicholas' Mutter hatte den arroganten Mann, zu dem sein Vater herangewachsen war, gehasst. Und alle hatten es verstanden, auch er, sein eigener Sohn. Was für eine unglückselige Sippe die Hollanders doch waren!
Er sah Emily an und hielt ihrem skeptischen Blick stand. "Ich bin wirklich nicht wie mein Vater. Und ich möchte auch nicht so sein, Emily", versicherte er ihr. "Lass nicht zu, dass ich so werde."
"Das steht nicht in meiner Macht. Nur du kannst es verhindern." Sie räusperte sich. "Du … du warst doch nicht wirklich wütend darüber, weil ich nicht krank bin, oder?"
"Natürlich nicht! Du hast mir einen gehörigen Schrecken eingejagt gestern, Emily. Das ist alles. Ich war heute Morgen einfach ein wenig … ziemlich aufgelöst."
Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. "Nun gut. Vergessen wir das Ganze. Aber ich warne dich: Wenn dein Temperament je wieder mit dir durchgeht, musst du mir jedes Gedicht, das Byron je verfasst hat, vorlesen. Jedes!" Ihre Augen funkelten schalkhaft.
"Ich merke es mir." Nicholas wünschte sich, Emily wäre auch in anderer Hinsicht so wenig nachtragend. Weil sie so guter Laune zu sein schien, wagte er es, endlich ein Thema anzusprechen, das ihn beschäftigte. "Emily, wir müssen uns endlich über eine gewisse Sache unterhalten. Bist du dazu bereit?"
Das Lächeln erlosch. Sie zuckte die Schultern. "Wenn du möchtest …"
Er wusste kaum, wie er anfangen sollte. "Dir ist bekannt, dass ich dieses Schiff nie bestiegen hätte, wenn mein Vater mich nicht dazu gezwungen hätte. Ich schwöre dir bei allem, was mir heilig ist, dass er mich dazu gezwungen hat, abzufahren. Sonst wäre ich niemals von dir weggegangen."
Ungläubig sah sie ihn an. Dann senkte sie den Blick und nestelte an den Volants ihres Rocks, düster die Augenbrauen zusammenziehend. "Aber du bist nicht zurückgekommen!"
"Ich konnte nicht", erwiderte Nicholas. "Er hatte gedroht, deine Familie ins Verderben zu stürzen, wenn ich versuchen sollte, unsere Freundschaft … wieder aufleben zu lassen."
"Freundschaft?"
"Nun, ich dachte, wir wären Freunde!" meinte Nicholas. "Irgendjemand muss meinem Vater von dem Kuss erzählt haben, und da dachte er …"
"… was jeder in der Grafschaft dachte", unterbrach sie ihn. "Gut, gut. Er hat dich also auf ein Schiff nach Indien verfrachtet. Allerdings frage ich mich, wie er es Miss Worthing erklärt hat."
"Es gab keinen Grund, Dierdre irgendetwas zu erklären. Wir sind nicht verlobt, auch wenn mein Vater sich das gewünscht haben sollte." Nicholas seufzte. "Was soll ich dazu sagen?"
Prüfend musterte sie ihn. "Schwöre mir, dass du niemals versprochen hast, sie zu heiraten, Nicholas."
Er legte die rechte Hand auf sein Herz. "Ich schwöre."
Sie nickte langsam. "Gut, ich glaube dir. Aber du hättest mir das doch im Brief erklären können, warum du abreisen musstest. Dein Vater hätte nie davon erfahren."
Verblüfft sah Nicholas sie an. "Ich habe dir geschrieben!"
"Wie merkwürdig. Ich habe nie einen Brief von dir bekommen."
Dass sie seine Worte bezweifelte, drängte ihn in die Defensive. Warum traute sie ihm nur nicht? " Du hast mir nie geschrieben!" stellte er richtig.
"An welche Adresse hätte ich das wohl tun sollen? Jahrelang hatte ich keine Ahnung, wo du überhaupt warst. Erst als dein Vater begraben war, wurde bekannt, dass du in Indien bist. Du hättest überall sein können!" Sie schluckte, ihre Atmung wurde heftig. Sie würde doch nicht weinen?
Sie reagierte ziemlich heftig, das war kein gutes Zeichen. Besser, er
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