Der Huf des Teufels (German Edition)
in die Sitze geworfen. Noch während er beschleunigte, klingelte sein Handy. Er drosselte die Geschwindigkeit und schaute auf das Display, bevor er ranging.
»Stresser? Ja, hallo. Gut, stellen Sie durch.« Er blickte in den Rück- und den Seitenspiegel und fuhr rechts ran. Bei laufendem Motor lauschte er einer Stimme, die Piesmeier und Sander nicht erkennen konnten. »Ja, ich erinnere mich«, sagte er. »Ist schon gut. Erzählen Sie mal.« Stresser senkte den Kopf, und seine Fliege schob ein Doppelkinn auf. Sein Bart zuckte nach vorn. »Mmhmh. Ich verstehe. Aber da können wir recht wenig unternehmen. Mmh, ja. Passen Sie auf. Kommen Sie doch bitte morgen früh in mein Büro. Dann sehe ich, was wir tun können, ja? Gut, bis dann.«
Stresser legte auf und drehte sich zu seinen Kollegen um.
»Ratet mal, wer das war.«
Piesmeier und Sander blickten sich mit vorgeschobenen Unterlippen an und zuckten mit den Schultern.
»Lasse Wilhelm.«
»Der vom Hof? Den Shelly Kutscher uns als Täter andrehen wollte?«, fragte Sander.
»Genau der. Und jetzt ratet mal, was er wollte.«
* * *
Die letzten Sonnenstrahlen, die sich eben noch rosafarben in den Wolkenschlieren gespiegelt hatten, waren verschwunden. Der Himmel sah aus wie eine riesige Glasplatte, auf der Tinte ausgelaufen war. Auf dem Gestüt war es ruhig. Alle waren gegangen. Die Pferde standen in ihren Boxen und fraßen oder dösten vor sich hin. Simon ging durch den alten Stall und blieb vor Cleopatras Box stehen. Er griff in die Gitterstäbe und blickte zu dem Pferd hinein. Cleo stand wie immer mit gesenktem Kopf da. Die Augen waren geöffnet, doch sie schaute ihren Besucher nicht an. Simon legte die Stirn an die Gitterstäbe und schloss verzweifelt die Augen. Cleopatra drehte ihr linkes Ohr zu ihm. Er keuchte, als würde er Gewichte stemmen. Dann öffnete er die Verriegelung der Boxentür und zog sie auf. Sie quietschte auf den letzten Zentimetern. Cleopatra schnaubte unzufrieden durch die Nüstern und sah ihn an. Ganz langsam betrat Simon die Box. Seine Schritte raschelten im Stroh. Cleo trat einmal laut mit dem Hinterbein auf. Wieder ein Schnauben. Simon ging weiter. Cleopatra hob den Kopf. Ihre Augen wurden größer, und sie trat einen Schritt zurück.
»Schon gut«, sagte Simon leise. Es war so dunkel im Stall, dass Cleopatras Fell schwarz schimmerte. Nur das große Pflaster an der Hüfte reflektierte etwas von dem Licht, das durch das schmutzige Fenster fiel. »Ich tu dir nichts.«
Simon streckte seine Hände aus. Cleo riss den Kopf hoch und wieherte ängstlich.
»Schon gut, alles gut. Sieh mal hier.« Simon reichte ihr ein Stück Zucker. Der weiße Würfel blitzte wie ein Kristall in seiner Hand. Cleopatra blickte mit erhobenem Kopf auf das Zuckerstück. Sie trat auf der Stelle, schnaubte und schüttelte ihren Kopf, dass die Mähne flatterte. »Schon gut. Es ist nur Zucker.«
Cleopatra trat noch einmal hart auf, als glaubte sie ihm nicht. Dann hielt sie ihren Kopf still und senkte ihn ganz langsam. Ihre Nüstern weiteten sich und schnupperten in Richtung des Zuckerstückchens.
»Mmmh, lecker«, brummte Simon beruhigend.
Cleo machte den Hals immer länger und länger, und ihre Lippen schnappten einmal. Doch sie war noch zu weit entfernt. Simon kam ihr ein wenig entgegen. Sie schnappte wieder, zuckte aber zurück, als sie Simons Hand berührte. Schließlich versuchte sie es ein drittes Mal, legte den Kopf etwas schief und bekam mit den Lippen den Zucker zu fassen. Laut knackend fraß sie den Würfel.
»Prima. Und schmeckt gut, oder?« Simon hob die Hand, um sie zu streicheln. »Darf ich?«, fragte er. Das Pferd blickte ihn an, hörte für einen Moment auf zu kauen und fraß dann weiter. Simon legte ganz behutsam seine Hand auf ihre Flanke. »Tut mir leid, Cleo. Tut mir leid.«
Simon bemerkte, dass Cleo die Ohren aufstellte und die Muskeln anspannte. Er drehte sich um und sah seine Tochter in der offenen Tür stehen.
»Sara.«
»Papa«, sagte sie mit tränenerstickter Stimme und kam auf ihn zugelaufen. Sie umarmte ihn.
»Sara, was machst du hier?«
»Ich wusste nicht, wo du warst, da bin ich dich suchen gegangen.«
Er küsste sie auf ihr Haar und umarmte sie fester.
»Ich hab nichts damit zu tun, das musst du mir glauben. Nicht mit der Erpressung und auch nicht mit Cleos Verletzung«, sagte Simon. Sara zog den Kopf zurück und sah ihm in die Augen.
»Das weiß ich, Papa.«
Simon atmete mit zitterndem Atem aus. »Was ist nur los gerade? Wer tut
Weitere Kostenlose Bücher