Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag
»Natürlich. Wir werden das nie mit Bestimmtheit wissen. Die Frage jetzt ist nur, warum? Wo liegt das Motiv?«
»Wenn Sie mich fragen«, erwiderte der blonde Mann, »... ein paar alte Männer an der Schwelle des Todes, die ihre letzte Rache nehmen. Das Dritte Reich hatte zwei Feinde seiner Ideologie, die sich trotz ihrer Gegensätzlichkeiten verbündet haben: die Kommunisten und die Demokraten. Jetzt streiten sich die beiden um die Vorherrschaft. Gibt es denn eine bessere Rache, als wenn ein Lager das andere des Meuchelmords bezichtigt? Wenn die einen die anderen vernichten?«
»Wenn wir das feststellen und beweisen könnten«, unterbrach ihn Payton-Jones, »könnte das das Motiv hinter einer ganzen Reihe von Morden während der letzten Jahre sein.«
»Wie beweist man so was denn zweifelsfrei?« fragte Tennyson. »Hatte der britische Geheimdienst je eine direkte Verbindung zur >Abwehr«
»O ja. Wir haben darauf bestanden, daß man uns Namen lieferte - die natürlich in unseren Tresoren sichergestellt wurden. Wir konnten nicht blind aufgrund bloßer Informationen handeln.«
»Leben heute noch welche?«
»Möglich. Es ist Jahre her, seit zum letztenmal jemand die >Abwehr< erwähnt hat. Ich sehe natürlich nach.«
»Werden Sie mir die Namen geben?«
Der Mann von MI-5 lehnte sich im Sessel zurück. »Ist das eine der Bedingungen, von denen Sie sprachen, Mr. Tennyson? «
»Ja, aber ich habe auch eindeutig erklärt, daß ich unter den gegebenen Umständen nicht darauf bestehen würde.«
»Das täte kein vernünftiger Mensch. Aber wenn wir den Tinamu fassen, ist Ihnen die Dankbarkeit der wichtigsten Regierungen der Welt sicher; die Namen sind da eine Kleinigkeit. Wenn wir sie haben, bekommen Sie sie auch. Haben Sie sonst noch Wünsche? Vielleicht hätte ich doch einen Schreibblock mitbringen müssen?«
»Nicht viele«, antwortete Tennyson und überhörte die Spitze, »und die werden Sie vielleicht überraschen. Aus Dankbarkeit gegenüber meinen Arbeitgebern hätte ich gern einen exklusiven fünfstündigen Vorsprung für den Guardian. «
»Den sollen Sie haben«, sagte Payton-Jones. »Was sonst noch?«
»Weil MI-5 an verschiedene Leute herangetreten ist und ihnen gegenüber angedeutet hat, daß bezüglich meiner Person Nachforschungen laufen, hätte ich gern ein Schriftstück vom britischen Geheimdienst, in dem klargestellt wird, daß nicht nur meine persönliche Akte ohne Makel ist, sondern daß ich auch einen aktiven Beitrag zu Ihren Bemühungen geleistet habe, die - sagen wir - ›internationale Stabilität‹ zu bewahren.«
»Völlig unnötig«, sagte der Engländer. »Wenn der Tinamu infolge der uns von Ihnen übermittelten Informationen gefaßt werden sollte, werden die Regierungen überall Sie mit den höchsten Ehrungen überschütten. Ein Schriftstück von uns wäre da überflüssig. Sie werden es nicht brauchen.«
»Da irren Sie«, sagte Tennyson. »Meine vorletzte Bedingung ist nämlich, daß mein Name nicht erwähnt werden darf.«
»Nicht erwähnt -« Payton-Jones war sichtlich verblüfft. »Das paßt doch gar nicht zu Ihnen, oder?«
»Bitte, verwechseln Sie meine beruflichen Bemühungen nicht mit meinem Privatleben. Ich suche keine Anerkennung. Die von Tiebolts haben eine Schuld abzutragen. Betrachten Sie dies hier als einen Teil des Ausgleichs unserer Schuld.«
Einen Augenblick lang schwieg der Mann von MI-5.
»Ich habe Sie falsch eingeschätzt. Ich bitte noch einmal um Entschuldigung. Selbstverständlich sollen Sie Ihr Schriftstück haben.«
»Offen gestanden, es gibt noch einen Grund für mich, anonym zu bleiben. Mir ist klar, daß die Royal Navy und die französischen Behörden sich damit abgefunden haben, daß meine Schwester und ihr Mann durch einen Unfall ums Leben gekommen sind. Und damit haben sie ja vielleicht auch recht. Aber Sie werden mir wahrscheinlich zustimmen, daß der Zeitpunkt doch sehr unglücklich war. Mir ist noch eine Schwester geblieben; sie und ich sind die letzten von Tiebolt. Wenn ihr etwas zustieße, würde ich mir das nie verzeihen. «
»Ich verstehe.«
»Ich würde Ihnen gern jegliche Unterstützung meinerseits anbieten. Ich glaube, ich weiß mehr als irgendein anderer Mensch auf der Welt über den Tinamu. Ich habe ihn jahrelang studiert. Jedes Attentat, jede Bewegung, vor und nach der Tat. Ich glaube, ich kann Ihnen helfen. Ich wäre gern ein Mitglied Ihres Teams.«
»Ich wäre ein Narr, wenn ich dieses Angebot ablehnte. Und Ihre letzte
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