Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag
Bogen nach links und wurde jetzt flacher. Sie befanden sich wieder auf ebenem Grund.
»Jetzt ist es höchstens noch ein halber Kilometer«, sagte die Frau.
Holcroft war ausgepumpt, seine Handflächen schweißnaß. Er und die Frau befanden sich an dem einsamsten, dunkelsten Ort, den er sich vorstellen konnte. In dichtem Wald, auf einer Straße, die auf keiner Landkarte verzeichnet war.
Dann sah er es. Ein schindelgedecktes Häuschen auf einer kleinen Lichtung. Drinnen brannte schwaches Licht.
»Halten Sie hier«, kam der Befehl, aber diesmal nicht mehr mit der schroffen Stimme, die ihm beinahe eine Stunde lang Befehle zugerufen hatte.
Noel brachte den Wagen unmittelbar vor dem Weg zum Stehen, der zum Haus führte. Er atmete ein paarmal tief durch und wischte sich den Schweiß vom Gesicht, schloß kurz die Augen und wünschte, der Schmerz ließe seinen Schädel los.
»Bitte, drehen Sie sich um, Mr. Holcroft«, sagte die Frau, diesmal ganz ruhig.
Und dann starrte er im Halbdunkel die Frau auf dem Rücksitz an. Das glänzend schwarze Haar und die dick geränderte
Brille waren verschwunden. Das weiße Halstuch war immer noch da, aber jetzt war es zum Teil von langem blondem Haar bedeckt, das ihr über die Schultern fiel und ein Gesicht einrahmte - ein sehr schönes Gesicht -, das er schon einmal gesehen hatte. Nicht dieses Gesicht, aber eines, das ihm glich; zarte, liebevoll in Ton modellierte Züge, ehe der Meißel am Stein angesetzt wurde. Dieses Gesicht war nicht kalt, und seine Augen blickten nicht wie aus weiter Ferne. Dieses Gesicht war verletzbar, das Gesicht einer Frau, die zu Gefühlen fähig war. Sie sprach leise und erwiderte seinen starrenden Blick im Halbdunkel.
»Ich bin Helden von Tiebolt, und ich habe eine Pistole in der Hand. So, was wollen Sie jetzt von mir?«
15.
Er blickte nach unten und sah einen schwachen Lichtreflex am Pistolenlauf. Die Waffe war auf seinen Kopf gerichtet, die Mündung nur wenige Zentimeter entfernt. Ihr Finger lag am Abzug.
»Als erstes will ich«, sagte er, »daß Sie dieses Ding da wegnehmen. «
»Ich fürchte, das wird nicht gehen.«
»Sie sind der letzte Mensch auf der Welt, von dem ich wünschen könnte, daß ihm etwas zustößt. Sie haben von mir nichts zu befürchten.«
»Das klingt sehr beruhigend, aber es ist nicht das erstemal, daß ich so etwas höre. Solche Worte sind nicht immer wahr.«
»Bei mir schon.« Er sah ihr in die Augen, hielt ihren Blick fest. Die Spannung in ihren Zügen lockerte sich. »Wo sind wir?« fragte Noel. »War diese Verrücktheit notwendig? Dieser Aufruhr auf dem Montmartre und dann wie die Wilden im Land herumzurasen. Wovor fliehen Sie?«
»Dasselbe könnte ich Sie fragen. Sie sind ebenfalls auf der Flucht. Sie sind nach Le Mans geflogen.«
»Ich wollte einigen Leuten aus dem Weg gehen. Aber ich habe keine Angst vor ihnen.«
»Ich gehe auch Leuten aus dem Weg, und ich habe Angst vor ihnen.«
»Wem gehen Sie aus dem Weg?« Unwillkürlich drängte sich das Schreckgespenst des Tinamu in Noels Gedanken; er versuchte, es von sich zu schieben.
»Das werden Sie erfahren oder auch nicht, je nachdem, was Sie mir zu sagen haben. «
»Einverstanden. Im Augenblick sind Sie der wichtigste Mensch in meinem Leben. Das kann sich ändern, wenn ich Ihren Bruder kennenlerne, aber im Augenblick sind Sie es.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, warum. Wir sind uns noch nie begegnet. Sie haben gesagt, Sie wollten mich in einer Angelegenheit sprechen, die bis zum Krieg zurückreicht. «
» >Auf Ihren Vater zurückreicht.< wäre korrekter.«
»Ich habe meinen Vater nie gesehen.«
»Ich auch nicht.«
Er sagte ihr, was er ihrer Schwester gesagt hatte, erwähnte aber die Männer der Wolfsschanze nicht; sie war auch so schon genügend verängstigt. Und er hörte seine Worte wieder so, als wären sie ein Echo der letzten Nacht in Portsea. Es war erst letzte Nacht gewesen, und die Frau, mit der er jetzt sprach, war wie die Frau gestern - aber nur dem Aussehen nach. Gretchen Beaumont hatte ihn schweigend angehört. Helden tat das nicht. Sie unterbrach ihn ruhig, mehrmals, stellte Fragen, die er selbst hätte stellen sollen.
»Hat Ihnen dieser Manfredi irgendwelche Beweise für seine Identität vorgelegt?«
»Das brauchte er nicht; er hatte die Papiere der Bank. Sie waren echt. «
»Wie heißen die Direktoren?«
»Die Direktoren?«
»Der Grande Banque de Genève. Die Hüter dieses außergewöhnlichen Dokuments.«
»Das weiß ich nicht.«
»Das
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