Der Hollywood-Mord
Schiffsmagnat, sobald er die Frage aller Fragen in dieser Gegend mit »könnte sein« beantwortete. Die Frage aller Fragen konnte sich während der Cocktailstunde in der Polo-Lounge-Bar des Beverly Hills Hotels oder beim Lunch oder Dinner in einem der sechs berühmten Restaurants stellen.) Es gab niemals mehr als ein halbes Dutzend echter »In«-Restaurants gleichzeitig, nicht, weil die wahrhaft Erfolgreichen des Busineß die Zahl mit Gewalt kleinhalten wollten, sondern weil die wahrhaft Erfolgreichen eine viel zu kleine, inzestuöse Gruppe bildeten, als daß mehr als ein halbes Dutzend Restaurants von ihr hätte leben können.
Die Frage aller Fragen, die sogar erschöpfte Oberkellner in der Bewegung erstarren, jedes Gespräch versanden und jedes Gestreichel von Oberschenkeln sofort aufhören ließ, wurde jeweils durch zusammengebissene Zähne gepreßt, damit der Mund nicht zitterte. Sie lautete: »Nachdem ich Ihnen nun dieses unglaubliche Filmprojekt erläutert habe, wären Sie vielleicht daran interessiert, in die Sache einzusteigen, einen großzügigen Anteil unseres eher bescheidenen Budgets von … acht Millionen zu übernehmen?« Und wenn der Araber, Iraner, Texaner oder sonstige Ölfritze einfach »könnte sein« antwortete, war er, der Ausländer, schon aus der Masse der Ungewaschenen herausgehoben worden und für einen »B«-Tisch in einem der sechs berühmten Restaurants akzeptabel geworden. (Der »A«-Tisch stand ihm zu, wenn die Dreharbeiten tatsächlich anfingen. Worte wurden zunächst geringer honoriert.)
Das alles wurde von Captain Woofer zwar nur vage begriffen, hatte aber indirekt zu seiner Verstopfung geführt. Denn der verstorbene Nigel St. Claire war auf einem Bowlingbahnparkplatz nahe beim Sunset Boulevard mitten in Hollywood um 23 Uhr erschossen aufgefunden worden. Jeder hatte gewußt, daß ein Mann wie Nigel St. Claire, ein wahrhaft Erfolgreicher im Busineß, eigentlich nicht an einer solchen Stelle zu einer solchen Zeit tot aufgefunden werden durfte. Aber er war tot aufgefunden worden, das stand riesig auf den Titelseiten der Zeitungen, und es war schuld an Captain Woofers Innenblockade.
Sowohl Al Mackey als auch Martin Welborn hielten es für klüger, Captain Woofer erst mal ein bißchen Zeit zu lassen, ehe er zum Thema kam, und er nahm sie sich auch. Er machte es sich bequem auf dem Gummiringkissen, das er wegen seiner entzündeten Hämorrhoiden benutzte, zündete sich seine Bruyere-Pfeife an und saugte dreißig Sekunden an ihr, um sie zum Kochen zu bringen. Dann fummelte er in dem Papierstapel in seinem Eingangskorb herum und spielte mit einem Plastikbriefbeschwerer von der Größe eines Ziegelsteins, in den ein Satz goldener Captainspangen eingelassen war. (Es wurde behauptet, daß selbst Mrs. Woofer Captain zu ihm sagte.)
Endlich sah er die beiden Polizisten an und sagte: »Ich nehme an, ihr wundert euch, weil ich euch reingerufen habe?«
O Gott! Al Mackeys Kater war einfach zu grauenhaft für diesen Scheiß. Erst Hosenscheißer Francis mit seinem Vortrag, dann die verdammte Wette gegen das Wiesel, die ihn harte Dollars gekostet hatte, und dazu die fürchterliche Vorstellung von Marty, der wie ein riesiger toter Fisch an den Haken baumelte. Drei Minuten, Al. Klar. Und er selber war kaum in der Lage, seine nächtliche Katastrophe zu vergessen. Wenn er anfinge, über die vergangene Nacht nachzudenken, gab's bestimmt eine erfolgreiche Wiederholung, und Mrs. Donatello müßte sich weniger über die Flöhe und Läuse aufregen, sondern sich darüber Gedanken machen, wie sie Al Mackeys Gehirn am besten mit einem Kittmesser von der Tapete kratzte.
Aber schließlich war er seit zweiundzwanzig Jahren Polizist. Und irgendwas in seinem Inneren sagte ihm, daß er einem Mann im Rang eines Captain eine Antwort schuldig war, selbst einem Mann wie Einpeitscher Woofer. Darum nickte er kurz und sagte: »Ja, Captain, ich hab mich gefragt, warum Sie uns reingerufen haben.«
Captain Woofer saugte wieder ein paarmal an seiner Pfeife und legte dann äußerst sorgfältig die Beine auf den Schreibtisch, denn hochgelegte Beine waren gut für die Hämorrhoiden eines einfachen Cops, aber schmerzhaft für dickbäuchige Polizisten.
»Es geht um Nigel St. Claire«, sagte er.
»Das ist nicht unser Fall, Sir«, antwortete Martin Welborn höflich.
»Bisher nicht gewesen.« Captain Woofer nickte. »Aber der läuft jetzt seit vier Wochen. Schultz und Simon haben keine einzige heiße Spur. Sie haben mehr als
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