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Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag

Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag

Titel: Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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drei. Clausen, von Tiebolt und Kessler. Sagen Sie, wissen Sie, wie Ihr Vater gestorben ist?«
    »Er hat Selbstmord begangen. Das war damals nicht ungewöhnlich. Als das Reich zusammenbrach, haben sich viele Menschen umgebracht. Für die meisten war das so leichter.«
    »Für manche war es die einzige Möglichkeit.«
    »Nürnberg?«
    »Nein. Genf. Um Genf zu schützen.«
    »Ich verstehe Sie nicht.«
    »Sie werden mich gleich verstehen«. Holcroft klappte seinen Aktenkoffer auf und nahm die Blätter heraus, die er zusammengeheftet hatte, und gab sie Kessler. »Es gibt eine Bank in Genf mit einem Konto, das nur auf übereinstimmenden Wunsch von drei Leuten für bestimmte Zwecke freigegeben werden kann ... «
    So, wie er das schon zweimal getan hatte, schilderte Noel den ungeheuren Diebstahl, der vor mehr als dreißig Jahren stattgefunden hatte. Aber Kessler schilderte er alles. Im Gegensatz zu seinem Gespräch mit Gretchen war da nichts, was er zurückhielt, und er erzählte seine Geschichte auch nicht in Stufen, so wie er es bei Helden getan hatte. Er ließ nichts aus.
    »...Gelder wurden aus den besetzten Gebieten abgezogen, aus dem Verkauf von Kunstgegenständen und der
Plünderung von Museen. Soldgelder der Wehrmacht flossen in andere Kanäle, Millionen wurden dem Ministerium für Bewaffnung und Munition gestohlen und dem – ich kann mich an den Namen nicht erinnern, das steht in dem Brief – , aber jedenfalls von der Industrie. Alles wurde in der Schweiz bei einer Bank deponiert, in Genf, mit Hilfe eines Mannes namens Manfredi.«
    »Manfredi? Der Name kommt mir bekannt vor.«
    »Das überrascht mich nicht«, sagte Holcroft. »Obwohl ich mir nicht vorstellen kann, daß man ihn sehr häufig erwähnt hat. Wo haben Sie den Namen gehört?«
    »Ich weiß nicht. Das war nach dem Krieg, denke ich. «
    »Von Ihrer Mutter?«
    »Ich glaube nicht. Sie ist im Juli fünfundvierzig gestorben und war die meiste Zeit im Krankenhaus. Von jemand anders... Ich weiß nicht. «
    »Wo haben Sie denn gelebt, wo Ihre Mutter und Ihr Vater doch tot waren?«
    »Mein Bruder und ich zogen zu unserem Onkel, dem Bruder meiner Mutter. Das war ein Glück für uns. Er war ein älterer Mann und hatte für die Nazis nie viel übrig. Die Besatzungsmächte waren ihm wohlgesinnt. Aber fahren Sie doch bitte fort.«
    Das tat Noel. Er berichtete von der genauen Eignungsprüfung, die Direktoren der Grande Banque de Genève forderten, was ihn auf das Thema Gretchen Beaumont brachte. Er erzählte Kessler von der geheimen Auswanderung der von Tiebolts nach Rio, von der Geburt Heldens, dem Tod ihrer Mutter und ihrer schließlichen Flucht aus Brasilien.
    »Sie nahmen den Namen Tennyson an und leben jetzt seit fünf Jahren in England. Johann von Tiebolt ist als John Tennyson bekannt. Er ist Reporter für den Guardian. Gretchen hat einen Mann namens Beaumont geheiratet, und Helden ist vor einigen Monaten nach Paris gezogen. Den Bruder habe ich noch nicht kennengelernt, aber ich habe mich mit Helden... angefreundet. Sie ist ein bemerkenswertes Mädchen. «
    »Ist sie der >Jemand<, mit dem Sie gestern abend zusammen waren?«

    »Ja«, erwiderte Holcroft. »Ich will Ihnen von ihr erzählen, was sie durchgemacht hat, was sie jetzt durchmacht. Sie und Tausende wie sie sind Teil der Geschichte.«
    »Ich glaube, davon weiß ich«, sagte Kessler. »Die Verfluchten Kinder. «
    »Die was?«
    »Die Verfluchten Kinder.« Er hatte die deutschen Worte gebraucht und erklärte sie jetzt Holcroft. »Es bedeutet so viel wie verdammt.«
    »Die Kinder der Verdammten«, sagte Noel. »So hat sie gesagt.«
    »Das ist ein Begriff, den sie sich selbst gewählt haben. Tausende junger Leute – jetzt nicht mehr so jung – , die aus dem Land flohen, weil sie selbst überzeugt waren, daß sie nicht mit der Schuld Nazideutschlands leben konnten. Sie lehnten alles Deutsche ab, suchten sich eine neue Identität, eine neue Art zu leben. Sie haben eine gewisse Ähnlichkeit mit jenen Scharen junger Amerikaner, die die Vereinigten Staaten verlassen und sich in Kanada und Schweden niedergelassen haben, um gegen die Vietnampolitik zu protestieren. Diese Gruppen bilden Subkulturen, aber niemand ist wirklich imstande, seine Wurzeln zu verleugnen. Es sind Deutsche, so wie die anderen Amerikaner sind. Sie wandern in Rudeln und kleben aneinander, beziehen ihre Stärke aus eben der Vergangenheit, die sie von sich gewiesen haben. Diese Schuldgefühle sind eine schwere Last. Können Sie das

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