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Der Hof (German Edition)

Der Hof (German Edition)

Titel: Der Hof (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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Katzenfutterhersteller.»
    Ich weiß nicht, was ich sagen soll. «Glückwunsch.»
    «Sie haben sie nicht genommen.» Schulterzucken. «War sowieso Mist.»
    Danach schweigen wir beide. Kurze Zeit später erreichen wir den Außenbezirk von London. Sie trommelt frustriert auf das Lenkrad, weil der Verkehr so langsam fließt. Als wir Earl’s Court erreichen, fährt sie bei der U-Bahn-Station links ran und lässt den Motor laufen. Ich suche nach etwas, um den Moment noch länger hinauszuzögern, aber sie wartet wohl nur, dass ich verschwinde.
    «Also dann … Danke fürs Mitnehmen.»
    «Gern geschehen.»
    Ich hatte eigentlich vor, sie nach ihrer Telefonnummer zu fragen, aber sie scheint in Gedanken meilenweit weg zu sein. Also steige ich aus und versuche, meinen Rucksack vom Rücksitz zu zerren.
    «Ich kenne ein paar Leute an einer privaten Sprachenschule», sagt sie plötzlich. «Die brauchen noch Englischlehrer. Ich könnte ein gutes Wort für dich einlegen.»
    Das Angebot überrascht mich. «Ich habe aber gar keine Ausbildung als Lehrkraft.»
    Diesen Einwand tut sie mit einem Schulterzucken ab. «Du kannst bestimmt einen Kurs Englisch als Fremdsprache geben. Sprichst du Französisch?»
    «Ja, aber …»
    «Da hast du’s. Sie haben viele französische Schüler.»
    Ich habe nie im Leben irgendwem etwas beigebracht. Habe es gar nicht als Möglichkeit in Erwägung gezogen. Andererseits habe ich auch keine anderen Pläne.
    «Danke, das wäre toll.» Ich atme tief durch. «Wie wär’s, also, … ich weiß nicht … Wollen wir mal was trinken gehen?»

KAPITEL  3
    Ich bin wieder an dem Bach, wo ich das Auto abgestellt habe. Das Wasser ist klar und fließt schnell, aber als ich meine Hände hineinhalte, kann ich es nicht spüren. Es hat dieselbe Temperatur wie mein Körper. Ich versuche, das festgetrocknete Blut unter meinen Fingernägeln herauszukratzen, aber je mehr ich mich anstrenge, umso mehr Blut scheint dort zu kleben. Das Wasser ist schon ganz trüb davon und hat eine dunkelrote Farbe angenommen und fließt jetzt so über meine Handgelenke. Ich weiß, von irgendwo rinnt mein eigenes Blut in den Bach, aber das bringt mich nur dazu, noch heftiger zu schrubben. Als ich meine Arme aus dem Wasser hebe, sind sie rot und tropfen von den Ellenbogen abwärts.
    Ich will sie gerade wieder ins Wasser halten, als ich den Krampf in meinem Fuß spüre.
    Ich wende den Kopf und schaue nach unten. Ich liege auf der Matratze, und Sonnenlicht flutet den Dachboden. Dieses Mal bin ich nicht verwirrt, habe nicht das Gefühl eines Aussetzers. Ich weiß sofort, wo ich bin. Ich liege da und starre zur Decke und warte, bis die letzten Traumfetzen verblasst sind und mein Herzschlag sich wieder normalisiert hat.
    Der Traum ist zwar vorbei, aber mein Fuß schmerzt immer noch. Und jetzt marschieren noch andere Schmerzen durch meinen Körper, als würde zum Morgenappell gerufen. Dann kommt die Erinnerung wieder, und ich schaue zu meinem Rucksack.
    Deutlich ist der Stiefelabdruck darauf zu erkennen.
    Der Anblick lässt die Gefühle wieder hochkommen.
Was sollte das alles überhaupt?
Ich bin verwirrter als ohnehin schon, aber unter der Wut und der Scham ist auch eine gewisse Erleichterung.
    Wenigstens bin ich kein Gefangener.
    Das schwarze Schaukelpferd beobachtet mich mit einem bösartigen Auge, als ich meine morgendlichen Schmerztabletten mit lauwarmem Wasser aus einer der Weinflaschen neben dem Bett runterspüle. Laut meiner Uhr ist es acht, aber Frühstück ist noch nicht in Sicht. Ich habe wieder Hunger, was wohl ein gutes Zeichen ist. Bis auf ein paar Kratzer und eine Beule, wo ich mit dem Kopf aufgeschlagen bin, scheint nicht mal der Sturz von der Treppe ernsthaften Schaden angerichtet zu haben. Nur mein Stolz ist angeknackst.
    Ferne Geräusche unterbrechen die morgendliche Stille: das Peitschen eines Schusses, dem rasch ein zweiter folgt. Offensichtlich ist Mathildes Vater draußen unterwegs und versucht, seine Aggressionen an der lokalen Tierwelt auszulassen, überlege ich. Unwillkürlich sehe ich ihn vor mir, das Jagdgewehr unter den Arm geklemmt. Ich starre zu der mit Spinnweben behangenen Decke hoch und versuche, die Ereignisse des gestrigen Tages irgendwie in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen. Ich muss auf jeden Fall schleunigst von hier verschwinden, so viel steht fest. Doch sobald ich weiter als über die unmittelbare Zukunft nachdenke, überwältigt mich eine Welle der Verzweiflung. Ich hatte schon genug Probleme, bevor ich

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