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Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Titel: Der Hund des Propheten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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sich selbst am liebsten auf die Zunge gebissen. In einem solchen Gespräch darf sie nicht ironisch werden. Niemals. »Anderes Thema. Wer hat denn unseren Streifenwagen weggefahren? Waren Sie das?«
    »Weiß nicht, was mit euren Wannen ist.«
    »Kennen Sie die Jagdhütte des Herrn Neuböckh?«
    Paco zuckt mit den Schultern. »Vielleicht bin ich mal vorbeigekommen.«
    »Waren Sie schon mal drin?«
    »Kann sein. Weiß nicht mehr.«
    »Hat Sie der Herr Neuböckh reingelassen?«
    »Muss er wohl, wenn ich drin war.«
    Tamar nimmt einen Schluck Kaffee. »Sie sind so weit also ganz vertraut mit ihm. Können Sie sich eigentlich wirklich nicht erinnern, wo Sie die Zuladung geholt haben, diese Kisten, von denen wir vorhin gesprochen haben?«
    »Ihre Platte hat einen Sprung…«
    »Meinen Sie?«, fragt Tamar freundlich zurück. »Aber wir haben jede Menge Zeit. Wir können sie noch oft anhören…«
     
     
    Die Abteiltür öffnet sich, ein Mann, Anzugträger, Mantel über dem Arm, schiebt sich in das Abteil und knipst das Deckenlicht an.
    »Hier ist noch frei?«
    Berndorf, hochgeschreckt, nickt höflich und packt den auf dem Boden ausgestreckten Felix am Halsband, um ihn mehr zu sich heranzuziehen.
    »Lassen Sie nur«, sagt der Mann und verstaut seinen Mantel in der Gepäckablage. »Mit Hunden hab ich kein Problem, noch nie gehabt.« Er setzt sich schräg gegenüber von Berndorf und betrachtet Felix, der sich inzwischen auf die Hinterpfoten gesetzt hat und zu Berndorf hochsieht.
    »Ei du guter Hund!«, sagt der Mann. »Verträgt er denn das Zugfahren?«
    »Das wird sich zeigen«, antwortet Berndorf. »Wir sind zum ersten Mal so unterwegs.«
    »Zum ersten Mal?«, echot der Mann. »Das hört sich nach einem kleineren Malheur an.«
    Er lächelt, und das Lächeln gefällt Berndorf nicht. Der Mann steckt in einem dunklen Anzug, der auf unaufdringliche Weise elegant ist. Schmales Gesicht, vorspringende Nase, dichtes braunrotes Haar. In den Augen Argwohn… Berndorf registriert dies alles, ohne zu verbergen, dass er sein Gegenüber mustert. Wir müssen nicht mehr so tun als ob, denkt er, gar nichts müssen wir.
    Der Mann gibt den Blick zurück. Das Lächeln ist verflogen. Er zieht den kleinen Fahrplan zu Rate, der auf allen Abteilsitzen ausliegt, und blickt auf seine Armbanduhr, um die Abfahrtzeit zu vergleichen. Auch die Armbanduhr, die unter dem Jackettärmel zum Vorschein kommt, sieht teuer aus.
    »Mal wieder Verspätung«, konstatiert er dann. »Sie werden erst bei Dunkelheit in Ulm sein.«
    »Wir werden es ertragen.«
    »Das klingt gut«, meint der Mann. »Gelassen. Souverän. Gefällt mir.« Plötzlich lächelt er wieder. »Sie spielen Schach, nicht wahr? Siebtes Brett, Bezirksliga. Respekt.«
    »Ihre Dossiers«, antwortet Berndorf, »sind nicht mehr ganz auf dem Laufenden. Nachwirkungen Ihres kleineren Malheurs? Vor ein paar Jahren war da doch was.«
    Der Mann lacht kurz. »Das ist aber nun ganz der Herrn Berndorf, wie er im Buche steht. Immer ein wenig ironisch. Ein wenig von oben herab. Wer es sich leisten kann…« Er greift in seine Jackentasche und holt eine Visitenkarte heraus. »Wir kennen Sie, und Sie kennen mich nicht, das muss für Sie unbefriedigend sein…«
    Berndorf nimmt die Visitenkarte und liest:
    Gustav Meunier, Konsulent
    »Sie müssen das nicht ganz wörtlich nehmen«, fährt Meunier fort. »Nach den politischen Veränderungen in unserem Vaterland haben sich einige Kollegen beruflich neu orientieren müssen, darunter auch meine Wenigkeit. Aber ein neues Berufsfeld können Sie sich nicht einfach so in der Kaufhalle besorgen, da braucht es eine gewisse Kreativität auch im sprachlichen Bereich.«
    »Konsulent klingt gut«, sagt Berndorf, die Hand auf Felix’ Kopf gelegt. »Sie haben da sicher bereits eine reiche Erfahrung.«
    »Zu freundlich«, wehrt Meunier ab. »Vor allem bin ich beratend tätig. Ich stelle Kontakte her, die sonst kaum jemand vermitteln kann, und ich bin in Maßen erfolgreich. Dabei ist unser Neubeginn alles andere als einfach gewesen, glauben Sie mir das… Da hat es Leute gegeben, die haben gedacht, Sie dürften uns gegenüber die elementarsten Regeln der Fairness und eines korrekten Geschäftsgebarens außer Acht lassen.« Meunier unterbricht sich und betrachtet Berndorf. Der gibt den Blick zurück, noch immer höflich, aufmerksam.
    »Sie fragen sich, warum ich Ihnen das erzähle.« Meunier lächelt knapp. »Sehen Sie, unsere Welt hat sich seit den Achtzigerjahren dramatisch verändert.

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