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Der Hollywood-Mord

Der Hollywood-Mord

Titel: Der Hollywood-Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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dreizehnten Mal auf den Kopf stellten, kam eine Sandwichverkäuferin vom Hollywood-Boulevard hereingetrippelt, die Haare voller Löwenzahnblüten. Sie schleppte in ihren zerstochenen, kleinen Armen einen dreißigpfündigen Messingbuddha mit sich herum. Sie entschuldigte sich, daß sie ihn in der Nacht, in der Dilly O'Rourke emporgehoben wurde, um ein Teil der ewigen Kraft zu werden, mitgenommen hatte. Jemand hatte ihr gesagt, sie könne Schwierigkeiten kriegen und solle ihn deshalb lieber zurückbringen.
    Sie wurde plötzlich von ihrem Platz im Nirwana aufgeschreckt, als die beiden Detectives sie mit meilenbreitem Grinsen packten und niedersetzten und ihre versiegten Quellen der Erinnerung anzapften, bis ihr wieder einfiel, daß Herr Buddha immer da drüben auf dem Wahrsagebrett gehockt hatte, wo Dillys Leiche erstmal von jedem kokainsüchtigen Bewohner des Mietshauses besichtigt worden war, bevor jemand das Mantras-Singen beendete und die Polizei rief.
    Al Mackeys Rekonstruktion war eine Glanznummer. Das Videoband zeigte ihn, wie er den selbst beigebrachten Schlag auf den Vorderschädel mimte, anschließend das Beil fallen ließ, den Handrücken auf die Stirn preßte wie eine Naive im Kino, und dann genau neun Fuß fünf Zoll weit durchs Zimmer taumelte, umkippte und eine knochenbrechende Kollision mit dem harten Messingglatzkopf der pausbäckigen Gottheit durchspielte.
    Martin Welborn pfiff durch die Zähne, klatschte und jubelte ihm zu, als die Vorführung zu Ende war.
    Captain Woofer zeigte das Videoband auch dem Commander und nahm sein Lob mit angemessener Demut entgegen. Wieder ein Krimi geklärt. Dilly O'Rourke hatte dieses Tal der Tränen mit eigener Kraft verlassen.
    Die tätowierte Drogensüchtige mit dem Kopf voller Löwenzähne versäumte es seither nie, den Detectives zuzuwinken, wenn sie sie auf dem Hollywood-Boulevard erspähte, wo sie Avocados verkaufte, um Heroin kaufen zu können – ein Tauschgeschäft, so nannten sie es, von vergänglichen Früchten gegen verfängliche Früchte. Sie schenkte den Detectives Vollkornsandwiches mit Petersilie und Erdnußbutter als Dank dafür, daß sie seinerzeit nicht alle Mieter und Kunden jenes blutsaugenden, kokainklauenden kleinen Arschlochs ausgequetscht hatten. Inzwischen gab sie auch zu, daß Mieter und Kunden überglücklich gewesen waren, als sie ihn tot in seinem Blut liegen sahen.
    Was Einpeitscher Woofer mit solchen Geschichten meinte, wurde mit jedem Zug aus seiner häßlichen alten Pfeife deutlicher: Denken Sie an den Fall von Plato Jones. Lassen Sie sich etwas einfallen.
    Es war ein besonders schwieriger Mordfall für Captain Woofer gewesen. Plato Jones hatte in der Plattenbranche dreimal ein Vermögen gemacht und wieder verloren, und sich dann abermals aufs hohe Roß geschwungen. In früheren Zeiten hatte er seine außerhalb der Stadt lebenden Kunden jahrelang mit Mädchen (und, von Fall zu Fall, auch Jungen) und mindestens zwei Tonnen reinem Haschisch zufriedengestellt, und dadurch war er prompt in die Polizeiakten von Los Angeles gekommen.
    Aber kaum war er mit Schwung und Energie abermals dick drin im Millionengeschäft, wie man so sagt, als er in Stadt und Land die Wahlkampfkampagnen der Favoriten unterstützte. Von den wahrhaft Erfolgreichen im Busineß wurde er regelrecht verhätschelt. Er wurde zu den meisten »B«-Premieren geladen und war bei allen »A«-Wohltätigkeitsveranstaltungen. Bei Jachtrennen segelte er im Boot eines US-Senators mit. Er schmierte Lobbyisten aus Sacramento. Er liebte und kämpfte für Robbenbabys und Wale und amerikanische Indianer. Er haßte Öl-Multis und Kernkraftwerke. Alles in allem hatte der Bursche ein paar schlechte Manieren, aber wer wollte hier den ersten Stein werfen?
    Immerhin gab's ein erstaunliches Gekicher, Gewisper und Gewieher im Umkreis der Hollywood-Station, als sie Plato Jones mit einem Einschuß in der Schläfe tot auffanden, in einer Absteige in der Nähe von Sunset und La Brea, die Todeswaffe neben sich. Natürlich war weit und breit keine Hure zu sehen, als seine Leiche gefunden wurde. Da gab's nicht mal den Fingerabdruck einer Hure oder sonst einer Person – und das, obgleich ein halb ausgetrunkenes Glas Pouilly-Fiusse neben seiner Leiche stand, ebenfalls ohne Fingerabdrücke. Dadurch geriet die Selbstmordtheorie erheblich ins Wanken, mehr noch durch die ausgeworfene Patronenhülse aus der todbringenden 32er Automatik. Die Patronenhülse wurde auf einem sieben Fuß hohen Schrank gefunden,

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