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Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Titel: Der Hund des Propheten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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hatte ein geschickte Hand für solche Dinge und hat selbst die Entwürfe dafür skizziert. Damals war mir das eher peinlich, ich brauchte ein solches Ding gar nicht und schon gar keines im Partnerlook mit dem eigenen Vater, ich bitte Sie! Aber als er dann verschwunden ist …« Sie nimmt die ersten Züge und inhaliert.
    »Es waren zwei verschiedene Zeichnungen?«, fragt Berndorf. »Die Etuis sind dann doch nicht ganz gleich…«
    »Auf seinem war auch so eine Spielerei mit den Initialen C und A«, antwortet sie. »Ich glaube, er konnte sich nicht entscheiden, welcher Entwurf besser war. Da hat er beide in Auftrag gegeben. Eitle Leute sind so. Die finden alles gut, was sie machen… Aber Sie haben nach Meunier gefragt. Das erste Mal war er bei uns, als mein Vater etwa ein halbes Jahr verschwunden war. Er war sehr höflich, sprach davon, dass er mit ihm eine geschäftliche Verbindung eingegangen sei und ihn dringend erreichen sollte. Und während er sprach und in einem der Empire-Sessel saß wie ein Dienstbote, der sich in den Salon verirrt hatte, gingen seine Augen von meiner Mutter zu mir und wieder zu meiner Mutter… Ich glaube, dass ich damals erst begriffen habe, dass mein Vater in eine wirklich schlimme Geschichte verstrickt war. Die Besuche setzten sich fort, Meunier saß bald nicht mehr wie der verirrte Dienstbote im Wohnzimmer meiner Mutter, sondern wie eine Art Revisor, der Abgesandte einer höheren ungreifbaren Kontrollinstanz, zu Beginn höflich, danach auch drohend, aber immer die gleichen Fragen. Ob wir, also meine Mutter und ich, Post bekommen hätten. Ob mein Vater angerufen hätte. Ob Geld überwiesen worden sei. Meine Mutter ist dazu übergegangen, Ordner mit sämtlichen Kontoauszügen und Rechnungen und der gesamten Korrespondenz bereitzuhalten, für den Fall, dass wieder einmal der Herr von der Kanalisation käme, wie wir ihn für uns nannten. Manchmal brachte er Kadritzke mit, der saß dann schweigend daneben… Und natürlich haben wir gewusst, dass meinem Vater etwas zugestoßen sein muss. Aber wenn wir ihn damals hätten für tot erklären lassen, hätten wir ja das Bonner Haus und die Stuttgarter Mietshäuser geerbt und hätten darüber verfügen können. Und wer hätte uns dann davor geschützt, dass der Herr von der Kanalisation kommt und seinen Anteil will?« »Entschuldigen Sie«, sagt Berndorf, »Sie sind Anwältin, Sie machen auf mich den Eindruck einer toughen jungen Frau – warum haben Sie das nicht abgestellt? Sie hätten zur Polizei gehen können, Sie hätten sich an das Bundeskanzleramt wenden können…«
    Cosima Autenrieth lacht silberhell. »Sie haben doch den Herrn Villekens kennen gelernt – würden Sie zu dem gehen, wenn Sie um das nackte Leben fürchten müssen? Und was hätten wir dem Bundeskanzleramt sagen sollen, wenn wir dort überhaupt angehört worden wären? Hätten wir erzählen sollen, da gebe es Leute, die wollten von meinem Vater eine Provision zurückerstattet haben, eine Provision von 3,8 Millionen? Sehr lustig wäre das geworden, glauben Sie nicht?« Berndorf sagt nichts.
    »Natürlich war das alles überhaupt nicht lustig«, fährt Cosima Autenrieth fort. »Meine Vater hatte einen großen Freundeskreis, Leute aus Politik, Verwaltung und Industrie, Leute, denen er in irgendwelcher Weise hatte behilflich sein können, die öfter bei uns zu Gast waren, mein Vater war ein großzügiger Gastgeber und ein charmanter Unterhalter … Ja, und dann war er weg, vom Erdboden verschwunden, wissen Sie, dass so etwas ansteckend ist? Plötzlich waren alle unsere Freunde weg, irgendwie müssen auch sie sich in Luft aufgelöst haben, vor allem für die engsten Freunde galt das, für die Alten Herren seiner Verbindung, und noch mehr für die, denen er behilflich gewesen war. Eine allgemeine Arbeitsüberlastung brach aus, so dass leider niemals auch nur ein einziger unserer Freunde erreichbar gewesen wäre … Ich übertreibe jetzt, ja doch. Einer von den Freunden unserer Familie hat mir dann reinen Wein eingeschenkt.«
    Sie bricht ab. Berndorf wartet.
    »Ich denke aber nicht daran, das alles vor Ihnen auszubreiten«, sagt sie schließlich. »Nicht, solange ich Ihnen nicht vertrauen kann. Und das kann ich nicht, solange ich nicht weiß, welche Interessen Sie eigentlich verfolgen.«
    Kannst du nichts Leichteres fragen, denkt Berndorf. »Ich will, dass Meunier und Kadritzke hinter Gitter kommen«, antwortet er, »sie haben diesen Journalisten Hollerbach umgebracht, und das

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