Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag
Pläne so bleiben, wie sie jetzt stehen. « Tennyson hielt inne und beugte sich vor, stützte sich auf die Tischkante. »Ich glaube, wenn Sie ehrlich sind, wird Ihnen keiner widersprechen. Schließlich ist das auch nicht viel mehr, als was die politischen Führer jeden Tag riskieren.«
Die Falten auf der Stirn des MI-5-Mannes hatten sich geglättet. »Und keiner läßt sich gerne einen Feigling nennen. So, und worin besteht nun der zweite Vorteil?«
»Die Strategie des Tinamu erfordert es, daß er an einer Reihe von Orten Waffen verbirgt. Damit muß er Tage, vielleicht sogar Wochen vor der geplanten Tat beginnen. Ohne Zweifel hat er hier bereits angefangen. Ich schlage vor, daß wir in aller Stille eine sehr gründliche Suchoperation starten und alle Orte unter die Lupe nehmen, die aus dem veröffentlichten Konferenzprogramm zu entnehmen sind.« «
Payton-Jones legte die Hände zusammen, es war eine Geste der Zustimmung. »Selbstverständlich. Wir brauchen nur eine der Waffen zu finden, dann haben wir nicht nur den Ort, sondern auch den Zeitpunkt.« «
»Völlig richtig. Wir wissen dann, daß der Mord innerhalb einer bestimmten Zahl von Minuten während eines ganz bestimmten Anlasses an einem bestimmten Punkt versucht werden wird.« Wieder machte der blonde Mann eine Pause. »Ich würde mich gern an dieser Suche beteiligen. Ich weiß, wonach ich Ausschau halten muß, und, was vielleicht noch wichtiger ist, wo ich nicht nachzusehen brauche.« «
»Wir sind Ihnen für Ihr Angebot dankbar, Sir«, sagte der Engländer. »MI-5 ist Ihnen dankbar. Sollen wir schon heute abend beginnen?«
»Lassen wir ihm noch einen weiteren Tag Zeit, seine Waffen unterzubringen, das steigert unsere Chance, etwas zu finden. Außerdem brauche ich harmlose Dienstkleidung und ein Schriftstück, das mich als >Gebäudeinspektor< oder so etwas Ähnliches ausweist.«
»Sehr gut«, sagte Payton-Jones. »Ich muß Ihnen gestehen, daß wir ein Foto von Ihnen in den Akten haben; das können wir für dieses Ausweispapier benutzen. Ich nehme an, Sie tragen Größe achtundvierzig, Taille achtzig oder zweiundachtzig. «
»Nicht übel. Wie ein Maßanzug wird ja eine Beamtenuniform nicht sitzen müssen. «
»Richtig. Wir erledigen das morgen beides.« Payton-Jones stand auf. »Sie sagten, Sie hätten noch eine Forderung.«
»Ja. Seit ich Brasilien verlassen habe, besitze ich keine Waffe mehr. Ich weiß ja nicht, ob das zulässig ist, aber ich hätte jetzt gern eine. Nur für die Dauer des Gipfeltreffens selbstverständlich. «
»Ich werde veranlassen, daß Sie eine bekommen.«
»Dazu würden Sie meine Unterschrift brauchen, nicht wahr?«
»Ja.«
»Entschuldigen Sie, aber was ich vorher sagte, ist mir wirklich ernst. Ebenso, wie ich nicht möchte, daß man mir für das, was ich Ihnen gebracht habe, Dank abstattet, wäre es mir auch nicht recht, wenn man meinen Namen in irgendeiner Beziehung mit MI-5 in Verbindung brächte. Ich möchte nicht, daß jemand etwas von meinem Beitrag erfährt. Mein Name auf der Karteikarte eines Waffenmagazins könnte einen Neugierigen auf die Wahrheit hinlenken, jemand vielleicht, der mit der ›Abwehr‹ in Verbindung steht.«
»Ich verstehe. « Der Engländer knöpfte sein Jackett auf und griff in seine Innentasche. »Das ist ganz und gar gegen die Regeln, aber das sind die Umstände ja schließlich auch.« Er zog einen kleinen, kurzläufigen Revolver heraus und reichte ihn Tennyson. »Da, nehmen Sie den da. Ich werde eintragen, daß er in Reparatur ist, und mir so lange einen anderen besorgen.«
»Danke«, sagte der blonde Mann und hielt die Waffe, als wäre sie ein Gegenstand, mit dem er nicht vertraut war.
Tennyson betrat eine überfüllte Gaststätte am Soho Square. Er sah sich in dem verräucherten Lokal um und entdeckte, was er suchte: eine Hand, die ein Mann an einem Tisch in der Ecke hob. Der Mann trug wie immer einen braunen, eigens für ihn gefertigten Regenmantel. Er sah so aus, wie Regenmäntel immer aussehen; der Unterschied bestand in den zusätzlichen Taschen und Riemen, die häufig verschiedene Pistolen, Schalldämpfer und Explosivstoffe enthielten. Der Tinamu hatte ihn ausgebildet, so gut ausgebildet, daß er häufig für den Meuchelmörder einsprang, wenn der Tinamu selbst keine Zeit hatte.
Seinen letzten Auftrag hatte er am Kennedy-Flughafen erledigt, in einer regnerischen Nacht, als ein Polizeikordon den Zugang zu einer British Airway 747 abgesperrt hatte. Er hatte seine Opfer in einem
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