Der Hund des Todes
verbeugte sich höflich.
»Wir trafen uns auf dem Bahnsteig«, fuhr der Rechtsanwalt fort. »Ein zweiter Zufall.«
Parfitt musterte Dr. Campbell Clark mit deutlichem Interesse. Den Namen hatte er schon oft gehört. Dr. Clark war einer der ersten Nervenärzte und Spezialist für Geisteskrankheiten. Sein letztes Buch »Das Problem des Unbewussten« gehörte zu den meistdiskutierten Büchern des Jahres.
Parfitt sah ein viereckiges Kinn, eindringliche blaue Augen und rötliches Haar, in dem noch kein grauer Schimmer zu bemerken war, das jedoch dünn zu werden schien. Er empfing auch den Eindruck einer starken Persönlichkeit.
Als vollkommen natürliche Überlegung musterte der Domherr nun den Mann, der ihm gegenübersaß. Parfitt erwartete bereits, auch dort einem erkennenden Blick zu begegnen, doch der vierte Mitreisende erwies sich als ein völlig Fremder – ein Ausländer, wie der Domherr annahm. Er war dunkler im Typ, als Erscheinung unbedeutend. In einen dicken Mantel gemummt, schien er fast eingeschlafen zu sein.
»Der Domherr Parfitt aus Bradchester?«, fragte Dr. Campbell Clark mit angenehmer Stimme.
Der Domherr sah geschmeichelt aus. Seine wissenschaftlichen Predigten waren zu einem Schlager geworden – besonders seitdem auch die Zeitungen sie druckten. Ja, das war es, was die Kirche brauchte – moderne, interessante Aussagen.
»Ich habe Ihr Buch mit großem Interesse gelesen, Dr. Campbell Clark«, sagte er. »Obwohl es wegen der fachlichen Diktion hier und da für mich ein wenig schwer verständlich war.«
Durand unterbrach sie: »Möchten Sie sich lieber unterhalten oder schlafen, Hochwürden? Ich muss zugeben, dass ich seit einiger Zeit an Schlaflosigkeit leide und dass mir persönlich das erstere lieber wäre.«
»Ganz meine Meinung, auf jeden Fall«, sagte Parfitt. »Ich schlafe selten auf Nachtreisen, und das Buch, das ich mitgenommen habe, ist ziemlich langweilig.«
»Wir bilden jedenfalls eine vorbildliche Versammlung, in der alle Kräfte vertreten sind, die Kirche, das Gesetz und die Medizin«, bemerkte der Arzt lächelnd.
»Wir könnten also eine allumfassende Meinung über irgendein Problem bilden«, lachte Durand, »die Kirche vom geistlichen Blickwinkel her, ich für die rein weltlichen und rechtlichen Standpunkte und Sie, Doktor, für das weite Feld vom pathologischen bis zum superpsychologischen Standpunkt. Ich denke, wir drei könnten jedwedes Problem erschöpfend behandeln.«
»Nicht so vollständig, wie Sie glauben«, widersprach Dr. Clark. »Es fehlte nämlich ein Standpunkt, den Sie ausgelassen haben und der ziemlich wichtig ist.«
»Nämlich?«
»Der Standpunkt des so genannten Mannes auf der Straße.«
»Ist der so wichtig? Hat nicht der ›Mann auf der Straße‹ gewöhnlich Unrecht?«
»Fast immer. Aber er hat etwas, das bei der Meinung der Experten fehlt – den persönlichen Standpunkt. Denn schließlich geht nichts ohne persönliche Verbindungen, wissen Sie: Zu dieser Meinung bin ich durch meinen Beruf gekommen. Auf jeden Patienten, der zu mir kommt und wirklich krank ist, kommen wenigstens fünf, denen nichts anderes fehlt als die Fähigkeit, mit anderen harmonisch zusammenzuleben. Das äußert sich dann auf alle möglichen Arten, aber im Grunde ist es immer dasselbe: Eine raue Oberfläche erzeugt seelische Reibungen mit der Umwelt.«
»Ich stelle mir vor, eine Menge Ihrer Patienten hat es mit den Nerven«, bemerkte der Domherr verächtlich. Seine eigenen Nerven waren ausgezeichnet.
»Ach, was meinen Sie damit?« Der andere wandte sich ihm zu, schnell wie der Blitz. »Nerven! Die Leute gebrauchen dieses Wort und lachen darüber, wie Sie es jetzt tun. ›Ach, es ist nichts‹, sagen sie dann, ›es sind nur meine Nerven.‹ Aber mit diesem Wort haben sie dieses ungelöste und schwierigste Problem berührt. Sie können so ziemlich jedes x-beliebige, körperliche Leiden haben und davon geheilt werden. Aber wir wissen noch heutzutage nur wenig mehr von den hundert und aber hundert Formen von Geisteskrankheiten als – nun sagen wir – zurzeit von Königin Elizabeth I.«
»Ach, du liebe Güte«, sagte Domherr Parfitt, ein wenig beschämt über sein eigenes Lachen. »Ist das wirklich so?«
»Erinnern Sie sich doch, es ist eine Gnade Gottes«, fuhr Dr. Campbell Clark fort. »In früheren Zeiten betrachtete man den Menschen einfach als Tier: Körper und Seele – mit Schwerpunkt auf ersterem.«
»Körper, Seele und Geist«, berichtigte der Geistliche
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