Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)
ist eine Geschichte, die auch mich betrifft. Einfach deshalb, weil Hollerbach vor seinem Tod ein Gespräch mit mir gesucht hatte. Leider kam es dazu nicht mehr…« Lüg doch nicht so. Du hattest keine Lust. »Außerdem will ich sicherstellen, dass nicht auch mein nächstes Auto in die Luft fliegt.« Er senkt den Blick.
»Apropos: Gehe ich recht in der Annahme, dass Meunier über meinen Besuch bei Ihrer Frau Mutter von Ihnen in Kenntnis gesetzt worden ist?«
»Warum sollte ich so etwas tun?« Eine leichte Röte legt sich auf ihre Wangen.
»Es wäre Ihnen kein Vorwurf daraus zu machen. Sie haben mir gerade sehr bewegend geschildert, unter welchem Druck Sie gestanden haben. Da Sie offenbar von keiner Seite Unterstützung erwarten konnten, werden Sie versucht haben, sich Meunier gegenüber nach Möglichkeit kooperativ zu zeigen … Aber Sie wollten mir von Ihrem einzig verbliebenen Freund erzählen. Offenbar hat auch er Ihnen abgeraten, sich an die Behörden zu wenden?«
»Dieser Freund …« Cosima Autenrieth betrachtet missmutig die Teetasse in ihrer Hand. Dann stellt sie sie ab. »Ein Abgeordneter. Sie werden ihn nicht kennen. Einer, den Sie nicht im Fernsehen erleben. Der aber seit nahezu zwanzig Jahren im Haushaltsausschuss sitzt, wenn Sie wissen, was das bedeutet. Dieser Freund hat mir gar nichts geraten. Er hat mir nur gesagt, was Sache ist.«
»Er wusste also Bescheid?«
»Wie ich herausgefunden habe, wussten sehr viele Bescheid«, antwortet sie. »Nur wir wussten es nicht. Ich hatte damals gerade mein Examen gemacht, die Punktzahl muss ich nicht verstecken. Und ich war in einem politischen Studentenverband aktiv gewesen, keineswegs nur als zweite Schriftführerin. Und so dachte ich…, ach, ist auch egal. Dieser Freund meines Vaters hat mir dann sehr freundlich, sehr bestimmt und völlig schonungslos die Augen geöffnet. Unter denen, die im Netzwerk der Bundespolitik etwas zu entscheiden hätten, wisse jeder über meinen Vater Bescheid, erklärte er mir, eine politische Karriere solle ich mir daher ein für alle Mal aus dem Kopf schlagen. Er meinte sogar, ich sollte mich als Anwältin weder in Bonn noch in Berlin niederlassen, sondern am besten in Stuttgart oder sonst einer süddeutschen Kleinstadt.«
Sie streift Asche ab. »Ich habe diesen letzten Rat nicht befolgt. Es war ein Fehler. Ich bin keine erfolgreiche Anwältin. Falls meine Mutter Ihnen das erzählt haben sollte.«
»Dazu hat Ihre Mutter nichts gesagt«, antwortet Berndorf. »Aber verstehe ich recht – wegen ein paar Provisionen, die Ihr Vater kassiert hat, nimmt man Sie in Sippenhaft?«
Sie wirft ihm einen Blick zu, der müde ist und zweifelnd. »Ich glaube, Sie haben wirklich keine Ahnung. Wie sollten Sie mir da helfen können, Meunier abzuschütteln?«
»Ich stelle mir vor«, antwortet Berndorf, »dass Provisionen zum politischen System gehören. Wer keine Provisionen bezahlen kann oder nicht weiß, wie man das tut, der gehört nicht dazu. Man kann ihm keinen heiklen Auftrag anvertrauen. Irgendwer hat mir das mal erklärt… Wenn Ihr Herr Vater es also mit der politischen Klasse verschissen hat, dann nicht der Provisionen wegen, sondern weil diese nicht dort angekommen sind, wo sie hin sollten. Richtig?« – Cosima Autenrieth überlegt kurz.
»Mein Vater hatte die Sitzungen des Bundessicherheitsrates vorzubereiten«, antwortet sie nach einer Weile. »Dabei ging es auch um die Genehmigung von Rüstungsgeschäften, denen größere politische Bedeutung zukam. Bei solchen Geschäften werden sehr erhebliche Provisionen gezahlt, bis zu einem Drittel des Auftragsvolumens und mehr. Mein Vater hatte die Aufgabe, sicherzustellen, dass angemessene Anteile davon an die Regierungsparteien gegeben wurden…«
»Und irgendwann hat er herausgefunden, dass dabei auch etwas für ihn abfallen sollte«, vollendet Berndorf den Satz. »Ich kann mir das gut vorstellen. Der liebenswürdige Gastgeber, zuweilen witzig, nicht ohne Charme, vielen Leuten bei allerhand Geschäften und Karrieren behilflich, selbst auf ein Beamtengehalt samt Ministerialzulage angewiesen, die Mieteinnahmen nicht zu vergessen, man kann davon leben, man ist einflussreich, aber vom richtigen Geld und von der richtigen Macht ist und bleibt man doch sehr weit entfernt… Ja, und dann kommt eine kleine oder mittlere Lebenskrise, man zweigt einen kleinen Betrag für sich ab, kontrollieren tut das ja niemand, sind ja alles Zahlungen, über die nichts aufgezeichnet wird… Und weil das
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