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Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag

Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag

Titel: Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Lissabon — und hatte sich ihm in einer Aufwallung der Gefühle angeboten.
    Mit Tränen in den Augen hatte er abgelehnt. Er sei ihrer nicht würdig, hatte er gesagt.
    Es war die vollendete Täuschung! Die äußerste Ironie!
    Denn jetzt, in diesem Augenblick, war es eben die Drohung, die sie vor dreißig Jahren nach Lissabon gezogen hatte, die Drohung, die sie jetzt aufs neue hierher führte. Noel Holcroft würde ausgelöscht werden; er würde zu Noel Clausen werden, Sohn Heinrichs, Instrument und Werkzeug des Neuen Reiches.
    Mitten in der Nacht war ein Mann in Bedford Hills zu ihr gekommen. Ein Mann, der sich dadurch Zutritt verschafft hatte, daß er sich hinter der verschlossenen Tür auf den Namen >Manfredi< berief; sie hatte ihn eingelassen, in der Meinung, ihr Sohn habe ihn vielleicht geschickt. Er hatte gesagt, er sei Jude von einem Ort, der sich Har Sha’alav nannte, und daß er sie töten werde. Und dann werde er ihren Sohn töten. Es werde nicht dazu kommen, daß das Gespenst der Wolfsschanze - der falschen Wolfsschanze - sich von Zürich und Genf aus in der Welt verbreitete.
    Althene war wütend gewesen. Ob der Mann wußte, mit wem er sprach? Was sie getan hatte? Wofür sie sich eingesetzt hatte?
    Der Mann war nur über Genf und Zürich informiert. Und über Lissabon vor dreißig Jahren. Das war alles, was er wissen mußte, um zu wissen, wofür sie sich einsetzte, und für ihn und alle Männer seinesgleichen auf der ganzen Welt war diese Stellungnahme eine Ungeheuerlichkeit.
    Althene hatte in den dunklen Augen, die sie ebenso sicher in Schach hielten, als wenn man eine Waffe auf sie gerichtet
hätte, den Zorn und den Schmerz gesehen. In ihrer Verzweiflung hatte sie verlangt, er solle ihr sagen, was er zu wissen glaubte.
    Er hatte ihr gesagt, daß ungewöhnlich hohe Summen an Ausschüsse und Organisationen auf der ganzen Erde gehen würden. An Männer und Frauen, die dreißig Jahre lang auf das Signal gewartet hatten.
    Es würde Mord und Brand auf den Straßen geben, Regierungen würden ins Wanken geraten, ihre Macht untergraben werden. Und dann werde der Ruf nach Stabilität und Ordnung durch die Lande hallen. Starke Männer und Frauen, denen riesige Summen zur Verfügung standen, träten dann auf den Plan und forderten ihr Recht. Und binnen wenigen Monaten säßen sie an den Schalthebeln der Macht.
    Sie waren überall, in allen Ländern, warteten nur auf das Signal aus Genf.
    Wer waren diese Männer und Frauen?
    Die Sonnenkinder. Die Kinder von Fanatikern, die man vor mehr als dreißig Jahren per Flugzeug, Schiff und Unterseeboot aus Deutschland in die Welt geschickt hatte, ausgeschickt von Männern, die wußten, daß ihre Sache verloren war - die aber daran glaubten, daß sie zu neuem Leben erwachen könne.
    Überall waren sie. Gewöhnliche Männer konnten nicht auf gewöhnliche Weise mit den Behörden gegen sie ankämpfen. In zu vielen Fällen übten die Sonnenkinder nämlich die Kontrolle über eben diese Behörden aus. Aber die Juden von Har Sha’alav waren keine gewöhnlichen Männer, noch kämpften sie auf gewöhnliche Weise. Sie begriffen, daß sie, um die falsche Wolfsschanze zu bekämpfen, im geheimen kämpfen mußten, hart und gewalttätig, ohne je zuzulassen, daß die Sonnenkinder erfuhren, wo sie waren - oder wo sie das nächstemal zuschlagen würden. Und der erste Punkt auf der Tagesordnung verlangte, den Fluß riesiger Summen aufzuhalten.
    Dann brauchte man sie doch bloß an die Öffentlichkeit zu zerren!
    Wen? Wo? Welches sind ihre Namen? Wie läßt sich etwas beweisen? Wer kann sagen, daß dieser General oder jener Admiral, dieser
Polizeichef oder jener Firmenchef, dieser Richter oder jener Senator, Kongreßabgeordnete oder Gouverneur ein Sonnenkind ist? Männer bewerben sich um politische Ämter, tragen Klischeevorstellungen vor sich her, eingenebelt in Schlagwörter, appellieren an den Haß und machen sich doch nicht verdächtig. Vielmehr jubeln die Massen ihnen zu, schwingen die Fahnen und stecken sich Abzeichen an die Revers.
    Sie sind überall. Die Nazis sind unter uns, und wir sehen sie nicht. Sie sind eingehüllt in einen Mantel der Wohlanständigkeit und einen wohlgebügelten Anzug.
    Der Jude aus Har Sha’alav hatte voll Leidenschaft gesprochen. »Selbst Sie, alte Frau. Sie und Ihr Sohn. Instrumente des Neuen Reiches. Selbst Sie wissen nicht, wer sie sind.«
    Ich weiß nichts. Ich schwöre, so wahr ich lebe, daß ich nichts weiß. Ich bin nicht das, was Sie von mir glauben.

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