Der Hochzeitsvertrag
Worthing darüber informieren, dass er geheiratet hatte. Davor graute ihm. Doch erst einmal hatte er anderes zu tun, denn für den letzten gemeinsamen Abend in Bournesea Manor hatte Nicholas seinen Männern ein Fest versprochen. Es gab wahrlich Anlass zu feiern: Alle waren wieder gesund, und die Ausbreitung der Seuche war erfolgreich verhindert worden.
Nicholas verließ sein Arbeitszimmer, wo er sich die meiste Zeit aufhielt, und suchte nach seiner Frau. Er wollte sich bei Emily erkundigen, ob sie Hilfe bei den letzten Vorbereitungen brauchte. Er fand sie dabei vor, wie sie im Dienstbotenspeiseraum einige Blumengestecke ordnete.
"Es sieht wundervoll aus", sagte er und ließ seinen Blick über die große, festlich gedeckte Mahagonitafel wandern. "Ich wünschte nur, wir hätten mehr Blumen zur Verfügung."
Sie lächelte ihm flüchtig zu und wand eine Efeuranke um eine Porzellanschale. "Ja, Rosen wären schön", gestand sie seufzend ein. "Schade, dass ich nicht welche aus Vaters Garten holen kann."
"Soll ich nicht jemand schicken?" bot er an.
"Nein, lass nur, was ich an Pflanzen habe, reicht für den Abend völlig aus." Sie trat einen Schritt zurück und begutachtete zufrieden das Blumenarrangement, das sie vor sich stehen hatte. "Schlicht, aber elegant. Was meinst du?"
"Es ist wirklich ganz bezaubernd", versicherte er. Er wusste genau, dass keiner der Männer sich einen Deut um die Blumengestecke scheren würde, wenn nur Emily mit ihnen an der Tafel sitzen würde. Er warf ihr einen liebevollen Blick zu.
Sie erwiderte ihn mit einem Lächeln. Ihre Locken quollen zu beiden Seiten ihres Gesichts unter ihrem weißen Rüschenhäubchen hervor. Sie hatte wieder dasselbe schlichte Wollkleid an, das sie auch an dem Tag getragen hatte, an dem sie sich in Bournesea Manor eingeschmuggelt hatte. "Ich sehe bestimmt fürchterlich aus!" sagte sie und wischte sich die von den Blumenstielen schmutzigen Hände vorsichtig an einem Tuch ab.
"Ein Gentleman genießt und schweigt, heißt es", antwortete er. "Nimm dir Zeit, um zu baden, und ruh dich vor dem Fest noch ein bisschen aus. Joshua ist schon unterwegs, um deinen Vater abzuholen. Ich werde die beiden unterhalten, solange du dich frisch machst."
"Danke, aber ich werde mich nicht lange mit dem Umziehen aufhalten. Ich bin ja so aufgeregt!" erklärte sie und breitete ausgelassen die Arme aus. Ihre weiten Ärmel flatterten. "Der letzte Tag! Freiheit, ich grüße dich! Ach, wie freue ich mich darauf, endlich wieder unter Menschen zu kommen."
"Noch länger hätte es wirklich nicht dauern dürfen", bestätigte er. "Übrigens, ich habe Lofton und Simmons gebeten, dir dabei zu helfen, die Habe deiner Familie hierher zu bringen, während ich weg bin. Brauchst du noch mehr Männer?"
"Weg?" fragte sie erstaunt und ließ die Arme sinken. "Wohin willst du?"
"Nach London", erwiderte er. "Einige geschäftliche Dinge, die das Gut betreffen, müssen geregelt werden. Und ich werde außerdem wegen Handelsangelegenheiten bei Lord Chalmers vorsprechen."
Emily runzelte die Stirn. "Du wirst also sehr beschäftigt sein. Es ist gerade Saison, nicht?"
Nicholas nickte. Es gab gesellschaftliche Ereignisse, die er nicht versäumen durfte, wenn er in den nächsten Jahren seinen Titel nutzbringend einsetzen wollte. Er musste sich erst seinen Platz in der Gesellschaft sichern, den anderen zeigen, was für ein Mann er war, und Freundschaften schließen. Was nutzte ein Sitz im Oberhaus, wenn man nicht auch politischen Einfluss auf das Weltgeschehen nahm?
"Ich begleite dich natürlich", sagte Emily nach einem Moment des Zögerns.
Nicholas schüttelte den Kopf. "Ein anderes Mal, meine Liebe."
"Nein, dieses Mal", beharrte sie. "Wenn du mich hier zurücklässt, werde ich dir folgen."
"Warum kannst du ein Nein nicht akzeptieren? Du kommst nicht mit!"
"Doch."
"Warum willst du das tun?"
"Ich muss es tun", erklärte sie.
"Ach ja? Aber wieso?" Er verstand nicht, weshalb jemand nach London wollte, wenn es nicht notwendig war. Nicholas hasste Städte im Allgemeinen, englische wie indische, und London im Besonderen. Emily war im Gegensatz zu ihm nie aus Bournesea herausgekommen und wusste vermutlich gar nicht, wie schmutzig die Luft in London war, wie viel Elend man dort sah, wenn man nur die Augen aufmachte. Und sie ahnte bestimmt nicht, dass die Gesellschaft, von der sie glaubte, sie hieße sie willkommen, sie ablehnen würde. Wäre Emily nur nicht so neugierig!
"Es ist gefährlich dort", fügte er
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