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Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Titel: Der Hund des Propheten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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so gut geht, werden die Beträge mit der Zeit etwas stattlicher, es ist ja auch bis heute niemand zum Staatsanwalt gelaufen und hat gesagt, hey, mir fehlen da ein paar Millionen Mark, die gehören mir, sind ehrlich verdientes Bestechungsgeld… Keiner hat das getan, soviel ich weiß, nur Wolffs Schakale heulen, aber zum Staatsanwalt laufen die auch nicht.«
    »Ich glaube nicht, dass es mir gefällt, wie Sie über meinen Vater reden«, sagt Cosima. »Niemand weiß, wie und warum er an Meunier geraten ist. Mit seinen Überzeugungen hatte das nichts zu tun, er hat solche Leute verachtet.«
    Eben ein Charakter, denkt Berndorf, korrupt, aber mit gefestigten Überzeugungen. »Von den 3,8 Millionen mal abgesehen, die Meunier zurückwill – wie viel hat Ihr Vater denn für sich abgezweigt?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortet Cosima Autenrieth. Plötzlich blickt sie ihm voll ins Gesicht. »Würden Sie mir denn helfen, das Geld zu finden?«
     
     
    Marielouise Hartlaub ist nicht mehr auf der Intensivstation anzutreffen, nach langem Irren durch Stationen und über Flure findet Berndorf sie in der Neurologie, in einem Doppelzimmer, in dem er zunächst nur ein junges Mädchen wahrnimmt, das in einem Comic-Band liest.
    Vor dem zweiten Bett, an der Fensterseite, steht ein Mann mit gebeugtem Rücken, er richtet sich auf und betrachtet den eintretenden Berndorf mit einem Blick, der eine kurze, kaum merkliche Weile lang ratlos oder befremdet ist. Dann scheint er ihn zu erkennen, Guntram Hartlaub nickt Berndorf zu, mit gemessener, aber doch auch distanzierter Freundlichkeit.
    »Das freut mich sehr, dass Sie gekommen sind«, sagt er halblaut, während er Berndorf die Hand reicht. »Woher wussten Sie…?«
    Berndorf tauscht erst einen Händedruck auch mit Pascal, der klein und rothaarig neben seinem Vater steht.
    »Ich kam an der Unfallstelle vorbei«, antwortet er, beiläufig und doch mit so viel Nachdruck, dass es zu keinen weiteren Fragen ermutigen soll. Erst jetzt kann er sich der Patientin zuwenden. Marielouise Hartlaub liegt blass, die Gesichtszüge entspannt, in ihrem höher gestellten Kissen, der linke Arm ist geschient, die graublauen Augen betrachten ihn merkwürdig fragend.
    Berndorf murmelt etwas davon, dass er nicht stören wolle. »Sie stören nicht«, sagt Guntram Hartlaub, »ich muss ohnedies weiter, eine dringende Besprechung mit der Kirchenpflege, durch diesen bösen Unfall ist ja unsere ganze Planung durcheinander geraten … Es ist nur – Sie werden kaum mit ihr sprechen können, vermutlich weiß sie gar nicht mehr, wer Sie sind, eine partielle Amnesie, wissen Sie.«
    Berndorf geht zum Kopfende des Bettes und sagt, wer er ist, und dass sie sich in Ulm kennen gelernt haben.
    »Sie waren an der Unfallstelle, sagten Sie eben?«, unterbricht ihn Marielouise Hartlaub. Sie spricht leise und angestrengt, aber ihre Stimme ist klar und entschieden.
    »Ja«, antwortet er und muss sich räuspern, »ich bin dazugekommen.«
    »Marylou, ich sollte jetzt gehen«, meint Guntram Hartlaub, und Pascal fragt mit einer wohlerzogenen höflichen Stimme, ob er bei Mama bleiben darf. Berndorf greift das auf und bietet an, er könne Pascal später in die Stadt mitnehmen. »Wo soll ich ihn dann absetzen?«
    »Das ist sehr liebenswürdig, aber das dürfen wir Ihnen keinesfalls zumuten«, antwortet Hartlaub – höflich, aber entschieden.
    »Bitte«, sagt Pascal. Vater und Sohn sehen sich an. Dann gibt Hartlaub nach. »Nun gut.« Er wendet sich an Berndorf. »Könnten Sie ihn zum Münsterplatz bringen? Ich bin im Gebäude der Kirchenpflege.«
    »In einer Stunde?«
    Hartlaub ist einverstanden und geht allein.
    »Könnten vielleicht Sie mir jetzt bitte erklären, was eigentlich passiert ist?«, fragt Marielouise, als sich die Tür des Krankenzimmers geschlossen hat.
    »Sie sind auf die Straße gelaufen«, antwortet er, »auf die Straße vor dem Haus der Begegnung, ein Autofahrer hat noch eine Vollbremsung versucht …«
    »Vermutlich sollte ich ihm dankbar sein«, antwortet sie, »leider fallen mir solche Gefühle etwas schwer, ich weiß ja nicht, was ich auf der Straße wollte. Woher bin ich gekommen?« »Vom Dekanat. Sie haben sich das Haus angesehen. Sie werden dort einziehen.«
    Keine Antwort. Berndorf, der inzwischen auf dem Besucherstuhl Platz genommen hat, sieht sich um. Pascal hat sich in die Ecke zwischen Fenster und Wand zurückgezogen.
    »Entschuldigung, aber das sollten Sie ihr nicht sagen.« Wieder diese wohlerzogene

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