Der Huf des Teufels (German Edition)
Shelly von der Seite an. Das schien wohl die entscheidende Frage zu sein, auch wenn der Richter so gelangweilt dreinblickte wie zuvor.
»Ich … ich weiß, dass ich einen Fehler gemacht habe.« Shelly begann plötzlich zu schluchzen und sprach mit gebrochener Stimme weiter. »Ich habe gegen das Gesetz verstoßen, obwohl ich erst seit zwei Wochen als Gast in diesem Land bin. Ich hätte beinah einen jungen Mann und sein Pferd verletzt und schäme mich dafür.«
Franke verfolgte völlig irritiert, wie die Tränen über Shellys Wangen rollten.
Fast wie in Zeitlupe lenkte der Richter seinen Blick von der Akte auf Shelly. Eine unzufriedene Falte grub sich links neben seinem Mundwinkel in die Wange. »Frau Kutscher. Ihre schauspielerischen Leistungen in allen Ehren, aber vor Gericht möchte ich keine derartigen Ausbrüche sehen. Sie missachten und disrespektieren mein Amt.« Er sah Shelly lange und wie versteinert an. Shelly schluckte und wischte sich die Tränen weg. »Da in Ihrem Fall eine besondere Wahrscheinlichkeit zur Flucht besteht, setze ich die Kaution auf fünfzehntausend Euro fest.« Er schlug mit seinem Holzhämmerchen auf den Tisch und klappte fast ebenso lautstark die Akte zu.
»Ich muss also nur fünfzehntausend Euro zahlen«, sagte Shelly, »und kann nach Hause?« Franke wandte sich ihr lächelnd zu.
»Das ist doch gut. Somit sind Sie zunächst einmal auf freiem Fuß bis zur Hauptverhandlung.« Sie gaben sich die Hand und erhoben sich. Gemeinsam verließen sie den Saal und traten hinaus auf einen grell erleuchteten Flur. Dort warteten bereits drei Männer auf sie. Stresser, Sander und Piesmeier. Stresser trat vor und begrüßte sie.
Shelly sah ihn unschlüssig an.
»Finden Sie mich so interessant, dass Sie hier Ihren Feierabend verbringen?«, fragte sie keck.
»Ich bin im Dienst, Frau Kutscher. Und leider habe ich eine schlechte Nachricht. Wir haben eben die Tatwaffe bei Simon Langensalza gefunden.«
»Was?«, entfuhr es Franke.
»Sie haben richtig gehört. Herr Langensalza hatte uns seinen Computer gerade freiwillig zur Prüfung überlassen, da entdeckten wir die Waffe in seinem Wagen. Sie fiel uns sozusagen entgegen.« Stresser wartete eine Reaktion ab. Sein Bart stand vollkommen still.
»In seinem Wagen? Und sie lag da einfach so rum?«, fragte Shelly ungehalten.
Stresser nickte.
»Wie dumm wäre das denn?«, wollte sie wissen und lächelte sogar dabei.
»Das wäre in der Tat ziemlich unumsichtig von Herrn Langensalza gewesen«, sagte Stresser.
»Was wollen Sie jetzt von mir?«, fragte Shelly.
»Raten Sie mal.«
* * *
Am nächsten Morgen wachte Shelly in Simons Wohnzimmer auf. Sie saß zusammengekauert auf dem Sessel, eine Decke übergelegt, während Sara ihr gegenüber auf dem Sofa schlief. Shelly war nach ihrer Freilassung gleich hergekommen und hatte sich um das Mädchen gekümmert. Sie blinzelte auf die Uhr. Es war kurz vor sieben. Die Sonne schien, und auf dem Hof war schon Betrieb. Shelly stand auf, kniete sich neben die Couch und berührte Sara leicht an der Schulter. Die schreckte augenblicklich hoch.
»Schon gut, ich bin’s. Alles in Ordnung. Sara, ich muss kurz weg. Schlaf noch ein bisschen oder nimm eine heiße Dusche. In einer Stunde bin ich wieder hier, und wir frühstücken zusammen. Okay?«
Sara nickte verschlafen und schloss ihre Augen wieder. Shelly ging nach draußen und fand Jülich in seinem Büro.
»Was wollen Sie hier? Ich denke, Sie sind festgenommen worden?«, fragte Jülich erschrocken.
»Jetzt bin ich wieder frei. Hören Sie, es hat sich eine neue Situation ergeben. Man hat Simon gestern Abend festgenommen, weil die Tatwaffe bei ihm gefunden wurde.«
»Wie? Das ist doch … die Pistole, mit der man auf Hofstätter …«, stammelte er entsetzt.
»Ja. Bitte hören Sie mir genau zu, Herr Jülich. Ich will Simon helfen, aber dafür brauche ich Ihre Unterstützung.«
»Was ist mit Peter?«, fragte er.
»Der bleibt in Haft.«
Jülich rieb sich die Stirn.
»Herr Jülich, ich möchte, dass Sie Lasse anrufen und ihn bitten, früher hier zu sein als sonst. Aber nur Lasse, nicht Leif.«
»Was wollen Sie von dem Jungen? Sie …«
»Er war’s«, sagte Shelly nur und legte ihre Kopie vom Kontoauszug auf den Tisch.
»Was? Was ist das?«
»Das ist der Beweis, dass Lasse bei Hofstätters Spermabestellung den Betrag auf das Konto einer Scheinfirma umgeleitet hat. Diese Firma gehört Leif und Lasse.«
Jülich nahm das Dokument zur Hand und überflog mit scharfen
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