Der Huf des Teufels (German Edition)
vorstellen können. Wollen Sie mir vielleicht zeigen, welche Anzeichen Sie zu diesem Schluss kommen lassen?«
»Nun, da Sie ja kein Mediziner sind, werde ich es vereinfacht darstellen. Ich hatte dem Tier bei seiner Einlieferung eine vitale Gesundheit attestiert. Aus diesem Grunde muss es durch äußere Einflüsse gestorben sein. Offensichtliche Verletzungen sind nicht zu erkennen. Ich habe aber einen grünen Belag auf der Zunge entdeckt, der darauf schließen lässt, dass es etwas gefressen hat, was nicht zu seinem Futterplan gehört. Ich hatte es auf eine Diät gesetzt. Frisches Heu war nicht dabei.«
»Das klingt sehr einleuchtend, Herr Doktor. Haben Sie auch eine Vermutung, um welche grünliche Substanz es sich bei dem Belag handeln könnte?«
»Pferde sind, so groß und robust sie auch erscheinen mögen, sehr empfindliche Tiere, die sensibel auf Gifte reagieren. Es gibt eine Unzahl an Pflanzen, die einen Vergiftungstod herbeiführen können. Buchsbaum, Jacobs Kreutzkraut, Eibe. Wir werden es wissen, wenn das Tier obduziert und der Mageninhalt untersucht wurde.«
»Herr Stresser?«, hörte man eine Stimme aus der Box rufen. Ein in einen weißen Anzug gekleideter Kriminaltechniker kam heraus und hielt etwas mit einer Pinzette in die Luft.
»Haben Sie was?«, fragte Stresser und streckte die Hand aus. Der Techniker warf den Gegenstand in einen Beweisbeutel und reichte ihn Stresser.
Die drei Männer beugten sich darüber und erkannten eine grüne Baumnadel.
»Was mag das sein?«, fragte der Kommissar. Spieß nahm das Tütchen zwischen Daumen und Zeigefinger und hielt es gegen das Licht.
»Eibe. Das ist eine Eibennadel.«
»War das nicht eine der Pflanzen, die sie gerade genannt haben?«
»Ja. Hundertfünfzig Gramm davon reichen aus, um ein Pferd dieser Größe zu töten.«
»Tatsächlich? Nun, mir scheint, wir haben soeben das Tatwerkzeug entdeckt. Das ist gute Arbeit, Herr Dr. Spieß, vielen Dank.« Er wandte sich an den Geschäftsführer. »Wie war noch mal Ihr Name?«, fragte er.
»Von Steinmeier.«
»Richtig. Haben Sie irgendwelche Einbruchsspuren auf dem Gelände entdecken können?«
»Nein. Die Stalltüren waren unversehrt, und auf den Kameras war nichts zu sehen, das haben wir bereits geprüft.«
»Ach, wie angenehm. Sie machen unsere Arbeit, mal sehen, was da noch für uns übrig bleibt.«
»Sie sollten so schnell wie möglich den Täter finden, das ist Ihre Aufgabe. Wir haben kein Interesse daran, in ständiger Angst zu leben, dass das noch mal passiert. Die Pferde hier gehören zu den besten der Welt, sie sind unser Kapital und unser Aushängeschild. Wenn bekannt würde, dass jemand rumläuft und sie vergiftet, könnte uns das teuer zu stehen kommen.«
»Oh, ich verstehe Ihre Sorge, Herr Steinmeier …«
» Von Steinmeier.«
»Natürlich. Aber seien Sie versichert, dass wir niemals absichtlich langsam mit unseren Ermittlungen sind. Wir suchen immer den schnellsten Weg zum Ziel. Und den ersten Schritt sind wir bereits gegangen. Denn sollten wir es hier tatsächlich mit einer absichtlichen Vergiftung des Tieres zu tun haben, läge es ja nahe, dass man Ihnen als Gestüt damit Schaden zufügen will. Gibt es jemanden, der Ihnen da spontan einfällt? Jemand, der einen Nutzen davon haben könnte, dass dieses Tier tot ist, mal abgesehen vom finanziellen Verlust?«
»Sie haben das nicht ganz verstanden, Herr Kommissar«, begann von Steinmeier.
»Herr Stresser«, korrigierte Stresser. Von Steinmeier blinzelte irritiert.
»Ja, also, dieses Pferd ist nicht in unserem Besitz. Der Eigentümer hat es hier nur zum Beritt und natürlich für die Zeit der Behandlung untergebracht.«
»Ah, jetzt verstehe ich. Sie sind so eine Art Krankenhaus. Wenn das so ist, bräuchte ich mal bitte den Namen des Besitzers. Ist er noch hier?«
»Nein, er ist nach Hause gefahren. Sein Name ist Hofstätter. Bernd Hofstätter«, erklärte Spieß. Stresser notierte sich den Namen auf einem kleinen Klappblock.
»So, und Ihre Namen waren Dr. Spieß und von Steinmeier.« Er betonte das von besonders deutlich, und von Steinmeier zuckte kurz mit dem Mundwinkel. »Wie, sagten Sie, hieß noch mal dieser Nadelbaum?«
»Eibe.«
»Eibe, ja richtig.« Auch das schrieb er sich auf und machte ein großes Ausrufezeichen dahinter.
Fünf
Hofstätter saß zu Hause an seinem Schreibtisch. Er tippte stockend eine SMS in sein Handy ein. »Liebe Sara, ich habe einen großen Fehler gemacht« , hieß es da. Er überlegte angestrengt, wie er
Weitere Kostenlose Bücher