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Der Hollywood-Mord

Der Hollywood-Mord

Titel: Der Hollywood-Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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geändert. Gewöhnlich bevorzugte er es, sich wie ein Bankier zu kleiden, ziemlich ähnlich dem Stil, den Martin Welborn schätzte. Aber diesmal hatte er sich bewußt für die Dienstkleidung des Detectives entschieden, bis er seine Serie von moralstärkenden Ansprachen beendet hatte. Die Kleiderwahl des Deputy Chief Francis war perfekt: doppelt genähte Tuchhosen – natürlich ausgestellt, obgleich ausgestellte Beine gerade out und enge in waren, aber ein Detective hinkte der Mode immer drei Jahre hinterher. Ein hellblaues Sportjackett aus Polyester mit extrabreitem Revers, ein dunkelbraunes Frackhemd mit abgestepptem Kragen, aufgemotzt mit einem schweren, gelb bedruckten Halstuch. Er hatte sorgsam darauf geachtet, daß die doppelt genähte Hose einen Zoll zu kurz war, und er trug grüne und gelbe Socken, um die Sache auf die Spitze zu treiben. Er ließ seine Koteletten länger wachsen, seit er diese Tournee durch die Polizeistationen geplant hatte. Er hatte sogar an einen Schnurrbart gedacht, aber da waren ihm Grenzen gesetzt. Schließlich krönte er seinen Aufzug noch mit einer messingfarbenen Krawattennadel in Form einer 187, der Nummer des Mordparagraphen im kalifornischen Strafgesetzbuch. Eine perfekte Show. Für jedermann sah er aus wie ein Mordpolizist im Dienst.
    Der Deputy Chief Julian Francis wußte auch, daß sich einige der älteren Zuhörer an seinen verhaßten Spitznamen Hosenscheißer erinnerten, der ihm 1965 während der damaligen Negerkrawalle verpaßt worden war, nachdem er in dem Chaos von Feuer und Plünderungen in der Central Avenue von seinem Fahrer und Leibwächter getrennt worden war. Es ging das Gerücht, daß er damals ein Taschentuch geschwenkt und versucht hatte, sich in der Nähe der 92. Straße einer kleinen Truppe von Plünderern mit den Worten zu ergeben, er sei immer nett zu den Schwarzen gewesen. Das war eine gemeine Story, die nie nachgeprüft wurde, aber er fühlte, daß die 187-Krawattennadel viel dazu beitrug, das Gerücht zu zerstreuen und den Eindruck zu erwecken, er sei eben doch einer von den Jungs.
    Zwei bärtige Detectives vom Rauschgiftdezernat, angezogen wie Freizeitradfahrer und wegen ihrer aalglatten Art, das Wiesel und das Frettchen genannt, begannen damit, Zettel durch die Reihen kursieren zu lassen. Tatsächlich waren es Wettscheine. Sie boten Drei-zu-eins-Wetten an, daß Hosenscheißer Francis das Wort »Auswirkungen« während seiner restlichen moralstärkenden Ansprache noch zwölfmal verwenden würde. Das schien stark übertrieben, selbst im Fall des Deputy Chief Francis, darum wurden unter dem Tisch sofort mehrere Scheine an die jungen Rauschgiftfahnder zurückgereicht. Die beiden waren von der Rauschgiftabteilung im Stadtzentrum von Los Angeles für drei Monate an Captain Woofer ausgeliehen worden, um das abscheuliche Rauschgiftproblem lösen zu helfen, über das sich Hollywoods Geschäftsleute immer öfter beschwerten.
    Deputy Chief Francis schloß mit den Worten: »Wir brauchen einen starken religiösen Glauben, um das Los Angeles Police Department und die Vereinigten Staaten von Amerika gegen den Feind zu stärken, der im Inneren des menschlichen Herzens lauert.«
    Captain Roger (Einpeitscher) Woofer war zutiefst bewegt. Er begann heftig zu applaudieren.
    Das Wiesel und das Frettchen waren außer sich. Es waren nur elf »Auswirkungen« zustande gekommen. Eine weniger also!
    Das Wiesel hob verzweifelt die Hand. »Sir! Chief!« schrie das Wiesel. »Welche Einflüsse hat die Vietnam-Generation unter den Polizisten auf den allgemeinen Niedergang der Moral unter den Officers von heute gehabt?«
    Die anderen Spieler wußten natürlich, worauf das Wiesel hinauswollte. Der arme alte Cal Greenberg sprang auf. Er hatte einen Wettschein über zwei Dollar. (Alles, was Wing ihm letzte Nacht nicht gestohlen hatte.)
    »Hör mal ne gottverdammte Minute zu, Wiesel! Er ist fertig! « Dann wandte er sich an den erschrockenen Deputy Chief. »Sie sind doch fertig, oder nicht … Sir?«
    »Also …«, stammelte der Deputy Chief. Der schmierige Radfahrer in Leder erschreckte ihn. (Er verkörpert genau das, was heute aus der Behörde geworden ist.) Aber der um sich fuchtelnde alte Detective mit den starren, blutunterlaufenen Augen war noch bedrohlicher.
    Captain Woofer wurde blaß und brüllte: »Greenberg! Was, zum Teufel, ist mit Ihnen los?«
    »Nichts, Captain«, schrie der arme alte Cal Greenberg. »Es ist nur, wir sollten den Chef hier nicht den ganzen Tag aufhalten. Er

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