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Der Hof (German Edition)

Der Hof (German Edition)

Titel: Der Hof (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beckett
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haben wir nicht. Sie ist ausgerissen.»
    Georges sieht nur sie an. Ich bin nicht besonders glücklich, dass sie mich zum Komplizen ihrer Lüge macht, aber ich widerspreche nicht. Und es ist auch nicht so, dass ihn überhaupt interessiert, was ich zu sagen hätte.
    «Du sollst den Hund nicht mit hierherbringen», wiederholt er. Dann geht er an uns vorbei zu dem Gehege. Der Keiler schnappt nach ihm, als er über den Zaun greift, aber dann verraucht seine Wut, und er lässt sich am Kopf kraulen. Ich kann hören, wie Georges beruhigend auf das Tier einredet, ohne dass ich verstehen könnte, was genau er sagt.
    Hinter seinem Rücken verzieht Gretchen das Gesicht zu einer Grimasse. «Kommen Sie. Wir dürfen Georges’ wertvolle Schweine nicht verärgern.»
    Wütend schlägt sie nach dem Unterholz, als wir die Lichtung verlassen. «Der ist wie ein altes Weib. Alles, was ihn interessiert, sind diese dämlichen Schweine. Er stinkt sogar wie sie, ist Ihnen das aufgefallen?»
    «Eigentlich nicht.» Es war mir tatsächlich aufgefallen, aber ich werde mich jetzt nicht mit ihr verbrüdern. Es war von Anfang an keine gute Idee, sie zu begleiten, und ich will jetzt nur noch zurück zum Haus, ehe Arnaud uns zusammen sieht.
    «Das liegt am Essig, mit dem er sie einreibt», fährt sie ungerührt fort. «Er behauptet, damit wird ihre Haut vor der Sonne geschützt, aber eigentlich stinkt er danach nur so schlimm wie sie.»
    Nicht bloß Georges. Als wir uns der Scheune nähern, erkenne ich, dass ein gewisser Duft uns von den Gehegen herbegleitet hat.
    «Was ist das für ein Geruch?», fragt Gretchen und schnuppert.
    Ich schaue auf die Flecken auf meiner Jeans und meinen Händen. «Oh Scheiße …»
    «Sie stinken ja noch schlimmer als Georges!», lacht sie und weicht vor mir zurück.
    Sie hat recht, aber wenigstens wird sie auf diese Weise nicht ermutigt, sich länger in meiner Nähe aufzuhalten. Ich warte, bis sie wieder im Haus verschwunden ist, ehe ich mein T-Shirt ausziehe. Ich verziehe angewidert das Gesicht und gehe in die Scheune, um mich zu waschen.
     
    Der Gestank nach Sanglochon klebt hartnäckig in meiner Nase, als ich den Innenhof überquere und an das Gerüst trete. Die Sonne hat in der Stunde, seit Gretchen und ich zurückgekommen sind, ihre Kraft eingebüßt, aber über dem Pflaster flirrt noch immer die Hitze. Bis in die kleine, feuchte Kammer dringt die Wärme allerdings nicht vor. Nach der blendenden Helligkeit im Hof habe ich das Gefühl, eine Krypta zu betreten. Ich blockiere die Tür mit einem Sandsack, damit sie nicht zufällt, und warte, bis die Schatten im Innern Formen annehmen, ehe ich die Kammer betrete.
    Es hat schon etwas Unheimliches, wie hier alles einfach stehen gelassen wurde. Die Mörtelkelle im versteinerten Beton, die verstreut herumliegenden Werkzeuge und Materialien – das alles erinnert mich an eine archäologische Fundstelle. Als meine Augen sich an das Dunkel gewöhnt haben, greife ich hinter die Tür und nehme dort vom Haken, wonach ich eigentlich gesucht habe.
    Der Overall ist rot – oder war es zumindest irgendwann mal. Jetzt ist er mit getrocknetem Mörtel, Dreck und Öl verkrustet. Mathilde hat gesagt, ich solle mir alles nehmen, was ich brauche. Meine Haut kribbelt bei dem Gedanken, den Overall zu tragen, aber immerhin wird er mich vor der Sonne schützen. Und er ist zwar verdreckt, aber wenigstens stinkt er nicht nach Schweinemist.
    Ich lehne meine Krücke gegen die Wand, ziehe mich bis auf die Shorts aus und streife dann den Overall über. Die feuchte Baumwolle fühlt sich unangenehm klamm an und riecht schal nach altem Schweiß. Obwohl er etwas zu geräumig ist, passt er gar nicht so schlecht, weshalb ich vermute, dass er dem früheren Bauarbeiter gehört hat. Für Arnaud sind die Hosenbeine zu lang, und Georges würde in eine der Taschen passen.
    Ich durchsuche die Taschen, als ich wieder nach draußen trete. Ich finde ein Paar Arbeitshandschuhe aus Leder, die so steif und gekrümmt sind, dass sie mich an amputierte Hände erinnern. Ich lege sie ebenso beiseite wie einen Bleistiftstumpf und einen kleinen Notizblock, der mit gekritzelten Zeichnungen und Maßen gefüllt ist. Das scheint alles zu sein. Aber dann, als ich die Taschen noch einmal abklopfe, finde ich noch etwas anderes.
    Ein Kondom, das noch eingeschweißt ist. Nicht unbedingt das, was ich in einem Arbeitsoverall zu finden erwartet habe. Ich schaue zu dem Vorratsraum zurück, als mir etwas einfällt. Vorher habe ich

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