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Der Hühnerführer: Roman (German Edition)

Der Hühnerführer: Roman (German Edition)

Titel: Der Hühnerführer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Weitmayr
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ausgerichtet hatte.  
    “ Damit ich meine Ruhe habe. Damit ich den Schirm für mich alleine habe. Damit mir niemand auf die Nerven geht.” 
    Ich hörte ein Fingerschnippen, setzte mich auf. Ein Mann in blitzweißer Chauffeurs-Uniform kam durch den weißen Sandstrand auf uns zugestapft.  
    Der Fahrer nickte mir zu - “Buongiorno” - und begann die paar Habseligkeiten, die sich im Umkreis meines Schirmes befanden, aufzusammeln.  
    “ Caorle." Dvorschak schüttelte den Kopf. "Herr Alexander, ich bitte Sie ...” 
     
     
    ***
     
     
    Von der Nordküste Italiens sind es nach Nizza gerade einmal 35 Minuten im Privatjet. Das war 1969 so und ist es wohl noch immer. Der Unterschied: Privatjets waren damals beeindruckender als heute. Nizza auch. 
    Weißer Smoking, schwarze Fliege, einen Zigarillo in der Linken, stand ich auf der Terrasse des Hotel Negresco und blickte über die Promenade hinaus auf das tintenschwarze Meer. Die Eiswürfel klimperten beruhigend in meinem Martini, Pianomusik klang sanft aus dem Saal hinter mir. Der Klavierspieler selbst hatte seine besten Jahre lange hinter sich. Das konnte man an seinem Blick, dem schütteren Haar und dem leeren Lächeln, das er ab und zu in den Raum warf, erkennen. Ich wusste nicht, ob mir das gefiel oder nicht. Er war der erste Salon-Pianist, den ich in meinem Leben gesehen hatte. Man musste sich eine erfüllte Geschichte als Vergangenheit des Pianomannes zurecht legen, um Unbehagen zu vermeiden.  
    “ Ich schätze, das war ich Ihnen schuldig.” 
    Dvorschak hatte sich zu mir gesellt, stützte sich mit dem Gesäß an der stählernen Balustrade ab, so dass ihm der Blick auf die unter uns liegende Baie des Anges verwehrt blieb, er aber die gerundete Terrasse im Auge behalten konnte.  
    “ Ich hatte Wandverputz in den Haaren, den Anzug musste ich in die Reinigung bringen. Die Polizei anzurufen war absolut nicht notwendig, weil man das Klirren der Luster bis nach Favoriten hören konnte. Bemerkenswerterweise erübrigte es sich auch, Rettung und Feuerwehr anzurufen. Was zum Teufel war da los?” 
    “ Aber das ist doch ohnehin in der Zeitung gestanden...” 
    Ich holte einen gefalteten Artikel aus der Innentasche meines Jackets. “Meinen Sie das hier? Wissen Sie, ich trage diesen Zettel seit einiger Zeit mit mir herum” Laut las ich vor: “Gasgebrechen in der Wiener Innenstadt.”  
    Er schmunzelte und prostete mir zu. “Keine schlechte Presse, oder?”  
    “ Es hätte jemand verletzt werden können.” 
    “ Unwahrscheinlich.” 
    “ Aber nicht unmöglich.” 
    “ So gut wie.” 
    “ Werden Sie mir erzählen, worum es ging?” 
    “ Das wissen Sie doch selbst. Oder wollen Sie mir erzählen, Sie hätten sich die Fotos nicht selbst angesehen, bevor Sie zu Dvorschak gingen?” 
    Und wie ich das hatte: Pläne, Skizzen, Aufzeichnungen – alle auf tschechisch – die offensichtlich den Verlauf eines Tunnel unterhalb des Hotels beschrieben.  
    “ Aber wozu?” 
    “ Zum Abhören?” 
    “ Zum Abhören?” 
    “ Exakt. Ein sogenannter Abhörtunnel.” 
    “ Das soll ich Ihnen glauben?” 
    “ Können Sie, müssen Sie aber nicht.” 
    Ich blickte hinaus auf die Bucht, das Rauschen drang trotz Verkehrslärm und Pianogeklimper leise zu uns hinüber.”  
    “ Warum haben Sie ihn gesprengt?” 
    “ Technisch gesehen habe ich ihn nicht gesprengt.” 
    “ Sondern?” 
    “ Sondern die drei Kilo C4, die ich in der Mitte des Schachtes angebracht hatte.” 
    “ Sie sind ja ein Spaßvogel.” 
    Dvorschak griff in die Innentasche seines Blazers. Ich machte unwillkürlich einen Schritt zurück. Er holte ein dickes Kuvert hervor.  
    “ Wie gesagt: Es ist vielleicht kein sauberes Geschäft und manchmal muss man deswegen seinen Anzug in die Putzerei tragen, aber es ist lukrativ.” 
    Ich nahm den Umschlag entgegen. “Lukrativ.”  
    Dvorschak nickte. “Sehr lukrativ.”  
    Ich wog das Kuvert in meiner Hand. Leicht war es für seine Größe nicht.  
    “ Eine Frage hätte ich noch.” 
    Dvorschak nickte.  
    “ Warum?” 
    “ Das habe ich Ihnen schon gesagt: Zum Ab...” 
    “ Nein. Warum haben Sie ihn gesprengt?” 
    “ Konkurrenz.” 
    Ich schüttelte verwirrt den Kopf. “Aber es ist doch Ihr eigener Verein.”  
    Mein Führungsoffizier lächelte mysteriös. “Das eine schließt   das andere nicht aus.” 
    “ Ich verstehe nicht.” 
    Er nippte an seinem Drink. “Diese Tunnel sind, sobald sie einmal ausgehoben sind, enorm

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