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Der Hof (German Edition)

Der Hof (German Edition)

Titel: Der Hof (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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und lässt die Grübchen aufblitzen.
    «Bitte! Er ist echt schwer.»
    Sie besteht darauf, dass wir den Eimer gemeinsam zwischen uns tragen, jeder mit einer Hand am Henkel. Nachdem wir so mühsam ein paar Meter hinter uns gebracht haben und Gretchen dabei ständig kichert, verliere ich die Geduld und trage den Eimer alleine. Er ist nicht annähernd so schwer, wie sie es hat aussehen lassen, aber jetzt ist es zu spät. Ich hoffe, dass Arnaud keinen Anstoß daran nimmt, schließlich helfe ich, seine Schweine zu füttern.
    «Lassen Sie sich jetzt einen Bart stehen?», fragt Gretchen. Wir folgen dem Feldweg zwischen den Rebstöcken.
    Ihre Frage macht mich verlegen, denn ich bin mir der Bartstoppeln durchaus bewusst. «Eigentlich nicht. Ich hab mich nur nicht rasiert.»
    Gretchen neigt den Kopf und lächelt, während sie nachdenkt. «Darf ich mal anfassen?»
    Bevor ich etwas sagen kann, streckt sie die Hand aus und streichelt meine Wange. Der Geruch nach verbranntem Karamell steigt von ihrem von der Sonne aufgeheizten Arm auf. Ihre Grübchen vertiefen sich noch mehr, als sie die Hand wieder sinken lässt.
    «Das passt zu Ihnen. Gefällt mir.»
    Der Hund stürmt voran, als wir den Kastanienwald erreichen. Gretchen nimmt einen schmalen Pfad, der vom Feldweg abzweigt. Er führt zwischen den Bäumen zu einer Lichtung, auf der aus Draht und unbehandelten Holzbohlen ein großer Pferch errichtet ist. Etwas abseits steht eine unschöne Hütte aus Betonziegeln, aber Gretchen geht daran kommentarlos vorbei und steuert direkt den Pferch an.
    Die Luft ist auf der Lichtung erfüllt vom Summen der Fliegen. Der Ammoniakgestank ist so beißend, dass es in meinen Nebenhöhlen weh tut. Etwa ein Dutzend Tiere liegt ausgestreckt auf dem aufgewühlten Erdreich. Das einzige Anzeichen von Leben ist das gelegentliche tiefe Grunzen oder das Zucken eines Ohrs. Sie ähneln keinem Schwein, das ich bisher gesehen habe. Sie sind riesig und mit einem rauen, borstigen Pelz überzogen. Unter Wellblechdächern liegen sie zusammengekauert, als hätte jemand sie in den Dreck geworfen.
    Gretchen öffnet ein Tor im Zaun und betritt das Gehege. «Wo ist Georges?», frage ich und schaue unbehaglich zu den sich sonnenden Viechern. Von dem Alten ist nichts zu sehen.
    «Er geht nachmittags immer zum Essen nach Hause.» Sie hält für mich das Tor offen. «Kommen Sie nicht mit?»
    «Ich glaube, ich warte lieber hier.»
    Sie lacht. «Die tun Ihnen nichts.»
    «Ich bleibe trotzdem lieber draußen.»
    Mir ist immer noch ein bisschen unwohl, hier zu sein. Aber mit dem Eimer den ganzen Weg hierherzuhumpeln hat mich ermüdet. Ich muss erst wieder zu Atem kommen, bevor ich mich an den Rückweg mache. Gretchen nimmt den Eimer – der offensichtlich nicht mehr so schwer ist – und schiebt den Hund zurück, der versucht, durch das Tor in den Pferch zu gelangen. Sie geht zu dem Trog, und ein paar Schweine heben den Kopf und grunzen fragend, als sie den Eimer in den Trog leert. Aber nur ein, zwei Schweine machen sich die Mühe, aufzustehen und hinüberzutrotten. Mich erfüllt die Größe dieser Viecher mit Ehrfurcht. Riesige Fleischberge, die auf lächerlich schmalen, dürren Beinen balancieren. Ein Pferderumpf auf Cocktailspießen.
    Gretchen kommt wieder heraus und schließt das Tor hinter sich.
    «Was hast du gesagt, sind das für Tiere?», frage ich.
    «Sanglochons. Wildschweine mit schwarzen Hausschweinen gekreuzt. Papa züchtet sie schon seit Jahren, und Georges verkauft für uns das Fleisch in der Stadt. Es ist sehr beliebt. Viel besser als das gewöhnliche Schweinefleisch.»
    Eines der Tiere kommt zum Zaun geschlendert. Gretchen hebt eine runzlige Rübe, die unter dem Zaun durchgekullert ist, vom Boden auf und wirft sie wieder ins Gehege. Das Schwein zermalmt sie mühelos. Allein der Anblick lässt meinen Fuß wieder schmerzen.
    Aber Gretchen ist völlig sorglos. Sie krault das Sanglochon hinter den Ohren, während es mit gesenktem Kopf nach noch mehr Futter schnüffelt. Der Schwung seines Mauls lässt es so aussehen, als würde das Schwein dümmlich grinsen.
    «Macht es dir nichts aus?», frage ich. «Dass sie getötet werden, meine ich.»
    «Warum sollte es?» Sie klingt ehrlich verwirrt. Ihre Hand kratzt die harten Borsten auf dem Kopf des Schweins. «Sie können es auch streicheln, wenn Sie wollen.
    «Nein danke.»
    «Es beißt nicht.»
    «Ich glaub’s dir auch so.» Ich habe schon vorhin ein kleineres Gehege bemerkt, das etwas abseits von dem großen Pferch

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