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Der Hof (German Edition)

Der Hof (German Edition)

Titel: Der Hof (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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Richtung des Sees, und wir zucken beide zusammen, als kurz darauf ein zweiter Schuss durch die Nacht peitscht. Mathilde zieht mich vom Weg herunter. «Hier entlang!»
    Die Bäume schließen sich wie ein Tunnel um uns, als sie mich an der Weggabelung in Richtung der Schweinepferche zieht. Die Zweige schlagen mir ins Gesicht, während ich einfach nur hinter ihr herrenne und dabei versuche, meinen verletzten Fuß zu schonen. Schließlich tauchen wir in den Ammoniakgestank der Lichtung ein. Über uns strahlt der Vollmond wie ein Leuchtfeuer und hebt die Sauen hervor, die wie borstige Kissen schlafend herumliegen. Ich hoffe, sie wachen nicht auf, als ich hinter Mathilde weiterhumple. Fast rechne ich damit, dass sie auf der anderen Seite der Lichtung im Wald verschwindet, doch sie steuert stattdessen die Betonhütte an.
    «Hier rein», keucht sie und stößt die Tür auf.
    Mir bleibt keine Zeit zum Widerspruch. Ich eile hinein, und das Licht wird ausgesperrt, als beide Teile der Tür hinter uns zufallen. Der Gestank nach Innereien und altem Blut umgibt uns. Es ist stockdunkel, und unser abgehackter Atem klingt in dieser Enge viel zu laut. Es gibt kein Fenster, doch sobald sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben, sehe ich Lichtstreifen, die durch die Lücken zwischen den Steinen ins Innere dringen. Mathilde schiebt sich an mir vorbei und späht nach draußen.
    «Ist er da?», flüstere ich.
    «Ich weiß nicht. Glaube ich aber nicht.»
    Ich will selbst schauen, und meine Schulter streift etwas, das gedämpft klirrt. Ich zucke zusammen, doch dann fällt mir die Kette ein, die vom Flaschenzug hängt. Ich packe sie in der Dunkelheit, damit sie nicht länger hin und her schwingt, drücke mein Gesicht gegen eine der Schießscharten in der groben Wand und blinzle, während mein Atem Staub und Sand wegbläst. Der schmale Spalt erlaubt mir zwar keinen großen Überblick, und die Lichtung wird bereits wieder von einer Wolke in Dunkelheit getaucht. Aber von Arnaud ist nichts zu sehen.
    «Wenn er uns gesehen hätte, wäre er längst hier», murmelt Mathilde. Wenigstens schlucken die Wände unseres Verstecks unsere Stimmen. Arnaud hätte schon direkt vor der Hütte stehen müssen, um etwas zu verstehen. «Er hat vermutlich nur auf irgendwelche Schatten gezielt.»
    «Dann lass uns von hier verschwinden.» Schon jetzt bereue ich es, hergekommen zu sein. Ich steuere die dünne Linie aus Licht an, die unter der Tür durch in den Raum dringt, aber Mathilde hält mich auf.
    «Nein. Noch nicht.»
    «Warum nicht? Sollten wir nicht zurückgehen, solange er am See ist?»
    «Vielleicht ist er auch schon auf dem Rückweg. Wenn wir jetzt rausgehen, könnten wir ihm direkt in die Arme laufen.»
    Sie hat recht, doch dieser Ort ist mir verhasst, und ich will nicht länger hierbleiben. Die Wände der Hütte halten eine kleinkalibrige Kugel vielleicht ab, doch sobald Arnaud kapiert, dass wir hier sind, stecken wir in der Falle.
    «Was ist mit dem Wald auf der anderen Seite der Lichtung? Können wir da lang?»
    «Das ist zu gefährlich. Es gibt keinen Weg, und mein Vater hat auch dort Fallen gestellt.»
    Himmel. Ich versuche nachzudenken. «Und was machen wir jetzt?»
    «Wir warten. In ein paar Minuten gehe ich nach draußen und schaue, ob die Luft rein ist.»
    «Und was, wenn nicht?»
    «Dann erzähle ich ihm, du wärst entkommen, als er am See war. Sobald er zu Bett gegangen ist, komme ich zurück und hole dich.»
    Mathilde klingt so ruhig wie immer. Für einen Moment flammt in mir die absurde Angst auf, sie könnte ihren Vater herbringen. Natürlich ist das lächerlich. Sie würde nicht diesen ganzen Aufwand betreiben, wenn sie mir irgendeinen Schaden zufügen wollte. Ich muss ihr einfach vertrauen.
    Ich setze mich vorsichtig auf den Boden, während sie erneut nach draußen schaut. Hoffentlich bekomme ich meinen Wanderstiefel an. Mein Fuß fühlt sich wund und geschwollen an. Ich wische den Dreck herunter und schnappe unwillkürlich nach Luft, als ich dabei das zerschundene Fleisch berühre.
    «Geht’s dir gut?», erkundigt Mathilde sich.
    Ich nicke, bevor mir einfällt, dass sie mich nicht sieht. «Es ist nur mein Fuß.»
    «Warte, lass mich das machen.» Ein Rascheln, dann hockt sie vor mir, und kühl umschließen ihre Hände meinen Fuß, während sie ihn behutsam in der Dunkelheit abtastet. Ich ziehe scharf die Luft ein, als sie in etwas Weiches drückt. «Du hast dir die Wunden wieder aufgerissen und eine Schnittwunde am Spann. Hast du

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