Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)
im Alb-Donau-Kreis gefunden worden…«
Das ist es dann auch schon, davon abgesehen, dass der DAX schon wieder 50 Punkte verliert. Der Verkehrsfunk meldet einen Stau am Biebelrieder Dreieck, und auf der A 8 befinden sich in Höhe Günzburg Tiere auf der Fahrbahn.
»Das ist doch ein Scheiß«, sagt Paco, »die müssten doch sagen, was das für Tiere sind, ob das eine Kuh ist oder was…«
Barbara dreht sich um und versucht, Berndorfs Gesicht im Dunkel des Wagens zu sehen.
»Dich hat etwas geärgert«, stellt sie fest. »Die Nachrichten?« Auf der Autobahn A 81 in Fahrtrichtung Singen kommt den Autofahrern vor Rottweil ein Falschfahrer entgegen.
»Ja.«
»Und warum?«
»Weil ich versucht habe, die Medienfuzzis auf die gewendete
Stasi zu hetzen.«
»Was hast du?«
Berndorf erzählt. »Am Schluss ist der ganze Pulk von Journalisten mir in den Hof vom Neuen Bau nachgelaufen und hat mich interviewt und meine Geschichte angehört…« Und während er das sagt, kommt er sich noch alberner vor.
»Hat er doch Klasse gemacht?«, fragt Paco. Doch Barbara lacht nur. Das Lachen klingt nicht sehr lustig.
»Ihr seid naiv«, sagt sie dann. »Bodenlos naiv. Hast du nicht gehört, was gerade eben über die uneingeschränkte Solidarität mit den USA gesagt wurde? Und dass sich die Amerikaner die Stasi-Spione unter den Nagel gerissen haben, das wissen wir seit der Geschichte mit den Rosenholtz-Papieren. So etwas ist keine Nachricht. Das haben wir alles ganz schnell vergessen, weil wir es so genau noch nie wissen wollten.«
Berndorf schweigt. Die Rosenholtz-Papiere – die Datei mit den Namen der wichtigsten DDR-Agenten – war nach der Wende an die Amerikaner verkauft worden. Irgendjemand, der rasch noch Kasse machen wollte, hatte das getan. Jemand wie Meunier, aber sehr viel höher in der Hierarchie angesiedelt und vor allem ein bisschen cleverer. Und die Amerikaner hatten die Datei für sich ausgewertet, wozu auch den deutschen Staatsanwälten Arbeit machen!
»Außerdem«, fährt Barbara gnadenlos fort, »was glaubst du, was die Leute sagen werden? Ein pensionierter Polizist, ein vorzeitig pensionierter, wird mit dem Ruhestandfrust nicht fertig und denkt sich Verschwörungen aus …«
»Das ist mir egal«, sagt Berndorf trotzig. Eigentlich will er sagen, dass es jetzt nicht mehr ganz so einfach sei, ihm das nächste Auto wegzubomben oder sonst wohin einen Sprengsatz zu legen. Aber dann meldet sich die unhörbare Stimme, die ihn schon die ganze Zeit nervt, und will wissen, warum das nicht mehr so einfach sein soll? Weil du vor einem Pulk Journalisten den Narren gegeben hast? Wenn Steinbronner oder der Staatssekretär Schlauff bei den Chefredakteuren anruft, erscheint keine Zeile von deinen famosen Interviews… »Aber mir ist es nicht egal«, sagt Barbara. »Ich mag es nicht, dass du dich lächerlich machst. Und ich mag nicht, dass unsere Autos in die Luft gebombt werden. Wenn wir hier etwas erreichen wollen, müssen wir professioneller an diese Geschichte herangehen.«
Berndorf sagt nichts. Im Autoradio läuft inzwischen eine Country-Sendung, Johnny Cash tritt wieder mal im Zuchthaus von San Quentin auf.
»Vor allem müssen die Fakten auf den Tisch. Ich will wissen, was du außer deinem kaputten Auto und einem komisch gravierten Jagdgewehr an Beweisen hast.«
»Das Geld wäre ein Beweis.«
»Welches Geld?«
»Das Schmiergeld. Ich bin sicher, dass es auf einem Zürcher Konto gebunkert ist.«
»Und wer oder was befugt dich, dich an dieses Geld heranzumachen?«
»Die Erbin hat mich befugt.«
»Bitte?«
»Sie hat mich gebeten, ihr zu helfen«, erklärt Berndorf. »Sie hat sogar eine notariell beglaubigte Vollmacht ausgestellt.« »Wozu?«
»Um Einblick in das Konto zu nehmen. Oder in die Konten. Die Vollmacht …«
»Makulatur«, fällt ihm Barbara ins Wort. »Ohne den Erb- oder wenigstens den Totenschein kann sich diese famose Juristin sonst was damit abwischen.«
»Sie hält es für möglich, dass das Konto auf ihren Namen eingerichtet ist.«
»Und warum nimmt sie dann nicht selbst Einblick?«
»Weil sie das Passwort nicht kennt. Weil sie fürchtet, dass der gewendete Müller und seine Knechte sie keinen Augenblick unbeobachtet lassen.«
»Ach!«, sagt Barbara zornig, »aber du darfst ihr die Kastanien aus dem Feuer holen… Du wirst keinen Schritt tun können, ohne Wolffs Schakale im Nacken zu haben.«
»Das ist ja meine Absicht«, antwortet Berndorf bedächtig. »Die Vollmacht ist auf dich
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