Der Hund des Todes
schwebte Claire vorbei. Wie eine Lilie sah sie in ihrem weiß-silbernen Kleid aus, das wie eine zweite Haut ihre Schlankheit umspannte. Sie lächelte ihm zu, ihr Gesicht war ruhig und heiter… Bestimmt war alles nur ein Traum.
Der Tanz war zu Ende. Jetzt stand sie nahe bei ihm und lächelte ihn an. Wie im Traum bat er um den nächsten Tanz. Jetzt war sie in seinen Armen. Die heisere Musik hatte wieder begonnen. Er spürte, wie sie ein wenig matter wurde.
»Müde? Möchtest du dich ausruhen?«
»Wenn es dir nichts ausmacht. Wir können etwas abseits gehen, wo wir miteinander sprechen können. Ich muss dir etwas sagen.«
Kein Traum! Mit einem Schlag kam er auf die Erde zurück. Hatte er jemals ihr Gesicht ruhig und heiter gesehen? Es trug den Ausdruck von Gehetztsein, Angst, Entsetzen. Wie viel mochte sie wissen? Sie fanden eine ruhige Ecke und setzten sich nebeneinander.
»Nun«, sagte er, indem er eine innere Leichtigkeit vortäuschte, die nicht echt war, »du wolltest mir etwas sagen.«
»Ja.« Sie hielt die Augen niedergeschlagen, spielte nervös an den Spitzen ihres Kleides. »Es ist schwierig – es ist so schwierig zu sagen.«
»Sag es mir, Claire.«
»Sieh, es ist – ich möchte, dass du, dass du – eine Zeit lang von hier fortgehst.«
Er war überrascht. Alles hatte er erwartet, nur das nicht.
»Du möchtest, dass ich fortgehe. Warum?«
»Am besten wäre es wohl, seien wir doch ehrlich, ja? Ich – ich weiß, du bist ein Gentleman und mein Freund. Ich möchte, dass du fortgehst, weil du mir sehr lieb geworden bist.«
»Claire!« Ihre Worte hatten ihn stumm gemacht, ihm die Zunge gebunden.
»Bitte, nimm nicht an, dass ich so eingebildet bin zu glauben, dass du – dass du dich jemals in mich verlieben könntest. Es ist nur – ich bin nicht glücklich und – ach, ich möchte, du führest fort.«
»Claire, weißt du nicht, dass ich mir Sorgen gemacht habe, schreckliche Sorgen – seitdem ich dich kenne?«
Sie sah mit erstaunten Augen zu ihm auf.
»Du hast dir Sorgen gemacht? Schon so lange?«
»Von Anfang an.«
»Oh!«, entfuhr es ihr. »Warum hast du mir das nie gesagt? Warum sagst du es erst jetzt, wo es zu spät ist? Nein, ich bin verrückt – ich weiß nicht, was ich sage. Ich hätte niemals zu dir kommen können.«
»Claire, was meinst du mit ›jetzt erst, wo es zu spät ist‹? Ist es – ist es wegen meines Onkels? Was er weiß, was er denkt?«
Sie nickte stumm, Tränen rollten über ihr Gesicht.
»Hör zu, Claire, du darfst das nicht glauben. Du darfst das nicht denken. Du sollst mit mir kommen. Wir werden auf eine Südseeinsel fahren, die wie eine grüne Perle ist. Dort sollst du glücklich sein, und ich werde für dich sorgen - dich für immer vor allem beschützen.«
Er umschlang sie mit den Armen. Er zog sie an sich und fühlte, wie sie bei seiner Berührung zitterte. Dann plötzlich entwand sie sich ihm.
»O nein, bitte, tu das nicht. Kannst du denn nicht sehen? Jetzt kann ich das nicht mehr. Es wäre hässlich – gemein, so gemein. Immer wollte ich gut sein, aber jetzt – es wäre sehr hässlich.«
Er zögerte, durch ihre Worte gehemmt. Sie sah ihn flehentlich an.
»Bitte«, flüsterte sie. »Ich möchte gut sein…«
Ohne ein Wort stand Dermot auf und verließ sie. Eine Weile war er gerührt und betroffen von ihren Worten. Er hätte nicht widersprechen können. Er ging zur Garderobe, um Mantel und Hut zu holen, dabei lief er Trent in die Arme. »Hallo, Dermot, gehst du schon?«
»Ja, ich bin heute nicht in Stimmung, zu tanzen.«
»Es ist ein verfehlter Abend«, sagte Trent düster. »Aber du hast glücklicherweise nicht meine Sorgen.«
Dermot verspürte eine plötzliche Angst, Trent könnte den Wunsch haben, sich ihm anzuvertrauen. Nicht das - bloß das nicht!
»Also, bis bald«, sagte Dermot hastig. »Ich gehe nachhause.«
»Denkst du nicht mehr an die Warnung der Geister?«
»Das Risiko nehme ich auf mich. Gute Nacht, Jack.«
Dermots Wohnung war nicht weit entfernt. Er ging zu Fuß, da er die kühle Nachtluft einatmen und seinen fiebrigen Kopf beruhigen wollte.
Er schloss mit seinem Schlüssel auf und knipste das Licht im Schlafzimmer an.
Und plötzlich, zum zweiten Male an diesem Abend, überkam ihn das Gefühl, das er als »rotes Signal« bezeichnete. Es war so überwältigend, dass es einen Moment lang sogar Claire aus seinen Gedanken verdrängte.
Gefahr! Er selbst war in Gefahr. In seinem eigenen Zimmer war er in Gefahr!
Er versuchte
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