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Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag

Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag

Titel: Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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nächsten zu eilen, wobei jede Bewegung riskant war und jeder Mensch, den sie ansah, ein möglicher Feind.

    Noel hatte gesagt, es werde bald vorüber sein und sie werde aufhören können zu fliehen. Er hatte unrecht.
     
    Holcroft bettelte am Telefon, versuchte, sie zu überreden, jetzt nicht zu reisen - wenigstens einen Tag noch zu bleiben -, aber Helden ließ es sich nicht ausreden. Man hatte sie über Gallimard verständigt, daß die persönlichen Habseligkeiten ihrer Schwester darauf warteten, von ihr inspiziert zu werden; es galt zu überlegen, zu entscheiden, zu veranlassen.
    »Ich werde dich in Genf anrufen, Darling. Wirst du im d’Accord wohnen?«
    »Ja.« Was nur mit ihr war? Sie war so glücklich, so gut gestimmt gewesen, und das lag kaum zwei Stunden zurück. Jetzt wirkte sie angespannt; ihre Worte waren klar, aber ihre Stimme klang belegt.
    »Ich ruf dich in ein oder zwei Tagen an.«
    »Soll ich mitkommen? Ich brauche erst ziemlich spät morgen abend in Genf zu sein. Die Kesslers kommen erst um zehn und dein Bruder noch später.«
    »Nein, Darling. Es ist eine traurige Reise. Mir ist lieber, wenn ich allein fahre. Johann ist jetzt in London... ich will versuchen, ihn zu erreichen.«
    »Du hast hier Kleider.«
    »Ein Kleid, Hosen, Schuhe. Es ist einfacher für mich, wenn ich bei... Herrn Oberst ... vorbeisehe und mir Kleider mitnehme, die sich besser für Portsmouth eignen.«
    »Einfacher?«
    »Auf dem Weg zum Flughafen. Ich muß in jedem Fall hin. Mein Paß, Geld...«
    »Ich habe Geld«, unterbrach Noel. »Ich dachte, du seist schon bei ihm gewesen.«
    »Bitte, Darling. Stell dich nicht an.« Heldens Stimme klang jetzt brüchig. »Ich hab’ dir doch gesagt, daß ich im Büro war. «
    »Nein, das hast du nicht. Das hast du nicht gesagt. Du hast gesagt, man habe es dir mitgeteilt. « Holcroft war beunruhigt; was sie sagte, gab keinen Sinn. Die Hütte lag nicht auf dem Weg nach Orly. »Helden, was ist los?«
    »Ich liebe dich, Noel. Ich rufe dich morgen abend an. Hotel d’Accord, Genf. Sie legte auf.

    Auch Holcroft legte den Hörer zurück, und der Klang ihrer Stimme hallte in seinen Ohren. Es war möglich, daß sie nach London reiste, aber er hatte Zweifel. Wohin reiste sie wirklich? Weshalb log sie? Verdammt! Was stimmte da nicht? Was war geschehen?
    Es hatte keinen Sinn, in Paris zu bleiben. Da er allein nach Genf mußte, konnte er ebensogut jetzt abreisen.
    Er durfte weder das Flugzeug noch die Eisenbahn riskieren. Unsichtbare Männer würden ihn beobachten; er mußte ihnen entwischen. Der stellvertretende Direktor des George V. würde für ihn unter dem Namen Fresca einen Wagen mieten und ihm die Route aufschreiben. Er würde in der Nacht nach Genf fahren.
     
    Althene Holcroft blickte durchs Fenster der Maschine der TAP auf die Lichter von Lissabon in der Tiefe; sie würden in wenigen Minuten landen. Während der nächsten zwölf Stunden gab es für sie sehr viel zu tun, und sie hoffte inständig, daß sie es schaffte. Ein Mann war ihr in Mexiko gefolgt, das wußte sie. Aber dann war er im Flughafen verschwunden. Das bedeutete, daß ein anderer seinen Platz eingenommen hatte.
    Sie hatte in Mexiko versagt. Sie war nicht untergetaucht. Sobald sie in Lissabon war, würde sie verschwinden müssen; sie durfte nicht ein zweites Mal versagen.
    Lissabon.
    O Gott, Lissabon!
    In Lissabon hatte alles angefangen. Die Lüge eines ganzen Lebens, eine mit diabolischem Geschick aufgebaute Lüge. Was war sie doch für eine Närrin gewesen; und was für eine schauspielerische Leistung hatte Heinrich doch vollbracht.
    Zuerst hatte sie sich geweigert, sich mit Heinrich in Lissabon zu treffen, so tief war ihr Abscheu. Aber dann war sie doch gereist, weil die Drohung klar gewesen war. Ihr Sohn würde von seinem Vater gebrandmarkt werden. Noel Holcroft würde nie in Frieden gelassen werden, denn der Name Noel Clausen - einziger Sohn des berüchtigten Nazi - würde ihn sein ganzes Leben lang verfolgen.
    Wie erleichtert sie gewesen war! Wie dankbar, daß die
Drohung nur als Druckmittel gedient hatte, sie nach Lissabon zu holen. Und wie betäubt und erschüttert, als Heinrich ihr ganz ruhig den außergewöhnlichen Plan darlegte, der Jahre in Anspruch nehmen, der aber dann, wenn er sich erfüllte, die ganze Welt verbessern würde. Sie hörte zu, ließ sich überzeugen und tat alles, was er von ihr verlangte. Weil dieser Plan Wiedergutmachung bedeutete.
    Sie hatte ihn wieder geliebt - während jener wenigen kurzen Tage in

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