Der Hof (German Edition)
herum, den er zwischen seinen Zähnen gefunden hat. «Ich erwarte von den Leuten, meine Privatsphäre zu respektieren», sagt er schließlich. «Sie bleiben auf jeden Fall in der Scheune. Sie können Ihre Mahlzeiten da drüben bekommen. Ich will Sie nicht häufiger sehen als unbedingt nötig. Ich zahle Ihnen fünfzig Euro pro Woche, wenn ich finde, dass Sie sich das Geld verdient haben. Nehmen Sie’s, oder lassen Sie’s bleiben.»
«Okay.»
Es ist ein Hungerlohn, aber das Geld ist mir egal. Dennoch lässt das Funkeln in Arnauds Augen mich bereuen, so schnell zugestimmt zu haben. Es ist ein Fehler, ihm gegenüber auch nur ansatzweise Schwäche zu zeigen.
Er mustert mich von oben bis unten und versucht, mich einzuschätzen. «Das ist alles Mathildes Idee und nicht meine. Sie gefällt mir nicht, aber am Haus muss viel getan werden, und weil sie anscheinend denkt, wir sollten einen englischen Versager dafür einstellen, lass ich ihr den Willen. Ich werde Sie trotzdem im Auge behalten. Kommen Sie mir nur einmal in die Quere, dann werden Sie’s bereuen. Ist das klar?»
Und ob. Er starrt mich noch ein paar Augenblicke an, bis er sicher ist, dass seine Worte ihre Wirkung nicht verfehlt haben. Dann greift er wieder nach dem Gewehr.
«Und jetzt verschwinden Sie.» Er beginnt, mit einem öligen Tuch die Waffe zu polieren. Ich humple zur Tür und bin gleichermaßen wütend und gedemütigt. «Eine Sache noch.»
Arnauds Augen sind eiskalt, als er mich über den Lauf des Gewehrs hinweg anstarrt.
«Halten Sie sich von meinen Töchtern fern.»
KAPITEL 7
Es ist zu heiß, um auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, nach meiner Audienz bei Arnaud wieder aufs Gerüst zu klettern. Außerdem ist Essenszeit. Als Mathilde mit dem Tablett nach draußen kommt, nehme ich meinen Teller mit in den Schatten der Scheune. Ich muss mich abkühlen, und das in jeder Hinsicht. Ich habe immer noch Schmerzen und frage mich bereits, ob ich nicht besser mein Glück auf der Straße versuchen sollte. Aber mir widerstrebt allein die Vorstellung, und das ist wohl Antwort genug. Das Einzige, was jenseits der Grenzen dieses Landsitzes auf mich wartet, ist Ungewissheit. Ich brauche Zeit, um für mich herauszufinden, was ich tun werde. Und wenn das bedeutet, dass ich mich Arnauds Regeln unterwerfen muss, kann ich damit leben.
Ich habe schon Schlimmeres überstanden.
Zum Mittag gibt es heute Brot mit Tomaten und dazu ein Stück dunkle und sehr würzige Wurst, von der ich vermute, sie ist hausgemacht. Es gibt außerdem etwas, das sich bei genauerer Betrachtung als eingelegte Kastanien herausstellt, und zum Nachtisch eine kleine, gelbe Birne. Ich glaube nicht, dass ich seit meiner Ankunft hier etwas gegessen habe, das nicht auf dem Hof gezogen oder produziert wurde.
Ich esse alles auf und nage die Birne bis zum Stiel und dem harten Inneren ab. Dann lehne ich mich zurück und habe Lust auf eine Zigarette. Das würzige Essen hat mich durstig gemacht, ich will in die Scheune und überquere gerade das rechteckige Stück Beton inmitten der Pflastersteine, als meine Krücke in einem tiefen Riss stecken bleibt. Nicht genug Zement, denke ich und kratze mit der Krücke an den bröckelnden Rändern herum. Wenn das derselbe Bauarbeiter gemacht hat, der auch die Arbeiten am Haus zu verantworten hat, hat er in beiden Fällen ziemlich schlecht gearbeitet.
Ich drehe den Wasserhahn auf und trinke aus der hohlen Hand. Das Wasser ist kalt und sauber, und ich spritze etwas davon in mein Gesicht und meinen Nacken. Danach wische ich es mir aus den Augen und verlasse die Scheune. Dabei stoße ich fast mit Gretchen zusammen.
«Entschuldige, ich hab dich nicht gesehen», sage ich.
Sie lächelt. Sie trägt ein knappes T-Shirt und eine abgeschnittene Jeans, die so kurz ist, dass mich wundert, dass Arnaud sie so rumlaufen lässt, und hat einen Plastikeimer in der Hand. Der Springer Spaniel, der sie überallhin begleitet, wuselt mit wedelndem Schwanz um meine Füße. Ich kraule ihn hinter den Ohren.
«Ich bringe ein paar Küchenabfälle zu den Sanglochons. Aber ich glaube, ich hab den Eimer zu voll gemacht.» Sie hält ihn mit beiden Händen und tut so, als wäre er echt schwer. «Sie könnten mir helfen, wenn Sie sonst nichts zu tun haben.»
Ich versuche, mir eine plausible Entschuldigung auszudenken. Die Warnung ihres Vaters haftet mir noch frisch im Gedächtnis, und ich bin nicht sicher, wie ich mit der Krücke den Eimer so weit tragen soll. Gretchen grinst breit
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