Der höchste Preis (German Edition)
Bitte. Aber morgen früh werde ich offiziell vorgehen müssen. Aber bitte, wenn dir das lieber ist.“
Sie starrten sich sekundenlang an, wie zwei Schauspieler, die nicht wussten, ob das Stück, in dem sie auftraten, ein Melodram oder eine Tragödie war.
„Warum belassen wir es nicht einfach dabei, dass es ein Zufall war?“, sagte Schott schließlich.
„Weil ich nicht an Zufälle glaube. Es sei denn, man führt sie selbst herbei.“
„Okay, wie du willst.“
Schott holte seine Brieftasche hervor, schob der Bedienung einen Zehn-Euroschein über den Tresen zu und bedeutete Gruber, ihm nach draußen zu folgen. Gruber beeilte sich, mit ihm Schritt zu halten. Zugleich fragte er sich, was er wohl im Falle eines Fluchtversuchs unternehmen würde. Wie viel Vorsprung er Schott zugestehen könnte, ohne sich selbst dadurch in Schwierigkeiten zu bringen? Eine Stunde? Den Rest der Nacht? Nur dumm, dass man sie jetzt zusammen gesehen hatte, aber auch für das würde er eine Erklärung finden.
Schott wandte sich stadteinwärts, holte nach einigen Metern tief Luft und sagte, ohne Gruber dabei anzuschauen: „Ich dachte, mich trifft der Schlag, als sie plötzlich, fast nebenbei, sagt: mit deiner Schwester hat er’s ja auch gemacht ...“
„Du hattest bis dahin also tatsächlich keine Ahnung?“
„Nein. Nicht mal einen Verdacht. Das ist ja das Unglaubliche. Ich habe nichts gemerkt all die Jahre.“
„Verstehe ...“
„Und ich sage dir auch ganz ehrlich, dass ich vorhatte, mit ihm abzurechnen, und zwar richtig ...“ Schott blieb stehen, packte Gruber am Arm und brachte sein Gesicht ganz nah an das von Gruber. „Ja, ich hatte vor, ihn umzubringen, wenn du es genau wissen willst. Hatte mir schon alles zurechtgelegt. Wie und wohin mit der Leiche und so weiter.“
„Aber ...?“
„Nichts aber.“
Gruber war schockiert. „Du hättest ihn tatsächlich umgebracht, wenn jetzt diese Geschichte nicht dazwischen gekommen wäre?“
„Soweit man sich einer Sache sicher sein kann, ja ...“
Schott löste sich von Gruber und steckte sich im Weitergehen eine Zigarette an.
„Dann verstehe ich nicht ganz, wieso du ihm in die Hochfelln-Klause gefolgt bist?“, fragte Gruber. „Hast du keine Angst gehabt, dass er dich ansprechen, dass man euch zusammen sehen könnte?“
Schott zuckte mit den Schultern.
„Vielleicht. Aber ich dachte, ich gehe lieber rein, bevor ich draußen blöd rumhänge und es vielleicht jemandem auffällt. Außerdem hatte ich einen schlechten Abend und wollte unbedingt was trinken.“
„Und auch reden ...“
„Das auch.“ Schott blickte ihn erstaunt an. „Woher ...?“
„Es war nicht Hauser, der dich erkannt und verraten hat. Das warst du selber, du Depp. Mit deinem Gerede über Jimi Hendrix und Fehmarn ...“
„Echt? So ein Scheiß.“
Sie passierten, beide in Gedanken versunken, die Unterführung am Bahnhof und gingen hinab in Richtung Stadtplatz. Gruber war noch immer wie vor den Kopf gestoßen. Dass Schott zurück nach Traunstein gekommen war, um einen kaltblütigen Mord zu begehen! Es war einfach ungeheuerlich, der blanke Wahnsinn. So infantil, so dumm, so verantwortungslos.
„Soll ich dir sagen, was für dich spricht?“, sagte er dann.
„Unbedingt.“
„So wie ich dich kenne, wäre Hauser jetzt mausetot, hättest du wirklich auf ihn geschossen ...“
„Gut zu wissen. Du vertraust mir also?“
„Ich habe dir immer vertraut. Deswegen hätte ich dich damals auch umbringen können. Haust einfach so ab nach Berlin, ohne jemandem auch nur Bescheid zu geben. Hättest doch verweigern können, so wie der Brandl-Peter auch, oder?“
„Hätte ich, klar. Aber stell dir vor, irgendwiehatte ich keine Lust, wildfremden Menschen den Arsch abzuwischen.“
„Ja, ja, schon gut. Aber das hättest du auch anders bewerkstelligen können. Ein paar Leute haben dich wirklich sehr vermisst.“
Am Stadtpark angekommen, deutete Schott auf eine Bank und sie setzten sich. Schott steckte sich eine weitere Zigarette an und betrachtete seine Schuhe.
„Es gibt da allerdings immer noch ein paar Probleme“, sagte Gruber.
„Und die wären?“
„Allein schon die Tatsache, dass der Täter vier Mal daneben geschossen hat, könnte man darauf zurückführen, dass er betrunken war. Und das wiederum würde genau auf dich passen.“
„Hm, und was rätst du mir jetzt?“
„Kein Wort davon. Ich meine, sag kein Wort von dem, was du ursprünglich vorgehabt hast. Bleib einfach und stur bei der Behauptung,
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