Der Hof (German Edition)
Overall bis zur Taille runtergekrempelt und die Ärmel zusammengebunden. Sogar Arnaud öffnet sein Hemd und entblößt dabei einen Oberkörper, der so haarlos und bleich wie Milch ist, verglichen mit dem Nussbraun von Gesicht und Hals. Eine Welle säuerlichen Schweißes steigt von ihm auf. Unsere Kommunikation beschränkt sich auf Gesten und Zeichen. Das Heulen der Motorsäge hallt weit hörbar durch den Wald, während wir den Baum entasten.
Schließlich ist es geschafft. Ich schalte die Motorsäge in den Leerlauf und schalte sie endlich aus. Der Motor verstummt stotternd.
Die plötzliche Stille fühlt sich zu schwer an, der Wald trägt sie nicht. Jedes Geräusch scheint durch die Stille verstärkt zu werden.
«Machen wir eine Pause», schlägt Arnaud vor.
Ich stelle die Säge ab und plumpse auf den Boden, lehne mich gegen eine Statue. Meine Haut ist von Ölspritzern und Sägespänen übersät. Arnaud verzieht schmerzlich das Gesicht, als er sich wieder auf dem Stumpf niederlässt, auf dem er vorhin schon gehockt hat.
«Was ist mit Ihrem Rücken passiert?», frage ich.
«Ich bin die Treppe runtergefallen.» Er lächelt humorlos. «So wie Sie.»
Ich hoffe, es hat richtig weh getan, denke ich und ziehe die Zigaretten aus der Tasche. Er klopft seine Pfeife aus und beginnt, sie zu stopfen, während ich in dem Overall, der mir um die Hüften hängt, nach meinem Feuerzeug taste. «Feuer?»
Arnaud wirft mir eine Schachtel Streichhölzer zu, die ich überrascht auffange. «Danke.»
Ich zünde mir die Zigarette an und genieße den Moment, als das Nikotin durch meine Blutbahn schießt und die Muskeln sich langsam entspannen. Ich höre, wie Arnaud genüsslich an seiner Pfeife schmaucht und die Luft leise durch den Pfeifenkopf zieht. Der erste Vogel riskiert einen zaghaften Ruf. Langsam kehrt das Leben im Wald zur Normalität zurück. Ich ziehe an der Zigarette und lege den Kopf in den Nacken.
Ich höre Arnaud leise lachen. «Was ist?», frage ich.
«Ich habe nur gerade Ihre Nackenstütze bewundert.»
Ich drehe mich um und stelle fest, dass ich mich gegen die Statue des Pan gelehnt habe. Der Schritt des heidnischen Gotts ist direkt hinter meinem Kopf.
Ich lehne mich wieder dagegen. «Wenn’s ihm nichts ausmacht, stört’s mich auch nicht.»
Arnaud schnaubt, aber er scheint seinen Spaß zu haben. Er nimmt die Pfeife aus dem Mund und klopft den Pfeifenkopf gegen seine Schuhsohle. Dann kratzt er die Asche mit dem Fuß unter die Erde, aber er steckt die Pfeife nicht weg. «Was glauben Sie, wie viel die wert sind?», fragt er plötzlich.
Für einen Augenblick denke ich, er meint die Bäume, aber dann realisiere ich, dass er über die Statuen redet.
«Keine Ahnung.»
«Nein? Sie sind doch so klug. Ich dachte, Sie wissen alles.»
«Jedenfalls nicht über geklaute Statuen.»
Arnaud zieht ein Taschenmesser mit kurzer Schneide heraus und beginnt, den Pfeifenkopf auszukratzen. «Wer hat behauptet, dass sie geklaut sind?»
«Sie würden sie wohl kaum hier unten im Wald verstecken, wenn es nicht so wäre.» Ich werde ihm nicht verraten, dass ich das von Gretchen weiß. «Warum haben Sie sie nicht verkauft?»
«Warum kümmern Sie sich nicht um Ihren eigenen Kram?» Er wühlt mit dem Messer im Pfeifenkopf, aber lässt beides nach einem Moment wieder sinken, als habe er vergessen, was er damit wollte. «Ist nicht so einfach. Man muss vorsichtig sein, wem man die Dinger anbietet.»
Sehr vorsichtig sogar, denke ich. Nach dem Gras zu urteilen, das die Statuen überwuchert, stehen sie schon einige Zeit hier. «Wenn Sie keine Käufer dafür haben, wieso haben Sie dann so viele davon?»
«Ich hatte einen … Geschäftspartner. Er meinte, er würde einen Händler kennen, der sie uns förmlich aus den Händen reißen würde.»
Ich drücke meine Zigarette aus. «Was ist passiert?»
Arnaud kneift den Mund verbittert zusammen. «Er hat mich hängenlassen. Hat mein Vertrauen missbraucht.»
Es ist fast dieselbe Formulierung, die Gretchen in Bezug auf Michels Vater benutzt hat. Ich würde all mein Geld darauf setzen, dass er und dieser «Geschäftspartner» ein und derselbe Mann sind, nämlich der Mann, dessen dreckigen Overall ich im Moment trage. Kein Wunder, dass sie nicht über ihn reden wollen.
«Und warum werden Sie die Dinger nicht einfach los?», frage ich.
Er schnaubt. «Wenn Sie die mal hochheben wollen, tun Sie sich keinen Zwang an.»
«Sie haben es schließlich auch geschafft, sie hierherzubringen.»
«Wir hatten
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