Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)
bringen.«
Steinbronner schweigt einen Augenblick . »Das hat nichts zu sagen«, fährt er schließlich fort, »wenn der Vogel nicht singt, singt er nicht. Gerupft wird er trotzdem.« Steinbronner beugt sich nach vorn und sucht Tamars Blick. »Außerdem interessiert uns im Augenblick nur eines. Uns interessiert, warum der Jiri Adler den Hollerbach umgebracht hat. Umgebracht hat er ihn, auch wenn’s vielleicht doch kein Mord war, sondern nur ein Totschlag oder eine Körperverletzung mit Todesfolge … Es wäre übrigens angebracht, dass Sie ihm diese Unterschiede verklickern. Dabei dürfen Sie durchaus auch anklingen lassen, dass es bei uns liegt, wie wir seine Darstellung werten. Dass wir zum Beispiel eher geneigt sein werden, seiner Version zu glauben, wenn er zuvor auf den Tisch gelegt hat, was er über irgendwelche Waffenlieferungen weiß. Niemand soll uns nachsagen können, wir seien in dieser Frage nachlässig gewesen …«
Er legt beide Hände auf den Tisch, als ob er gleich aufstehen würde. »Ich sage Ihnen das, weil ich heute Nachmittag nicht da sein werde. Sie haben also die Gelegenheit, diese Geschichte sauber aufzuräumen und damit auch den nicht ganz so glücklichen Umstand aus der Welt zu schaffen, dass Adler Ihnen beim ersten Mal davongelaufen ist… Verstehen Sie eigentlich, was ich gerade tue?«
»Sie geben mir Anweisungen für die Einvernahme von Adler.« »Sie haben es nicht verstanden. Ich gebe Ihnen eine Chance. Das ist es, was ich tue. Es ist Ihre zweite in dieser Sache. Eine dritte gibt es nicht. Noch Fragen?«
»Nein«, sagt Tamar und steht auf. »Nur ein Hinweis. Ganz werden Sie um diesen Meunier nicht herumkommen. Sein Wagen stand in der Tatnacht auf einem Waldweg hinter dem Haus des ermordeten Hollerbach. Wir haben es anhand der Reifenspuren herausgefunden.«
»Hätten Sie mich gefragt, hätte ich Ihnen das sagen können, ohne das Labor zu bemühen«, sagt Steinbronner ruhig. »Ich habe Ihnen ja erklärt, dass ich mit den Amerikanern gesprochen habe. Mit Meuniers Führungsoffizier, um genau zu sein. Kein sehr lustiges Gespräch. Eigentlich wollte er mir überhaupt nichts sagen. Schon gar nichts zu der Schießerei im Wald. Den Mund hat er erst aufgebracht, als ich ihn direkt gefragt habe, ob seine Leute etwas mit dem Tod Hollerbachs zu tun hätten. Ja, hat er gesagt, dieser Journalist hätte merkwürdige Fragen gestellt, deshalb habe Meunier ihn überprüft. Er wollte wissen, mit welchen Karten sich Hollerbach ins Spiel mischt. Und deshalb war Meunier in der Tatnacht dort. Er war auch in Hollerbachs Haus. Aber es war leer, und er hat es verlassen, bevor Hollerbach zurückgekehrt ist.«
»Diesen Führungsoffizier«, fragt Tamar sanft, »den haben Sie angerufen?«
Steinbronner blickt hoch. »Sicher doch«, antwortet er und zieht die Augenbrauen hoch. »Auf dem informellen Weg kann man sogar von den Amerikaner etwas erfahren. Man muss nur den Weg kennen.«
»Aber die Aussage dieses Mannes müssen wir unbedingt aufnehmen und im Detail nachprüfen«, wendet Tamar ein.
»Nichts müssen wir«, widerspricht Steinbronner. »Es gibt übergeordnete politische Interessen, die wichtiger sind als unsere Polizeiprotokolle. Im Übrigen haben die Amerikaner diesen Hollerbach abgehakt. Er ist ohne Bedeutung für sie. Ihre Recherchen haben ergeben, dass er ein Windmacher gewesen ist, ein Aufschneider…«
Berndorf legt die Zeitungen zur Seite, die er auf dem Bonner Hauptbahnhof gekauft hat, und lehnt sich in seinem Abteilsitz zurück.
Vor seinen schläfrigen Augen zieht der Rhein an abgeernteten Weinbergen vorbei und füllt das Tal aus und nimmt das Licht des Nachmittags mit sich nach Holland. Warum macht er es nicht wie sein Hund? Felix schläft zu seinen Füßen und hat den Versuch aufgegeben, sich mit der Pfote den Maulkorb vom Kopf zu schaffen, den Berndorf ihm am Morgen gekauft hat oder hat kaufen müssen…
»Einen solchen Hund können Sie ohne Maulkorb aber nicht mit ins Abteil nehmen!«
Überhaupt war seine Abreise mit Hindernissen verbunden gewesen, Villekens hätte ihn am liebsten dabehalten…
»Unser Ulmer Kollege hat uns das übrigens dringend anempfohlen, wie finden Sie denn das?«, hatte er ihm am Vormittag in seinem Büro im Bonner Polizeipräsidium erklärt. »Wenn Sie wo ihre Hand dazwischen hätten, dann könne ich Gift drauf nehmen, dass es vermurkst wird. Hat mir dieser Steinmann oder Steinbronner gesagt. Wie haben Sie es eigentlich bis zum Hauptkommissar
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