Der Holcroft-Vertrag - Ludlum, R: Holcroft-Vertrag
das wohl in Ihrer Sprache -, was nicht mein Rang war, aber leider muß es dabei bleiben.«
»Das ist Noel Holcroft. Er ist Amerikaner, und er ist der Mann.« Helden trat einen Schritt zur Seite, so daß der alte Mann die Pistole sehen konnte, die sie in der Hand hielt. »Er ist gegen seinen Willen hier. Er wollte nicht mit Ihnen sprechen. «
»Guten Abend, Mr. Holcroft«, nickte der Oberst, ohne ihm die Hand zu reichen. »Darf ich fragen, weshalb Sie zögern, mit einem alten Mann zu reden?«
»Ich weiß nicht, wer Sie sind«, erwiderte Noel, so ruhig er konnte. »Außerdem sind die Angelegenheiten, die ich mit Miß ... Tennyson ... besprochen habe, vertraulicher Natur.«
»Ist sie auch der Ansicht?«
»Fragen Sie sie.« Holcroft hielt den Atem an. In wenigen Sekunden würde er wissen, wie überzeugend er gewesen war.
»Ja«, sagte Helden, »wenn sie wahr sind. .Ich glaube , daß sie wahr sind.«
»Ich verstehe. Aber Sie müssen überzeugt sein, und ich bin der Advocatus diaboli ohne Aktenkenntnis.« Der alte Mann ließ sich in den Rollstuhl zurücksinken.
»Was soll das heißen?« fragte Noel.
»Sie wollen über diese vertraulichen Angelegenheiten nicht sprechen, und doch muß ich Ihnen Fragen stellen, deren Beantwortung vielleicht unsere Befürchtungen zerstreuen könnte. Sehen Sie, Mr. Holcroft, Sie haben keinen Anlaß, sich vor mir zu fürchten. Im Gegenteil. Es könnte sein, daß wir sehr viel von Ihnen zu befürchten haben.«
»Warum? Ich kenne Sie nicht; Sie kennen mich nicht. Was
immer es auch ist, in das Sie verwickelt sind, es hat nichts mit mir zu tun.«
»Davon müssen wir alle überzeugt werden«, sagte der alte Mann. »Sie haben am Telefon Helden gegenüber von Dringlichkeit gesprochen, von viel Geld, von Dingen, die mehr als dreißig Jahre zurückreichen.«
»Ich bedaure, daß sie Ihnen das gesagt hat«, unterbrach Noel. »Selbst das ist zuviel.«
»Sonst hat sie sehr wenig gesagt«, fuhr der Oberst fort. »Nur daß Sie ihre Schwester besucht haben und daß Sie sich für ihren Bruder interessieren.«
»Ich kann nur wiederholen: die Angelegenheit ist vertraulich. «
»Und schließlich«, sagte der alte Mann, als hätte Holcroft nichts gesagt, »daß Sie sich heimlich mit ihr treffen wollten. Zumindest haben Sie das angedeutet.«
»Aus Gründen, die mich betreffen«, sagte Noel. »Die gehen Sie nichts an.«
»Wirklich nicht?«
»Nein.«
»Dann lassen Sie mich kurz zusammenfassen.« Der Oberst drückte die gespreizten Finger gegeneinander und sah Holcroft an. »Die Angelegenheit ist dringlich, es geht um viel Geld, um Dinge, die drei Jahrzehnte zurückreichen. Interesse an den Nachkommen eines wichtigen Mitglieds der obersten Führung des Dritten Reiches, und — das ist vielleicht das Wichtigste — ein geheimes Zusammentreffen. Deutet das nicht alles auf etwas Bestimmtes hin?«
Noel sträubte sich dagegen, in Spekulationen hineingezogen zu werden. »Ich habe keine Ahnung, worauf das in Ihren Augen hindeutet.«
»Dann will ich deutlicher werden. Auf eine Falle.«
»Eine Falle?«
»Wer sind Sie, Mr. Holcroft? Ein Sympathisant von ODESSA? Oder ein Kämpfer der RACHE vielleicht?«
»Der ODESSA? ... oder... wie sagten Sie?« fragte Holcroft.
»Der RACHE«, erwiderte der alte Mann scharf und sprach das Holcroft fremde Wort noch einmal mit ausgeprägter Betonung aus.
Noel erwiderte den durchdringenden Blick des Krüppels. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden. Ich kenne dieses Wort nicht.«
Der Oberst sah zu Helden hinüber und wandte den Blick dann wieder Holcroft zu. »Sie haben von beidem noch nie gehört?«
»Von der ODESSA habe ich gehört. Über die... die >Rache< noch kein Wort.«
»Werber und Mörder. Noch immer werben beide Kämpfer für ihre Sache an. Und beide morden noch. ODESSA und die RACHE, die Verfolger von Kindern.«
»Verfolger von Kindern?« Noel schüttelte den Kopf. »Sie müssen sich deutlicher ausdrücken. Ich habe nämlich nicht die leiseste Ahnung, wovon Sie reden.«
Wieder sah der alte Mann Helden an. Es war Holcroft ein Rätsel, was da unausgesprochen zwischen den beiden hin und her ging, aber schon wandte der Oberst sich wieder ihm zu, und seine harten Augen bohrten sich in die seinen, als studierten sie einen geübten Lügner und warteten auf Anzeichen der Täuschung — oder des Erkennens. »Ich will deutlich werden«, sagte er. »Sind Sie einer von jenen Rächern, die die Kinder von Nazis suchen? Die sie verfolgen, wo immer sie sind, und sie aus Rache
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