Der Hund des Todes
hervor.
»Das ist der zweite davon«, kicherte Trent. »Den ersten legte ich in deine Schublade, nachdem ich den alten West damit erschossen hatte. Was siehst du über mich hinweg zur Tür? Diese Tür? Das hat keinen Zweck. Selbst wenn Claire sie öffnete, vielleicht würde sie sie für dich öffnen, würde ich dich niederschießen, ehe du hindurchgehen könntest. Nicht ins Herz, nicht, um dich zu töten. Ich würde dich nur ins Bein schießen, damit du nicht fortkönntest. Ich bin ein sehr guter Schütze, das weißt du ja.
Ich habe dir einmal das Leben gerettet, ich Vollidiot. Nein, nein, ich möchte, dass du aufgehängt wirst. Für dich brauche ich das Messer nicht, sondern für Claire – die hübsche Claire, die so weiß und sanft ist. Der alte West ahnte das. Deswegen war er heute Abend hier. Er wollte sehen, ob ich wahnsinnig bin oder nicht. Er wollte mich hinter Schloss und Riegel bringen, damit ich Claire nichts mit dem Messer antun konnte. Ich war sehr klug. Ich nahm seinen Hausschlüssel und deinen auch. Ich verließ den Ballsaal, kaum dass ich angekommen war. Ich sah dich aus seinem Haus kommen und schlüpfte hinein. Ich erschoss ihn und lief sofort wieder weg. Dann ging ich in deine Wohnung und legte den Revolver in die Schublade. Ich war wieder in den Grafton Galleries, fast zur gleichen Zeit wie du. Und ich steckte den Hausschlüssel wieder in deine Manteltasche, als du mir ›auf Wiedersehen‹ sagtest. Es macht mir nichts aus, dir alles zu erzählen. Es hört niemand, nur du. Denn bevor du aufgehängt wirst, möchte ich, dass du weißt, wer den Mord beging… Es gibt für dich keinen Ausweg. Deswegen musste ich so lachen… Mein Gott, das ist aber wirklich zum Lachen! Worüber denkst du nach? Wohin zum Teufel starrst du dauernd?«
»Ich denke daran, was du vorhin gesagt hast. Die Warnung galt doch für dich. Du hättest besser daran getan, Trent, nicht nachhause zu gehen.«
»Wie meinst du das?«
»Sieh dich einmal um!«
Trent fuhr herum. In der Tür des Verbindungszimmers standen Claire – und Inspektor Verall.
Trent war schnell. Sein Schuss ging los – und fand sein Ziel. Trent fiel vornüber auf den Tisch. Der Inspektor sprang an seine Seite, während Dermot wie im Traum Claire anstarrte.
Durch seinen Kopf schossen lauter unzusammenhängende Gedanken… sein Onkel… ihr Streit… das entsetzliche Missverständnis… die Scheidungsgesetze in England, die Claire niemals von einem geisteskranken Ehemann freigesprochen hätten… »Wir müssen sie alle bedauern«… Das Komplott zwischen ihr und Sir Alington, das Trent mit Klugheit durchschaut hatte… und jetzt…
Der Inspektor richtete sich auf.
»Tot«, knurrte er ärgerlich.
»Ja«, hörte sich Dermot sagen, »er war immer ein guter Schütze.«
Der vierte Mann
D er Domherr Parfitt schnaufte ein wenig. Für einen Mann in seinem Alter wurde es langsam beschwerlich, Zügen nachrennen zu müssen. Einmal war seine Figur nicht mehr die alte, und mit dem Verlust seiner Schlankheit hatte sich gleichzeitig eine rasch eintretende Atemnot bemerkbar gemacht. Diese entschuldigte der Domherr, wie auch jetzt, stets würdevoll mit den Worten: »Mein Herz, verstehen Sie?«
Er sank mit einem Schnaufer der Erleichterung in die Ecke des Abteils erster Klasse. Die Wärme des geheizten Zuges empfand er als äußerst angenehm. Draußen fiel Schnee. Er hatte Glück gehabt, für die lange Nachtreise noch einen Eckplatz zu erwischen. Diese Reise war sowieso lästig.
Die anderen drei Eckplätze waren schon besetzt. Während er dies feststellte, bemerkte der Domherr Parfitt, dass ihn der Mann in der entfernten Ecke ihm gegenüber freundlich und erkennend anlächelte. Dieser Mann war glatt rasiert, sein Gesichtsausdruck war leicht spöttisch, und die Haare an den Schläfen begannen grau zu werden. Auf den ersten Blick stand fest, dass sein Beruf mit dem Gesetz in Zusammenhang stehen musste. Niemand hätte ihn auch nur einen Moment lang einer anderen Berufsgruppe zugeteilt. Tatsächlich war Sir George Durand ein berühmter Rechtsanwalt.
»Guten Abend«, bemerkte er freundlich, »Sie mussten wohl ordentlich rennen, was?«
»Ist für mein Herz gar nicht gut, fürchte ich«, sagte der Domherr. »Welcher Zufall, Sie hier zu treffen, Sir George. Fahren Sie weit nach Norden?«
»Nach Newcastle«, sagte Sir George lakonisch. Dann fügte er hinzu: »Kennen Sie übrigens Dr. Campbell Clark?«
Der Mann, der auf derselben Seite des Abteils saß wie der Domherr,
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