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Der Hühnerführer: Roman (German Edition)

Der Hühnerführer: Roman (German Edition)

Titel: Der Hühnerführer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Weitmayr
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drei, vier und 1972, also heuer … ja tatsächlich: Jahr fünf. Und nachdem ich seit unserer Begegnung alles auf Heller und Pfennig an Steuern abgeführt habe, was so an Sightseeing-Provision für mich abgefallen ist … ja was sind die Dinge dann, die Sie gegen mich in der Hand haben?” Ich machte ein kleine, lächerliche Pause. “Richtig. Verjährt.” 
    Wieder ein kurze Unterbrechung, ein tiefer Zug an der Zigarette.  
    “ Jetzt fragen Sie sich sicher: 'Wieso ist dieses kleine Arschloch überhaupt hier. Wohl nicht nur, um mir drei Mal auf die Stirn zu klatschen.' Richtig?” 
    Fleischer hatte sich, das musste man ihm zugestehen, bemerkenswert schnell gefangen. Denn während ich meinen kleinen Monolog hielt, hatte er sich zurückgelehnt und die Arme in einer bewussten Demonstration von Gelassenheit vor seinem Bauch verschränkt.   
    “ Eigentlich nicht.” 
    Ach, verdammt.  
    “ Ich denke folgendes: 'Dieses kleine Arschloch ist nicht nur hergekommen, um mir drei Mal auf die Stirn zu klatschen, sonder auch weil er irgend etwas herausgefunden hat, aus dem er einen kleinen aber feinen Profit schlagen kann.” 
    Ach verdammt.  
    Ich setzte ein Lächeln auf, von dem ich hoffte, dass es Gelassenheit ausstrahlte.   
    “ Kompliment.” 
    “ Also, was haben Sie?” 
    “ CIA.” 
    Fleischer bedeutete mir, dass ich fortfahren sollte.  
    “ Ich habe Akten des tschechischen Geheimdienstes, die minutiös die CIA-Operationen in Wien während der vergangenen drei Jahre auflisten und beschreiben.” 
    “ Sehr schön. Das sind interessante Daten.” 
    Ich nickte.   
    “ Aber, wieso kommen Sie damit zu mir? Die Amerikaner sind Verbündete ...” 
    “ Herr Fleischer! Bitte! Sie dürfen mich wirklich nicht so dermaßen unterschätzen.” 
    Fleischer untersuchte für einen Moment die Beschaffenheit seiner Fingernägel, dann blickte er mich offen an. “Ich weiß nicht, was Sie meinen.”  
    “ Österreich ist neutral. Insofern sind die amerikanischen Aktionen genau so abzuwehren, wie die des Warschauer Paktes.” 
    “ Aber Herr Alexander...” Fleischer schenkte mir sein, wie ich vermutete, herablassendstes Lächeln. “… sie wissen doch genau so gut wie ich, dass das nur in der Theorie so ist. Die Daten haben für mich absolut keine Relevanz, weil ich sie aller Wahrscheinlichkeit nach ohnehin kenne.” 
    “ Das sollten Sie auch.” 
    “ Wie meinen?” 
    “ Immerhin zeigen die Akten zwölf Fälle auf, in denen die Stapo der CIA zugearbeitet hat, ohne auch nur irgendeine Information von Relevanz als Gegenleistung zu erhalten. Und wissen Sie, wen so etwas tatsächlich interessiert?” 
    Fleischer beugte sich über die Tischplatte. “Na, wen denn?”  
    “ Die Medien.” 
    Fleischer lehnte sich zurück. “Glauben Sie wirklich?”  
    “ Oh ja. Natürlich nicht die österreichischen. Dass Sie die im Griff haben, kann ich mir gut vorstellen. Aber die Deutschen bringen so eine Geschichte sehr wohl. Insbesondere als die Amerikaner im Rahmen von zwei Aktionen durchaus interessante Informationen über die DDR erhielten, der westdeutsche Bundesnachrichtendienst hingegen durch die Finger schaute.” 
    Ich schenkte Herrn Fleischer mein strahlendstes Lächeln.“Und wissen Sie, was mir noch aufgefallen ist?”  
    “ Was?” 
    “ Dass Sie mir in all den Jahren kein einziges Mal etwas zum Trinken angeboten haben. Nicht ein Mal. Dabei bin ich sicher, dass sie in der Schublade etwas Feines verstaut haben, oder? Single Malt wäre schön.” 
     
     
    ***
     
     
    Keine zwei Wochen später saß ich an einer Bar, im Süden Kubas und blickte über den ockerfarbenen Sand aufs Meer hinaus. Ich konnte es immer noch nicht glauben. 20.000 Schilling für die Akten, dazu ein Visum und hunderprozentiger Spesenersatz für meine “investigative Tätigkeit” in Kuba. Was nichts anderes bedeutete als: Cohibas, Rum und kreolisches Huhn gingen aufs Haus. 
    “ Sie haben mir nicht geglaubt, oder?” Dvorschak grinste mich über seinen Drink hinweg breit an. 
    “ Nein, nicht wirklich.” 
    Tatsächlich erschien mir die ganze Situation nach wie vor surreal. Alles hatte wirklich wie am Schnürchen geklappt – Dvorschak hatte jedes Detail vorausgesehen und mich entsprechend vorbereitet: Den Einwand Fleischers, dass ihn die österreichischen Medien nicht interessierten, sein Hinweis auf das de facto bestehende Bündnis der Republik mit den Amerikanern und die Aufgabe jeglichen Widerstandes, als ich die deutschen

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