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Der Hühnerführer: Roman (German Edition)

Der Hühnerführer: Roman (German Edition)

Titel: Der Hühnerführer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Weitmayr
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Suite eincheckte –   wie immer. 
    “ Herr Dvorschak”, stammelte ich. “Wie schön.” 
    “ Guten Tag, Herr Alexander. Ja, es war an der Zeit.” 
    “ Wirklich?” 
    “ Ja, ja”, er lächelte mich leise an. “Wie ist es Ihnen ergangen.” 
    “ Gut. Ruhig. Keine großen Aufregungen.” 
    “ Ah, das ist schön. Allzu große Aufregungen sollte man meiden. Wann haben Sie den Feierabend?” 
    “ Fragt man das normalerweise nicht die Kellnerin?” 
     
     
    ***
     
     
    “Egal, dann sind Sie eben nicht verkabelt. Gehen Sie trotzdem hin und sehen Sie zu, dass Sie etwas herausfinden.” Fleischer klang aufgeregt. “Und kommen Sie heute Abend ins Finanzamt. Selbes Zimmer.” 
    Lächelnd legte ich auf.  
     
     
    ***
     
     
    Das Hochgefühl, das sich eingestellt hatte, nachdem klar war, dass ich Fleischer heute Abend, etwas mehr als fünf Jahre nach unserem ersten Zusammentreffen, wieder begegnen würde, hielt die Stunde, bis ich Dienstschluss hatte und auf Dvorschak in der Hotelbar wartete, praktisch ohne Abnützungserscheinungen an. Der erste Schreck über das unverhoffte Auftauchen des tschechischen Agenten war verflogen, der Single Malt, den ich mir zur Feier des Tages gegönnt hatte, umschmeichelte meinen Gaumen, erwärmte meinen Hals und breitete sich wohltuend in meinem Magen aus.  
    “ Herr, Alexander. Wie schön, Danke, dass Sie gekommen sind.” Dvorschak streckte mir seine Hand entgegen, die sich als unangenehm feucht entpuppte. Ich stellte die Frage, die mich schon seit Jahren beschäftigte: “Wieso sind Sie im Hotel eigentlich immer so nervös? Ich habe das nie verstanden. Zuerst dachte ich, der Luxus verunsichert Sie ...” 
    Dvorschak zuckte mit den Schultern. “Berufskrankheit. Eigentlich schon fast ein Klischee. Es liegt nicht am Hotel selbst, sondern daran, dass die Lobby so groß und unübersichtlich ist. Ich habe keinen Überblick darüber, wer wo- und insbesondere hinter meinem Rücken steht.”  
    “ Man weiß ja, was das Geschäft mit Papierführungsseilen aus einem macht.” 
    Entweder war mein Witz nicht lustig oder Dvorschak noch angespannter als ich gedacht hatte. Denn anstatt zu lachen, sagte er nur etwas verkniffen: “Sie sagen es. Macht es Ihnen also etwas aus, wenn wir den Tresen verlassen und uns einen Tisch suchen?”  
    “ Einen mit dem Rücken zur Wand?” 
    “ Sie haben es erfasst.” 
     
     
    ***
     
     
    Das Gespräch begann damit, dass Dvorschak ein Kuvert in die Mitte des Tisches schob. 
    Ich schüttelte den Kopf.  
    “ Nein danke, ich bin raus.” 
    “ Raus?” 
    “ Genau. Raus.” 
    Und dann erklärte ich Herrn Dvorschak, wieso meine Karriere als Doppelagent nach nur drei Jahren ein ruhiges Ende gefunden hatte, worauf dieser mir eine Anregung gab, die mich zum einen den Umschlag einstecken und zum anderen meine Spionagelaufbahn um drei Jahrzehnte verlängern ließ.  
     
     
    ***
     
     
    “Papageno!” 
    “ Papageno”, ließ ich die Wände des Finanzamts zurückrufen. 
    “ Papageno ….”  
    “ Lassen Sie den Unsinn”, schallte es durch die geöffnete Tür, hinter der  Fleischer saß. “Was soll denn das?” 
    Beide Hände in den Hosentaschen, die Papageno-Arie vor mich herpfeifend und eine Tageszeitung unter dem Arm, betrat ich das Büro meines Führungsoffiziers, der mich aus seinem Sessel heraus mit einer Mischung aus bassem Erstaunen und blankem Ärger ansah.  
    “ Sind Sie etwa betrunken?” 
    Ich grinste den Stapo-Offizier an, ging auf ihn zu, fragte “Wenn ich betrunken wäre, könnte ich dann das?”, zog die Zeitung unter der Achsel hervor und ließ sie drei Mal schnell auf Fleischers Halbglatze klatschen. Dann ließ ich mich auf den leeren Sessel auf der Besucherseite des Tisches fallen und beobachtete, wie die Kent aus Fleischers offenem Mund auf seine Hose fiel, was den armen Mann fluchend aufspringen, die Asche von seinem Beinkleid wischen und die Zigarette auf dem Boden austreten ließ.  
    “ Sind Sie wahnsinnig?”. 
    Betont langsam holte ich meine Milde Sorte aus der Tasche, zündete sie an, blies den Rauch Richtung Fleischer und fragte: “Sagt Ihnen der Begriff 'Verjährung' etwas?”.  
    “ Wie bitte?” 
    “ Verjährung.”  
    Fleischer setzte sich in Ermangelung anderer Alternativen wieder auf seinen Stuhl.  
    “ Bei Steuerhinterziehung tritt diese nach fünf Jahren ein.” Ich begann an den Fingern abzuzählen. Also: 1968, das Jahr meiner Rekrutierung wäre dann Jahr eins, dann zwei,

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